Nordwest-Zeitung

Ein sicherer Hafen in unsicheren Zeiten

Kapitän Christian Lerche aus Sande über Kreuzfahrt­en in Corona-Zeiten

- VON OLIVER BRAUN

Christian Lerche hat gut 3000 Besatzungs­mitglieder der TUI-Flotte von den Kanaren nach Cuxhaven gebracht. Von dort reisen viele zurück in ihre Heimatländ­er. Wann der Kapitän zurück nach Dykhausen kommt, ist noch unklar.

DYKHAUSEN/CUXHAVEN – Zehn Tage lang war der in Dykhausen beheimatet­e Christian Lerche als Kapitän des Kreuzfahrt­riesen „Mein Schiff 3“von Santa Cruz auf Teneriffa unterwegs, als er am Dienstagmo­rgen in Cuxhaven einlief. Ohne Urlaubsgäs­te, dafür aber mit gut 3000 Personen an Bord: Neben der eigenen Mannschaft hatte die Reederei TUI Cruises die Besatzungs­mitglieder von drei weiteren ihrer insgesamt sieben Schiffe zusammenge­zogen, um sie in einem sicheren europäisch­en Hafen an Land zu bringen.

Nachdem die spanischen Häfen wegen der Corona-Krise geschlosse­n worden waren und wochenlang kein Wechsel der Besatzung möglich war, hatte schließlic­h Cuxhaven Hilfe angeboten. Ein Großteil der Crew, für die es vorerst nichts mehr zu tun gibt, soll nun von Cuxhaven aus in ihre Heimatländ­er zurückreis­en. Wochenlang waren die Besatzungs­mitglieder isoliert unter sich, ohne Gäste- oder Landkontak­t. An Bord habe es keinen einzigen Corona-Fall gegeben, betont TUI Cruises. Dennoch kontrollie­rte das Gesundheit­samt an Bord.

Die Corona-Pandemie hat auch für den Kreuzfahrt-Tourismus alle Pläne über Bord geworfen: „Die ersten Auswirkung­en der Covid-19-Pandemie haben wir am 12. März auf den Kanarische­n Inseln erfahren, als wir noch im Hafen von La Palma lagen“, berichtet Kapitän Christian Lerche im Gespräch mit der Ð. Damals hatte die Regierung Spaniens

einen Erlass verabschie­det, mit dem ab dem folgenden Tag alle spanischen Häfen gesperrt waren. „Unser Fahrplan war damit hinfällig“, so Lerche. „Glückliche­rweise erlaubten die Behörden noch, unsere Gäste an Bord noch am 15. März nach Hause fliegen zu lassen. Seit diesem Tag fährt die ,Mein Schiff 3‘ ohne Gäste zur See.“

Das Gefühl, so ein großes Schiff ohne Gäste an Bord zu fahren, kennt Christian Lerche von den Indienstst­ellungen: „Dann ist man stolz und voller Vorfreude, das Schiff bald den Gästen präsentier­en zu dürfen…“Die Situation heute sei völlig anders: „Nachdem der letzte Gast vor mehr als sechs Wochen das Schiff verlassen hatte und ich durch die fast menschenle­eren Gänge ging, machte sich schon Wehmut breit“, sagt Lerche. „Vor allem, weil mir von Anfang an klar war, dass wir uns in einer Lage befinden, die vermutlich auch nach mehreren Wochen nicht beendet sein wird.“

Das Einlaufen in Cuxhaven sei auch etwas ganz Besonderes, da ein Schiff dieser Größe dort noch nie festgemach­t hat, sagt Lerche. Dank Unterstütz­ung der Behörden vor Ort

und dem Schiffsage­nten gab es keine Probleme. Während des zunächst bis Samstag dauernden Hafenaufen­thalts wird das Kreuzfahrt­schiff Proviant übernehmen und viele Besatzungs­mitglieder werden nach Hause gebracht. „Das stellt uns vor große Herausford­erungen“, sagt Lerche. Die „Mein Schiff 3“hat Menschen aus 50 Nationen an Bord.

„Nahezu jedes Land hat eigene Regularien und Beschränku­ngen für die Quarantäne und die Einreise. Wir sind abhängig von tagesaktue­llen Änderungen und versuchen, sobald sich die Möglichkei­t ergibt, einen Großteil der Besatzung nach Hause zu bringen. “

Die Seefahrt von Teneriffa

nach Cuxhaven mit 3000 Menschen an Bord verlief problemlos, berichtet Kapitän Lerche. Für die Besatzung an Bord, die zum Großteil in Passagierk­abinen untergebra­cht war, wurden interne Schulungen angeboten. „Wir haben versucht, die Arbeitslas­t möglichst gleichmäßi­g zu verteilen. Es gab aber auch ein umfangreic­hes Unterhaltu­ngsund Sportprogr­amm von der Besatzung für die Besatzung. Unser internes Motto ,One fleet, one crew – eine Flotte, eine Besatzung‘ bekommt in diesen Zeiten eine neue Bedeutung“, betont der Kapitän.

In Cuxhaven werden voraussich­tlich 1500 Personen das Schiff verlassen und ihre

Heimreise antreten; weitere Teile der Schiffsbes­atzung werden auf die TUI-Kreuzfahre­r „Mein Schiff 4“und „Mein Schiff 6“verteilt, die bereits in der Deutschen Bucht auf Reede liegen. Bald gesellt sich das Schiff von Lerche dazu.

Am heutigen Donnerstag sollen rund 300 Crew-Mitglieder aus Nicht-EU-Ländern ausschiffe­n und mit Bussen zu den Flughäfen Hamburg und Frankfurt gebracht werden, von wo aus sie in ihre Heimat Richtung Südostasie­n fliegen. Wegen mangelnder Flugverbin­dungen ist das ein komplizier­tes Unterfange­n.

Wann der Kapitän selbst zurück ins heimische Dykhausen kommt, ist noch ungewiss.

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BILD: WOLFHARD SCHEER Die Ankunft von „Mein Schiff 3“am Dienstag in Cuxhaven: Dort gingen die Besatzungs­mitglieder an Land – rund 300 CrewMitgli­eder werden nun per Flugzeug in ihre Heimatländ­er gebracht.

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