Ein sicherer Hafen in unsicheren Zeiten
Kapitän Christian Lerche aus Sande über Kreuzfahrten in Corona-Zeiten
Christian Lerche hat gut 3000 Besatzungsmitglieder der TUI-Flotte von den Kanaren nach Cuxhaven gebracht. Von dort reisen viele zurück in ihre Heimatländer. Wann der Kapitän zurück nach Dykhausen kommt, ist noch unklar.
DYKHAUSEN/CUXHAVEN – Zehn Tage lang war der in Dykhausen beheimatete Christian Lerche als Kapitän des Kreuzfahrtriesen „Mein Schiff 3“von Santa Cruz auf Teneriffa unterwegs, als er am Dienstagmorgen in Cuxhaven einlief. Ohne Urlaubsgäste, dafür aber mit gut 3000 Personen an Bord: Neben der eigenen Mannschaft hatte die Reederei TUI Cruises die Besatzungsmitglieder von drei weiteren ihrer insgesamt sieben Schiffe zusammengezogen, um sie in einem sicheren europäischen Hafen an Land zu bringen.
Nachdem die spanischen Häfen wegen der Corona-Krise geschlossen worden waren und wochenlang kein Wechsel der Besatzung möglich war, hatte schließlich Cuxhaven Hilfe angeboten. Ein Großteil der Crew, für die es vorerst nichts mehr zu tun gibt, soll nun von Cuxhaven aus in ihre Heimatländer zurückreisen. Wochenlang waren die Besatzungsmitglieder isoliert unter sich, ohne Gäste- oder Landkontakt. An Bord habe es keinen einzigen Corona-Fall gegeben, betont TUI Cruises. Dennoch kontrollierte das Gesundheitsamt an Bord.
Die Corona-Pandemie hat auch für den Kreuzfahrt-Tourismus alle Pläne über Bord geworfen: „Die ersten Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben wir am 12. März auf den Kanarischen Inseln erfahren, als wir noch im Hafen von La Palma lagen“, berichtet Kapitän Christian Lerche im Gespräch mit der Ð. Damals hatte die Regierung Spaniens
einen Erlass verabschiedet, mit dem ab dem folgenden Tag alle spanischen Häfen gesperrt waren. „Unser Fahrplan war damit hinfällig“, so Lerche. „Glücklicherweise erlaubten die Behörden noch, unsere Gäste an Bord noch am 15. März nach Hause fliegen zu lassen. Seit diesem Tag fährt die ,Mein Schiff 3‘ ohne Gäste zur See.“
Das Gefühl, so ein großes Schiff ohne Gäste an Bord zu fahren, kennt Christian Lerche von den Indienststellungen: „Dann ist man stolz und voller Vorfreude, das Schiff bald den Gästen präsentieren zu dürfen…“Die Situation heute sei völlig anders: „Nachdem der letzte Gast vor mehr als sechs Wochen das Schiff verlassen hatte und ich durch die fast menschenleeren Gänge ging, machte sich schon Wehmut breit“, sagt Lerche. „Vor allem, weil mir von Anfang an klar war, dass wir uns in einer Lage befinden, die vermutlich auch nach mehreren Wochen nicht beendet sein wird.“
Das Einlaufen in Cuxhaven sei auch etwas ganz Besonderes, da ein Schiff dieser Größe dort noch nie festgemacht hat, sagt Lerche. Dank Unterstützung der Behörden vor Ort
und dem Schiffsagenten gab es keine Probleme. Während des zunächst bis Samstag dauernden Hafenaufenthalts wird das Kreuzfahrtschiff Proviant übernehmen und viele Besatzungsmitglieder werden nach Hause gebracht. „Das stellt uns vor große Herausforderungen“, sagt Lerche. Die „Mein Schiff 3“hat Menschen aus 50 Nationen an Bord.
„Nahezu jedes Land hat eigene Regularien und Beschränkungen für die Quarantäne und die Einreise. Wir sind abhängig von tagesaktuellen Änderungen und versuchen, sobald sich die Möglichkeit ergibt, einen Großteil der Besatzung nach Hause zu bringen. “
Die Seefahrt von Teneriffa
nach Cuxhaven mit 3000 Menschen an Bord verlief problemlos, berichtet Kapitän Lerche. Für die Besatzung an Bord, die zum Großteil in Passagierkabinen untergebracht war, wurden interne Schulungen angeboten. „Wir haben versucht, die Arbeitslast möglichst gleichmäßig zu verteilen. Es gab aber auch ein umfangreiches Unterhaltungsund Sportprogramm von der Besatzung für die Besatzung. Unser internes Motto ,One fleet, one crew – eine Flotte, eine Besatzung‘ bekommt in diesen Zeiten eine neue Bedeutung“, betont der Kapitän.
In Cuxhaven werden voraussichtlich 1500 Personen das Schiff verlassen und ihre
Heimreise antreten; weitere Teile der Schiffsbesatzung werden auf die TUI-Kreuzfahrer „Mein Schiff 4“und „Mein Schiff 6“verteilt, die bereits in der Deutschen Bucht auf Reede liegen. Bald gesellt sich das Schiff von Lerche dazu.
Am heutigen Donnerstag sollen rund 300 Crew-Mitglieder aus Nicht-EU-Ländern ausschiffen und mit Bussen zu den Flughäfen Hamburg und Frankfurt gebracht werden, von wo aus sie in ihre Heimat Richtung Südostasien fliegen. Wegen mangelnder Flugverbindungen ist das ein kompliziertes Unterfangen.
Wann der Kapitän selbst zurück ins heimische Dykhausen kommt, ist noch ungewiss.