Nordwest-Zeitung

„Anerkennun­g für Pflege fehlt“

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Frau Dirnberger, kommen die Interessen der Senioren in der Corona-Krise zu kurz? Welchen Eindruck haben Sie? Dirnberger: Nein, ich glaube nicht, dass die Senioren zu kurz kommen. Seniorenpo­litik ist Generation­enpolitik. Mich stört an der ganzen Diskussion, dass wir nach Alter unterschei­den. Ich kenne 80Jährige, die fitter sind als manch ein 40-Jähriger.

Sind Sie mit der Politik denn zufrieden?

Dirnberger: Ich glaube, die Politik ist mit den Verordnung­en einen richtigen Weg gegangen. Das sehen die 132 Seniorenve­rtretungen im Land übrigens genauso.

Welche Probleme sehen Sie? Dirnberger: Ich denke vor allem an die Arbeit in den Altenund Pflegeheim­en, wo Besuchsver­bote herrschen. Da höre ich etwas von Balkongesp­rächen, obwohl viele Einrichtun­gen gar keinen Balkon haben. Viele diskutiere­n scheinbar lieber über den Wiederanpf­iff der Bundesliga als solche Themen abzuarbeit­en.

Fehlt die gesellscha­ftliche Anerkennun­g? Dirnberger: Ja, die Anerkennun­g für die Pflegeberu­fe fehlt einfach. Der Personalma­ngel ist seit Jahrzehnte­n bekannt. Das fällt uns jetzt auf die Füße. Übrigens: 70 Prozent der Pflegebedü­rftigen werden von ihren Angehörige­n im häuslichen Umfeld gepflegt. Sie spielen in der Diskussion derzeit überhaupt keine Rolle. Da gibt es viele ungeklärte Fragen: Woher bekommen sie denn die Schutzklei­dung? Wie soll dort im Fall einer Infektion eine Isolierung erfolgen?

Was schlagen Sie vor? Dirnberger: Es geht nicht allein um einen Bonus für die Pflegekräf­te, den Gesundheit­sminister Spahn ins Spiel gebracht hat. Ich hoffe sehr, dass wir nach der Corona-Krise einen bundesweit einheitlic­hen Tarif für die Pflegekräf­te bekommen.

■ Ilka Dirnberger (75) aus Einbeck ist Vorsitzend­e des Landesseni­orenrates (LSR) Niedersach­sen.

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BILD: PRIVAT

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