Kölner Fälle mehren Zweifel an Ligaplänen
Drei positive Tests beim Bundesligisten zeigen Anfälligkeit des Hygienekonzepts der DFL
Kölns Profi Verstraete äußerte öffentlich Bedenken – und musste am Sonntag zurückrudern. Während in Bremen alle Tests negativ ausfielen, erhofft sich ein Sportmediziner eine Studie.
FRANKFURT/BREMEN – Nach dem Fall 1. FC Köln mit drei positiv auf das Coronavirus getesteten Personen sind neue Zweifel am GeisterspielePlan der Bundesliga aufgekommen. Debatten gibt es vor allem über die QuarantäneRegel für Fußballprofis. Zudem hat mit Kölns Mittelfeldspieler Birger Verstraete erstmals ein Spieler öffentlich Bedenken und Ängste geäußert. Eine schnelle Wiederaufnahme der Saison hält der 26-jährige Belgier für „naiv“.
Tim Meyer, Leiter der Task Force der Deutschen Fußball Liga, räumte am Wochenende eine Rest-Anfälligkeit des Hygiene-Konzepts der DFL ein. „Wenn es zu viele positive Fälle gibt, kann dieses System sicherlich ins Wanken geraten. Das ist gar keine Frage“, sagte der Nationalmannschaftsarzt. Deswegen sei „extreme Disziplin“aller Beteiligten wichtig.
Positive Fälle erwartet
Da fast 2000 Personen in der Bundesliga getestet worden seien, habe man „einige positive Fälle erwartet“, sagte Meyer: „Ich möchte nicht ausschließen, dass es weitere gibt.“Es sei möglich, dass zunächst negativ getestete Spieler „nachträglich positiv werden. Das ist einer der Gründe, warum wir wiederholt testen.“Beim geplanten Einstieg ins Mannschaftstraining dürfen nur zweimal negativ getestete Spieler teilnehmen.
Werder Bremen vermeldete indes am Samstag, dass die erste am Donnerstag durchgean führte Testreihe bei „Spielern und Staff“ausschließlich negative Befunde ergeben hätte. Der zweite Test für Profis und das direkte Team-Umfeld hat am Sonntag stattgefunden, die Ergebnisse werden Anfang der Woche kommuniziert.
Beim 1. FC Köln waren zwei Spieler und ein Betreuer positiv getestet worden. Das Trio war in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt worden. Der Rest des Teams setzt das Training wie bisher in Kleingruppen fort. Dies ist auch im medizinischen Konzept der DFL für den Neustart der Bundesliga so vorgesehen.
Die Bundesligisten hatten in der Hoffnung, an diesem Mittwoch nach der Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten die Genehmigung für den Liga-Start im Mai zu bekommen, am Donnerstag mit Corona-Tests aller Beteiligten begonnen. „Wir sehen jetzt im Alltag, dass unser Konzept frühzeitig Risiken erkennt und reduziert“, betonte Meyer.
„Ein bisschen bizarr“
„Ich fand es, ehrlich gesagt, ein bisschen bizarr“, sagte der belgische Spieler Verstraete dem TV-Sender VTM auf die Frage, warum er nicht in Quarantäne sei. „Der Physiotherapeut ist der Mann, der mich und andere Spieler wochenlang behandelt hat. Und mit einem der beiden fraglichen
Spieler habe ich am Donnerstag im Fitnessstudio ein Duo gebildet“, sagte Verstraete. Es sei „nicht ganz richtig“, dass kein anderer aus dem Team der Kölner mit den Betroffenen in Kontakt gekommen sei. Verstraetes Freundin zählt wegen einer Herz-Vorerkrankung zur Risikogruppe. „Ich will, dass erst jeder wieder gesund ist und dann erst wieder Fußball spielen“, betonte er.
Am Sonntag verschickte der FC eine Pressemitteilung, in der der Belgier zurückruderte. „Nachdem die drei positiven Fälle in unserem Kreis bekannt wurden, habe ich einem Interview über meine persönlichen Sorgen vor einer Ansteckung meiner Freundin berichtet. Dabei habe ich mich einigen Stellen falsch ausgedrückt, so dass in der Übersetzung ein missverständlicher Eindruck entstanden ist, der mir leid tut“, so Verstraete.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zeigt sich derweil offen für einen Wiederbeginn des Profifußballs, forderte aber zugleich strenge Auflagen. „Ich finde den Zeitplan der DFL plausibel und unterstütze einen Neustart im Mai“, sagte Seehofer, der zugleich Sportminister ist, der „Bild am Sonntag“: „Für mich ist aber auch klar, dass es keine Privilegien für die Fußball-Bundesliga geben kann.“
Bedingung seien strikte Auflagen: „Wenn es einen Corona-Fall in einer Mannschaft oder bei der Mannschaftsbetreuung gibt, dann müssen der gesamte Club und gegebenenfalls auch die Mannschaft, gegen die man zuletzt gespielt hat, zwei Wochen lang in Quarantäne.“Das Interview wurde vor dem Bekanntwerden der Fälle in Köln geführt. Seehofers Einschätzung habe sich danach nicht geändert, sagte ein Sprecher am Sonntag.
Chance auf Studie?
Sportmediziner Fritz Sörgel sprach sich aus wissenschaftlichen Gründen für eine SaisonFortsetzung aus. Der Pharmakologe sieht die Chance, eine bislang so nicht mögliche Studie über das Coronavirus anfertigen zu können. „Macht man sich frei davon, dass ein sportlicher Wettkampf stattfindet, erfüllen diese Geisterspiele im Ansatz die Kriterien für eine wissenschaftliche Studie“, schrieb Sörgel im „Tagesspiegel“. Nach dem Plan der DFL würden etwa 1500 relativ junge Menschen in einem räumlich festgelegten Umfeld regelmäßig aufeinandertreffen. „Die Frage wäre, ob es an diesem Arbeitsplatz zu Infektionen mit dem Sars-CoV-2-Virus kommt“, so der 69-Jährige. Daraus könnten Rückschlüsse auf andere Arbeitsumfelder gezogen werden.