Avia-Tankstelle droht der Abriss
Oberbürgermeister und Stadtbaurat verwundert über Denkmalamt
Die noch geltenden Einschränkungen durch Corona führen zu lebhaften Debatten in Familien, unter Nachbarn und Kollegen. Das ist für sich genommen nichts Schlechtes, findet Theobald. Denn die Stärke von Demokratie sei der „Wettstreit um den besten Weg, die Suche nach Alternativen“, sagte schon der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. Allerdings scheint es vermehrt Zeitgenossen zu geben, die nicht mit Argumenten um sich werfen, sondern mit anderen Dingen. So berichtete eine Mutter aus dem Stadtnorden, dass ihr Sohn ein Poster mit dem Schriftzug „Wir bleiben zu Hause“aus der Ð ins Fenster gehängt hatte. Das war auch alles schön und gut – bis kürzlich jemand dieses Fenster mit Eiern bewarf. Die Folge ist, dass der Junge nun sehr verängstigt ist ob der Tatsache, was für Menschen offenbar draußen unterwegs sind. Seine Meinung darf natürlich jeder äußern. Aber wer möchte, dass ihm zugehört wird, sollte zumindest Respekt für sein Gegenüber zeigen. Das müssen die Eierwerfer noch dringend lernen, findet
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Das Amt sieht keine Gründe für einen Denkmalschutz. Nun soll nachverhandelt werden.
OLDENBURG – Verliert Oldenburg nach der Cäcilienbrücke innerhalb kurzer Zeit ein zweites stadthistorisch wertvolles Objekt? Es sieht fast so aus, es ist nicht gut bestellt um die Avia-Tankstelle am Stau, an der die Autofahrer über Jahrzehnte hinweg tankten und eine kurze Pause einlegten.
Das nach Angaben von Dennis Poelmeyer vom Rasteder Immobilienunternehmen „CapitalReal“300 Quadratmeter große Grundstück soll bebaut werden. Damit wären die Tage der über 60 Jahre alten Avia-Tankstelle gezählt.
Zur Überraschung selbst der Stadtverwaltung. „Der Stadt liegen erste Planungsskizzen zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück Bleicherstraße/Ecke Kaiserstraße vor“, teilte Stadtsprecher Reinhard Schenke auf Anfrage der Ð mit. Eine offizielle Bauvoranfrage bzw. einen Bauantrag gebe es jedoch noch nicht. Schenke: „Oberbürgermeister Jürgen Krogmann und Stadtbaurat Dr. Sven Uhrhan kritisieren das Verhalten des Niedersächsischen Landesdenkmalamtes (NLD) bei der Einschätzung der Denkmalwürdigkeit einstigen Avia-Tankstelle (Baujahr 1955/56). Das Amt hatte sich zunächst positiv hinsichtlich eines Denkmalwertes geäußert, diese Einschätzung dann aber zurückgenommen.“ Ursprünglich habe das NLD signalisiert, die Tankstelle in das Verzeichnis der Baudenkmale aufzunehmen. Im April 2019 wurde diese Einschätzung dann zur Verwunderung der Stadt zurückgenommen. Ein öffentliches Erhaltungsinteresse im Sinne des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes entfalle, heißt es. „Um den Sehgewohnheiten der Oldenburger gerecht zu werden, wäre ein Erhalt der Tankstelle an diesem Ort natürlich wünschenswert – kann aber aus Gründen des Denkmalschutzes nicht mehr gefordert werden. Insofern wäre nun auch das Translozieren ins Museumsdorf Cloppenburg denkbar“, steht in einem Schreiben, das die Untere Denkmalschutzbehörde
(gehört zur Stadtverwaltung) verfasst hat und das der Ð vorliegt. Für einen etwaigen Neubau müsse der Umgebungsschutz zu den benachbarten Baudenkmalen gewahrt bleiben.
Oberbürgermeister und Stadtbaurat wollen den Abriss nun verhindern. Schenke: „Die Stadt will erneut auf das NLD zugehen, um diese Frage der
Erhaltenswürdigkeit abschließend bewerten zu lassen. Schließlich handelt es sich um eine städtebaulich zentrale Stelle und eine nicht unterdessen selten gewordene Bausubstanz.“
Auf jeden Fall, so Investor Poelmeyer, dürften die „Geschmacksträger“die Tankstelle befristet vorerst weiter als Gaststätte betreiben.