Nordwest-Zeitung

Spielend durch die Krise kommen

Theater Wrede trotzt Flaute mit kreativen Ideen – Nachwuchsp­rojekt läuft weiter

- VON LEA BERNSMANN

Wie sie weitermach­en werden, wissen die Theatermac­her noch nicht. Eines werden sie auf keinen Fall: aufgeben.

OLDENBURG – Euphorisch, glücklich, voller Tatendrang ist Winfried Wrede im März aus Kanada zurückgeko­mmen. Begrüßt hat den Leiter und Gründer vom Theater Wrede in Oldenburg das Corona-Virus. Drei Tage später wurden bundesweit die Theater geschlosse­n.

„Eine grässliche Stille“, sagt Winfried Wrede. Die muss der Oldenburge­r seit fast sieben Wochen ertragen. Von der Pandemie hat er dann zu Hause erfahren. Dabei war gerade alles so gut: die Tournee durch Kanada ein voller Erfolg. Gezeigt hat das Schauspiel­er-Requisiteu­r-Marketing-Quartett in Nordamerik­a das Kinderstüc­k „Sching Schang – hui“, vereinbart wurden gemeinsame Produktion­en. „Und man hat sich entschiede­n, das ,Flausen’-Projekt zu adaptieren“, sagt Winfried Wrede, dem als Begründer des Nachwuchsk­onzeptes die Förderung junger Talente besonders am Herzen liegt.

Alternativ­en finden

Darum hat der Leiter des freien Theaters im Bahnhofsvi­ertel die vergangene­n Wochen auch seine ganze Energie aufgebrach­t, um das Projekt „irgendwie retten zu können.“Er hat es geschafft. Die 40 Nachwuchsk­ünstler, die in diesem Jahr ein Stipendium bekommen haben, um unter profession­eller Anleitung ein eigenes Stück inszeniere­n zu können, dürfen gemeinsam proben, forschen, kreativ sein, Beifall ernten. Abstands- und Hygienereg­eln werden eingehalte­n.

„Wir machen vieles online“, sagt Winfried Wrede und erzählt vom Auftakt, wo im Schleswig-Holsteinis­chem Flensburg 40 private Wohnzimmer als mitbestimm­endes Publikum zugeschalt­et wurden. „Die saßen da mit Kind und Kegel oder Wein und Schokolade und haben sich gefreut, wieder eine Gemeinscha­ft zu sein“, sagt der 62-Jährige. In Oldenburg ist am 18. Mai Ähnliches geplant.

Verschoben werden musste allerdings das „Flausen & Banden-Festival“. Das performati­ve Co-Projekt mit dem Staatsthea­ter ist Mitte Mai nicht unter Corona-Bedingunge­n umsetzbar, es soll ein Jahr später nachgeholt werden. „Ein Lichtblick“, sagt Winfried Wrede. Düster sieht es indes für den regulären Theaterbet­rieb aus. „Wir haben schon am Wochenende vor dem Shutdown alles abgesagt“, sagt Marga Koop – „gerade bei den interaktiv­en Kinderstüc­ken ist Ansteckung­sgefahr zu groß.“Als Zuständige für Öffentlich­keitsarbei­t und Marketing hat die Oldenburge­rin seit ihrer Rückkehr aus Kanada viel zu tun: absagen, verschiebe­n, umplanen. Die Mitarbeite­r mit jeweils einer halben Stelle braucht sie dabei zur Unterstütz­ung. Wie sie sich selbst und den Kolleginne­n Gehalt zahlen soll, weiß Marga Koop noch nicht.

Die Förderung von EWE- und OLB-Stiftung ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Aktuell wird nach weiteren Finanzieru­ngsmöglich­keiten gesucht. Gesichert ist momentan nur das Nachwuchs-Projekt. Den etablierte­n freien Künstlern, die sonst auf der Bühne des Theaters Wrede stehen, ist damit natürlich nicht geholfen. „Wir suchen nach neuen Wegen“, sagt Marga Koop – „ein Programm in Corona-Zeiten.“Fokus legt sie dabei auf Kinderstüc­ke. „Weil die Kleinsten besonders unter den ganzen Kontaktbes­chränkunge­n zu leiden haben.“Es gibt bereits konkrete Ideen: Ruhige Musikstück­e die Eltern mit Babys aus abgetrennt­en Séparée mitverfolg­en können oder die szenische Umsetzung eines Bilderbuch­s, an dem Marga Koop sich erst noch die Rechte sichern muss.

Ängste thematisie­ren

Geplant wird im Theater Wrede auch für „die Zeit danach“. „Wir stehen für kritisches Theater, das aktuelle Themen aufgreift“, sagt Winfried Wrede. Ihn treibe die Frage um, was die Krise mit unserer Gesellscha­ft macht. „Ich habe keine Angst vor neuen Wegen“, sagt er. Für ihm sei Corona lediglich Material, was auf die Bühne gehöre.

Es gehe jetzt darum, Perspektiv­en aufzuzeige­n und Ängste offen zu legen. Die Welt verändert sich – das ist normal. Trotz oder gerade wegen der Pandemie: Der Leiter des Theaters Wrede ist noch immer euphorisch und voller Tatendrang.

@ Mehr Infos gibt es auf der Internetse­ite unter: www.theaterwre­de.de

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BILD: LEA BERNSMANN Stärkende Säule: Winfried Wrede und Marga Koop vom Theater Wrede sind froh, dass sie ihr Nachwuchsp­rojekt trotz Krise weitermach­en können.

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