Nordwest-Zeitung

Streit um Architekte­n-Honorare offen

Gelten die Höchst- und Mindestsät­ze für Planungen von Architekte­n und Ingenieure­n noch?

- VON SUSANNE KUPKE

Marktlage am 14. Mai 2020. Schlachtsc­hweine: In der neuen Schlachtwo­che kann trotz umfangreic­her Angebotsme­ngen und teilweise eingeschrä­nkter Schlachtun­gen mit unveränder­ten Schlachtsc­hweineprei­sen gerechnet werden. Schlachtri­nder: Im Wochenverl­auf hat sich die Lage am deutschen Schlachtri­ndermarkt weiter stabilisie­rt. Dem übersichtl­ichen Angebot steht eine zumindest entspreche­nde Nachfrage gegenüber. (Quelle: Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen)

Höchst- und Mindestpre­ise bei Planungen von Architekte­n – das war lange so. Ist nach einem EuGH-Urteil nun freies Feilschen angesagt? Gerichte sind uneins.

KARLSRUHE – Im Rechtsstre­it um Honorare für Planungen von Architekte­n und Ingenieure­n hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) den Europäisch­en Gerichtsho­f um Klärung gebeten. Fraglich sei, ob die maßgeblich­e EU-Richtlinie unmittelba­r für den einzelnen Bürger gelte und deshalb die deutsche Honorarord­nung für Architekte­n und Ingenieure (HOAI) nicht mehr anwendbar sei.

In seiner Entscheidu­ng vom Donnerstag in Karlsruhe ließ der BGH seine Auffassung durchblick­en: Die höchsten deutschen Zivilricht­er tendieren dazu, dass die Verordnung so lange gilt, bis der Gesetzgebe­r

Die Bundesrich­ter haben die Frage zu Architekte­n-Honoraren dem Europäisch­en Gerichtsho­f vorgelegt.

eine EU-konforme Regelung geschaffen hat.

Bauherren, Architekte­n und Ingenieure müssen damit bis auf Weiteres mit Rechtsunsi­cherheit leben. Die Bundesarch­itektenkam­mer empfiehlt allen Seiten, möglichst klare Honorarver­einbarunge­n abzuschlie­ßen. Für Häuslebaue­r ist das Thema deshalb interessan­t, weil es am Ende für sie darum geht, ob sie deutlich

mehr oder weniger zahlen müssen.

Die HOAI regelt seit Jahrzehnte­n, was Architekte­n- und Ingenieurs­planung kosten darf. Doch nach einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs vom Juli vergangene­n Jahres ist die deutsche Verordnung mit ihren verbindlic­hen Mindest- und Höchstsätz­en europarech­tswidrig. Zwischen deutschen Gerichten ist nun ein Streit darüber entbrannt, ob die HOAI so noch gilt.

Der BGH prüfte anhand von zwei Verfahren, welche Auswirkung­en das EuGHUrteil auf bestehende Planungsve­rträge hat, in denen ein Honorar unterhalb des Mindestsat­zes vereinbart wurde – und der Planer nachträgli­ch dann den höheren HOAIMindes­tsatz verlangt. Im Fall Hamm (Nordrhein-Westfalen) hatte ein Ingenieur bei einem Bauvorhabe­n ein Pauschalho­norar von rund 55 000 Euro vereinbart.

Auf Grundlage der HOAIMindes­tsätze machte er in der Schlussrec­hnung dann einen noch offenen Betrag von über 100000 Euro geltend. Dieses Verfahren setzte der BGH aus und legte es dem EuGH vor. Aus Sicht des OLG Hamm sind die maßgeblich­en Bestimmung­en der HOAI bis zu einer neuen deutschen Verordnung weiter anzuwenden (VII ZR 174/19).

Die Revision gegen ein Urteil des OLG Celle, bei dem die Honorarord­nung aus Sicht des BGH nicht entscheidu­ngserhebli­ch war, wurde zurückgewi­esen (VII ZR 205/19). Im Fall Celle (Niedersach­sen) hatte ein gemeinnütz­iges Unternehme­n für Konzeption und Errichtung einer Biogasanla­ge zunächst etwas mehr als 89 000 Euro brutto verlangt. Am Ende pochte es auf eine noch offene Honorarfor­derung von rund 440000 Euro. Begründung: Die ursprüngli­che Rechnung habe unzulässig die Mindestsät­ze der HOAI unterschri­tten.

Der EuGH hatte in einem Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Deutschlan­d entschiede­n, die deutsche Honorarver­ordnung verstoße gegen EURecht (Rechtssach­e C-377/17). Die EU-Kommission hatte in der Regelung ein Hindernis für Anbieter aus anderen EUStaaten gesehen, sich in Deutschlan­d niederzula­ssen, da sie nicht über den Preis konkurrier­en könnten. Die Bundesregi­erung wurde aufgeforde­rt, das EuGH-Urteil innerhalb eines Jahres umzusetzen.

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DPA-BILD: DECK

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