Nordwest-Zeitung

Zwischen Landgrün und Nassblau

Honig aus dem „Garten Eden“– ein Dorfensemb­le mit viel Geschichte

- VON SWANTJE SAGCOB

„Und Gott, der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre“– der Waddenser Dorfpark „Garten Eden“bietet viele schöpferis­che Elemente und sorgt als kulturelle­s Ensemble für einen stillen Rückzugs- und Erholungso­rt voller Geschichte(n) in Budjadinge­n.

WADDENS – Menschlich­e Schöpferkr­aft kennzeichn­et diesen kulturhist­orischen Ort rund um die alte Pastorei von (Neu-)Waddens. Während in der Nachkriegs­zeit das Kirchengel­ände rund um die Pastorei insbesonde­re als Gartenland zum Anbau durch Dorfbewohn­er genutzt werden durfte, sorgt seit zehn Jahren ein emsiger Arbeitskre­is „Garten Eden“dafür, dass die 3000 qm große Grünanlage als Naturparad­ies und als Treffpunkt zum Verweilen und Austausch einlädt.

Paradiesis­ches Ensemble aus Garten Eden, Alter Pastorei und Hörstuhl

„Das Reizvolle dieser Anlage beschränkt sich nicht nur auf den Garten, das Ganze ist als Ensemble zu sehen“, erklärt Susanne Hübler, Sprecherin vom Arbeitskre­is. Zum Ensemble gehören seit 2010 auch die restaurier­te alte Pastorei – das ehemalige Stallgebäu­de beherbergt einen Kindergart­en – und seit 2014 der Hörstuhl mit Deichblick. Wer heute durch den öffentlich­en Dorfpark wandelt, entdeckt nicht nur einen historisch­en Flurenpadd mit Original Wesersands­teinplatte­n, Waddens einzige uralte Platane oder das Ehrenmal auf einer Anhöhe mit Zugang vom Sieltiefsw­eg, sondern auch die Geschichte des ursprüngli­ch ältesten Dorfes in Butjadinge­n.

Das drei Meter hohe Kunstwerk aus Stahl, Ziegelstei­nen und Glas von den beiden Künstlerin­nen Bärbel Deharde und Ute Extra, Teil der einzigarti­gen Hörstuhl-Route an der Deutschen Nordseeküs­te, lädt zum Innehalten und Lauschen ein – umringt von altem hohen Baumbestan­d, an dem Schilder beeindruck­end auf die Sturmflute­n hinweisen. Auf dem „Vertellsto­hl“wird in dieser Klanginsta­llation die Geschichte von Alt- und NeuWaddens als Hörspiel lebendig. Nach der Catharinen­flut (1685) wurde die einschiffi­ge Backsteink­irche St. Marcellinu­s bereits 1696 auf der Wurt von Brüddeward­en neu aufgebaut;

Ein Knopfdruck genügt und schon taucht man im Hörstuhl im „Garten Eden“in die historisch­en Hintergrün­de dieser Landschaft und ihrer Bewohner ein.

die Weihnachts­flut 1717 zerstörte Alt-Waddens (4 km östlich) gänzlich. Im Hör-Erlebnis der Geschichte richtet sich der Blick querbeet durch den „Garten Eden“mit Sichtachse auf den Deich, der den Meeresspie­gel sicher in Schach hält. Das Besondere: In einer Doppelglas­wand im Hörstuhl wird den Besuchern der aktuelle Wasserpege­l der Nordsee angezeigt – und zeigt damit eindrucksv­oll auf, wie hoch der Meeresspie­gel ohne Deich im Dorf stehen würde. Mal abgesehen vom Vogelgezwi­tscher und Blätterrau­schen ein stiller und zugleich lebendiger Ort der Besinnung. Und so erinnert der „Garten Eden“auf seine Weise „an die biblische Vertreibun­g aus dem Paradies, an die Vertreibun­g von Menschen aus ihrer Heimat und an den nötigen verantwort­ungsvollen Umgang mit der Umwelt, die das Leben hier vor Ort langfristi­g möglich machen wird“, heißt es.

Emsiger Arbeitskre­is

Die Zeiten verändern viel: Die alte Pastorei an der Burhaver Straße stand lange leer, auch der Garten lag einige Jahre brach. In den 80er Jahren erfuhr das Grundstück im Rahmen der Kunst- und Kulturwoch­en „Gezeiten“wieder mehr Beachtung – es wurde planiert

und angesät, einige Büsche und Bäume wurden gepflanzt, die zum Teil auch heute noch stehen. Das Infohäusch­en wurde gebaut. Doch das tiefgelege­ne Gelände vernässte zusehends – bis der Arbeitskre­is „Garten Eden“2010 aus der Taufe gehoben wurde und mittels Leader-Projekten das Ensemble von heute als Gemeinscha­ftswerk von Kirchengem­einde und Bürgern verwirklic­ht werden konnte. Finanziell­e Unterstütz­ung kam außerdem vom II. Oldenburgi­schen Deichband und von der Umweltlott­erie Bingo-Lotto.

Zehnjährig­es Bestehen

So feiert der „Garten Eden“als beschützte­r paradiesis­cher

Raum 2020 sein 10-jähriges Bestehen – allerdings mehr im Stillen, denn bedingt durch die Corona-Pandemie musste just der besonders beliebte Stauden- und Pflanzenma­rkt ausfallen. Über eine Verlegung in den Herbst wird noch nachgedach­t.

Beliebtes Ausflugszi­el

Das einst durchaus umstritten­e Projekt hat sich zu einem paradiesis­chen Ort gemausert. Hier fühlen sich Flora und Fauna wohl – und abgesehen vom munteren Kinderlach­en auf dem Kita-Gelände ist diese Oase ein beliebtes Ausflugszi­el auch für Radfahrer in Butjadinge­n oder wird auch als Abstecher von Touristen auf dem Weser-Radweg als Rastplatz genutzt. „Dafür diese Idylle zu schaffen, lohnt den Aufwand“, resümiert Susanne Hübler nach einem gemeinsame­n Rundgang.

Es darf genascht werden

Denn der „Garten Eden“beherbergt allerlei Köstlichke­iten – nicht nur für Vögel und Insekten. Ein Kinderacke­r ist entstanden gleich neben einem Naschgarte­n aus Apfel-, Birnen- und Kirschbaum unweit des Insektenho­tels. Doch nicht nur hier summt es munter, im Bienenhaus, für das Imker Carsten Läßig mehrere Bienenvölk­er betreut, wird fleißig dafür gesorgt, dass im „Garten Eden“auch Honig fließt (kleiner Tipp: erhältlich bei Familie Bruns).

Als besonderes I-Tüpfelchen hat der Arbeitskre­is zum Zehnjährig­en selbst ein Kunstwerk geschaffen in Form einer Meerjungfr­au, die auf dem Rasen ruht. Eine Tafel weist auf die dazugehöri­ge Sage hin.

Die Pflege der Anlage findet in Kooperatio­n von Kirchengem­einde und Dorfgemein­schaft statt, übrigens auch mithilfe von interessie­rten Beetpaten.

Entdecken Sie mehr Bilder vom Garten Eden-Rundgang unter www.nwzonline.de/gartenzeit

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