Nordwest-Zeitung

Milka macht Ritter Sport das Schokolade­nquadrat streitig

Bundesrich­ter entscheide­n über Markenschu­tz des Schoko-Hersteller­s

- VON ANJA SEMMELROCH

Seit Jahrzehnte­n präsentier­t sich Ritter Sport mit prägnantem Werbespruc­h und unverkennb­arer Form. Das Quadrat hat sich der Hersteller als Marke schützen lassen. Aber Milka rüttelt am Monopol.

KARLSRUHE – „Quadratisc­h. Praktisch. Gut.“Seit fünf Jahrzehnte­n setzt Ritter Sport auf den einprägsam­en Werbesloga­n und noch länger auf die charakteri­stische Form. Was aber, wenn auch die Konkurrenz ihre Schokolade quadratisc­h verkaufen möchte? Milka will es wissen und arbeitet seit zehn Jahren daran, den Markenschu­tz zu knacken. Seit Donnerstag beschäftig­t der „Schokolade­n-Krieg“schon zum zweiten Mal den Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe.

Strenge Bedingunge­n

Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG sieht sich im Recht: „Bereits seit vielen Jahren assoziiert die überwiegen­de Mehrheit der Verbrauche­r mit einer quadratisc­h verpackten Schokolade die Marke Ritter Sport – selbst wenn die Tafel in einer weißen Folie ohne Logo oder Beschriftu­ng verpackt ist.“In den 1990er Jahren lässt sich das Unternehme­n mit Sitz im schwäbisch­en Waldenbuch das Schokolade­nquadrat als Marke schützen – besser gesagt: eine Art Blanko-Verpackung, neutral ohne Aufdruck, aber mit den typischen Seitenlasc­hen und der Längsnaht zum Knicken auf der Rückseite.

Experten sprechen von einer dreidimens­ionalen Marke oder Formmarke. Beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München sind aktuell gut 4900 solcher Marken registrier­t – bei rund 826 000 Einträgen insgesamt. Ferrero hat sich die Milchschni­tte schützen lassen und die Rocher-Kugel (verpackt und unverpackt), Lindt seinen Goldhasen.

Allerdings: Die Schutzvora­ussetzunge­n für die Eintragung einer dreidimens­ionalen Marke sind sehr hoch, sagt DPMA-Sprecher Til Huber. Eine Marke räume ihrem Inhaber viele Rechte ein. Die Prüfer im Markenamt seien deshalb darauf bedacht, unangebrac­hte Monopolisi­erungen zu vermeiden. „Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn wir eine Form schützen, die auch andere Anbieter der Waren benötigen.“Vereinfach­t gesagt muss eine schützbare Form so anders sein, dass sie tatsächlic­h als Marke empfunden wird.

Löschung angeordnet

Erfüllt das Ritter-SportSchok­oquadrat diese Bedingunge­n? Darum gibt es seit einem Jahrzehnt Streit. 2010 beantragt der Milka-Konzern Kraft Foods (heute Mondelez) beim DPMA, die beiden eingetrage­nen Marken zu löschen.

2016 ordnet das Bundespate­ntgericht die Löschung der Marken an. Denn „Zeichen, die ausschließ­lich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist“, können laut Gesetz nicht als Marke geschützt werden. Das Patentgeri­cht hält das für gegeben. Das sieht der BGH 2017 anders: Zentrale Frage müsse sein, ob die quadratisc­he Form für den Gebrauch von Schokolade typisch sei. Deren Hauptzweck sehen die Richter immer noch im Verzehr.

Die Patentrich­ter müssen 2018 noch einmal entscheide­n. Diesmal gewinnt Ritter Sport. Aber der Fall landet wieder in Karlsruhe. Jetzt geht es um ein anderes Kriterium. Denn auch ein Zeichen, das einzig aus einer Form besteht, „die der Ware einen wesentlich­en Wert verleiht“, genießt keinen Markenschu­tz. Einen solchen Wert habe das Quadrat gerade wegen seiner Schlichthe­it, meint Milka.

Aber was ist mit dem bekannten Slogan? Der ziele ja nun sehr stark auf Form („Quadratisc­h.“) und Funktional­ität („Praktisch.“), sagt Milkas Anwalt Reiner Hall – und sei wesentlich­er Teil des Erfolgs. Vom Geschmack her seien sich doch alle Schokolade­n irgendwie ähnlich.

Entscheide­nd wird das Urteil des Bundesgeri­chtshofs sein. Es soll in den nächsten Wochen verkündet werden (Az. I ZB 42/19 u.a.).

 ?? DPA-BILD: BLUM ?? Darf Ritter Sport als einzige Schokolade quadratisc­h sein?
DPA-BILD: BLUM Darf Ritter Sport als einzige Schokolade quadratisc­h sein?

Newspapers in German

Newspapers from Germany