Als die Post viermal täglich Kartengrüße brachte
Alte Oldenburger Ansichtskarten erinnern an längst vergangene Zeiten – Blumen schmückten oft das Motiv
Der künstlerische Wert der Motive stand dabei nicht immer an höchster Stelle. Meistens ging es um die schnelle Verfügbarkeit dieses Massenproduktes.
Oldenburg – Mit dem Medium „Bildpostkarte“eröffnete das 20. Jahrhundert dank drucktechnischer Fortschritte eine neue Ära der Kommunikation. Die Menschen suchten verstärkt Vergnügen und Geselligkeit in Ausflugslokalen mit Kinofilmen, Konzerten, Kabarett, Tanz und Theater. Denn die erhöhte Freizeitmobilität durch Eisenbahnen und Automobile ermöglichte an den Wochenenden Tagesausflüge, von denen gern Mitteilungen in SMS-Kürze auf einer schön gestalteten Postkarte versandt wurden. Darauf waren neben Fotografien auch gemalte, künstlerische Motive sowie Handgeschriebenes aus der Zeit zwischen 1895 und 1945 zu sehen.
„Da die Abbildungen damals eine Riesenanzahl von Kunden ansprechen sollten, stand nicht immer die künstlerische Qualität an erster Stelle“, verweist Florian Isensee auf den Boom der Bildpostkarten ab dem Jahr 1894. Zwei Jahre früher ging auch sein gleichnamiger Oldenburger Verlag an den Start. Damals avancierte die Postkarte zum Hauptkommunikationsmittel dieser Epoche. Viermal täglich wurde die Post zugestellt: „Das Essen ist vorbei, das Trinken noch lange nicht. Schlafe wohl“, grüßte beispielsweise eine am Mittag geschriebene Karte eines Ehemannes aus dem Oldenburger Casino seine Frau Hanny Ahlers. Damals quetschte der Absender seine knappen Infos noch in die Vorderseite mit den Bildmotiven hinein. Die Rückseite war komplett für die Adresse reserviert.
Nach 1905 schrieb man seine Mitteilungen neben die Adresse nur auf die Rückseite, so dass auf der Vorderseite mehr Raum für einen Foto- oder Kunstdruck blieb. Diese Karten wurden mit drei Pfennig (Reichsmark) frankiert. Aber wer mehr als Name, Stand, Adresse und Datum mitteilte, musste zehn Pfennig investieren. Von Anfang an waren auch Mehrbildkarten im Umlauf. Künstler-Steinzeichnungen wurden die ab 1912 entstandenen Drucke genannt,
Mensch & Lebensart
Ein Bremer Glückskind erobert Paris: Jürgen Michaelsen ist mit eigenem HauteCouture-Haus erfolgreich. die dank der Beschränkung auf wenige Farben verfremdet, jedoch klar wirken. Die bis heute bei Sammlern und Museen vorhandenen Zeitdokumente geben einen Einblick in das Alltagsleben der Menschen. Sie spiegeln damit eine kulturhistorische Epoche im damaligen Großherzogtum Oldenburg.
Seit 2010 hat der Isensee Verlag aufgrund der hohen Nachfrage rund 30 Bücher über die nostalgischen Postkarten in verschiedenen Orten herausgegeben. Hier wurde auch das vom Oldenburger Stadtmuseum 2016 veröffentlichte Buch unter dem Titel „Mit Vergnügen – Ansichtskarten aus der Sammlung Schäfer“gedruckt. Es doku
REISE
Wo Norddeutschland wild und einsam ist: Von der Geltinger Birk bis zum Naturpark Solling-Vogler das illustre Leben in den Gaststätten, Hotels und Kaffeehäusern der Region. Lioba Meyer, Marianne Steinbrink und Ulla Brake-Gerlach erläutern darin die Entwicklung der touristischen Ansichtskarten, welche damals in großer Zahl als Chromolithografien (mehrfarbige Drucke) unter anderem von dem Oldenburger Fotografen und Verleger Georg Kahlmeyer auf den Markt gebracht wurden.
Auf den gedruckten Bildpostkarten werben Gastronomen und Hoteliers für Vorzüge und Eleganz ihrer Etablissements, in denen Ausflügler in gehobenem Komfort übernachten konnten. Das Doodt’sche Etablissement – ab 1905 Janßens Edentheater –
Gesundheit
Verhütungsmittel: Von Femidom bis Diaphragma – am besten verschiedene Methoden ausprobieren lockte seine Gäste mit Narrenfesten, Maskenbällen, Kaffeegarten und dem legendären Grottensaal. Hochvergnügliche Stunden versprachen die Werbepostkarten von „Hoyer’s Weinkeller“.
Ihre detaillierten Zeichnungen der Innen- und Außenansichten (Lithographie) sind von Weinlaub, Reben, Putten und einem Weinkelch umrankt. Andere Ansichtskarten wurden mit Blumen, Fächern und Ornamenten verziert – eine Blüte des bezaubernden Jugendstils zur Jahrhundertwende.
Viele begabte Fotografen erlernten autodidaktisch Techniken, mit denen sie ihre Bilder kolorierten und figürlich ausschmückten. Eine typimentiert
Gesundheit
Ginster im Garten: Den beliebten Blütenstrauch gibt es in vielen verschiedenen Farben. sche Kombination zwischen Fotos und Gemälden zeigt eine süßliche Stiefmütterchen-Ornamentik rund um die schwarz-weiß Fotodrucke der Amalien- und Kanalstraße. Diese massenhaft hergestellten Produkte entfachten in Fachkreisen eine KitschKunst-Diskussion. Während der Hochkonjunktur (1900 bis 1918) des neuen Mediums entstanden zeitgleich auch anspruchsvolle, von bildenden Künstlern gestaltete Ansichtskarten.
Ihren kleinen Kostbarkeiten widmete Helmuth Meinken sein Buch „Impressionen aus Oldenburg – mit Pinsel und Kamera“. Das 60-seitige Werk ist eine gelungene Hommage an die renommierten
Maler Hugo Klingemann, Johann Georg Siehl-Freystett, Charles Edwin Flower, Wilhelm Morris, Anna List und Prof. Max Honegger.
Letzterer produzierte Serien patriotischer Sprüchekarten bis in die Kriegsjahre 1915/1917 für deutsche Städte. Beliebte Motive der genannten Maler zeigen Oldenburger Stadtansichten. Hier wirken die Lange Straße, die Mühlenhunte, das Schloss, das Elisabeth-Anna-Palais, der Lamberti-Turm und der Stau aus verschiedenen Perspektiven besonders faszinierend auf den Betrachter. Auch die wenigen Winter- und Nachtdarstellungen waren schon damals ein romantischer Hingucker. Kindlich verspielt ist ein Gruß vom berühmten Oldenburger Kramermarkt.