Nordwest-Zeitung

Der Außenminis­ter reist wieder

Urlauber sollen folgen – Grenze zwischen Deutschlan­d und Luxemburg geöffnet

- VON MICHAEL FISCHER

Millionen Deutsche warten sehnsüchti­g darauf, wieder ins Ausland reisen zu dürfen. Außenminis­ter Maas will das noch vor Beginn des Sommers ermögliche­n.

SCHENGEN/PERL – Zwei Monate ohne einen einzigen Flug auszukomme­n, ist für die meisten Menschen in Deutschlan­d völlig normal. Für Außenminis­ter Heiko Maas ist es der absolute Ausnahmezu­stand. Der SPDPolitik­er legt in pandemiefr­eien Zeiten durchschni­ttlich mehr als 5000 Flugkilome­ter pro Woche zurück. In den vergangene­n zehn Wochen waren es zusammen genau 0.

„Man kriegt so ein bisschen Entzugsers­cheinungen“, scherzte Maas kürzlich in einem Interview. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat er immer wieder betont: Noch so viele Telefonate und Videokonfe­renzen können physische Aufeinande­rtreffen von Spitzenpol­itikern nicht ersetzen. Das gelte gerade in der Diplomatie, in der Vertrauen eine so große Rolle spiele.

Erste Regierungs­reise

Deswegen ist es auch keine Überraschu­ng, dass Maas als erstes Mitglied der Bundesregi­erung das selbstaufe­rlegte Reiseverbo­t beendet. Samstagfrü­h lässt er sich zum ersten Mal seit einer Kroatien-Reise Anfang März wieder zum militärisc­hen Teil des Flughafens Tegel fahren, um eine der weißen Regierungs­maschinen mit den schwarz-rot-goldenen Streifen zu besteigen.

Das „Alles so wie früher“-Gefühl stellt sich aber trotzdem nicht ein. Beim Einstieg wird erst einmal Fieber gemessen – das kannte Maas

bisher nur von einem Besuch in dem mit der Ebola-Seuche kämpfenden Kongo. Am Platz des Ministers liegen Schutzmask­e und Desinfekti­onsmittel bereit. Die 40 Plätze in dem Airbus A 319 sind nur zu einem Drittel belegt – den Abstandsre­geln entspreche­nd.

Das Ziel der Reise könnte symbolträc­htiger kaum sein: Schengen, die Wiege des grenzenlos­en Reisens in Europa. In dem kleinen luxemburgi­schem Ort im Dreiländer­eck mit Deutschlan­d und Frankreich an der Mosel wurde vor fast genau 35 Jahren ein Abkommen geschlosse­n, mit dem Barrieren und Kontrollen zwischen den Unterzeich­nerstaaten abgeschaff­t wurden.

Für Maas ist es zunächst einmal eine Reise in die Heimat. Der Weg nach Schengen führt den Saarländer vom Flughafen Saarbrücke­n an seinem Geburtsort Saarlouis vorbei und quer durch seinen Wahlkreis. Über die Moselbrück­e zwischen Perl und Schengen ist er früher oft mit dem Rennrad gefahren. Mitte März wurde sie wegen der CoronaPand­emie von Innenminis­ter Horst Seehofer dicht gemacht – zum ersten Mal seit 1985 für längere Zeit.

Erste Grenzöffnu­ng

Die Schließung hat Europa ins Herz getroffen, und der luxemburgi­sche Außenminis­ter

Jean Asselborn macht bei seinem Treffen mit Maas in der Mitte der Brücke keinen Hehl daraus, dass er sie von vorneherei­n falsch fand. „Das hat hier sehr, sehr viel Unmut provoziert“, sagt er mit Blick auf die 200 000 Pendler zwischen Luxemburg und Deutschlan­d. Aber das sei ja jetzt vorbei. „Wir zeigen heute, dass Schengen vom Virus nicht besiegt wurde, dass Schengen wieder zum Leben erwacht.“

In der Nacht von Freitag zu Samstag wurde der Grenzverke­hr zwischen Deutschlan­d und Luxemburg wieder normalisie­rt. Es ist nach den zahlreiche­n Lockerunge­n der AntiCorona-Maßnahmen im Inneren Deutschlan­ds nun der erste Schritt einer Öffnung nach außen. Und ab Montag will Maas mit zehn Ländern die Verhandlun­gen darüber aufnehmen, wie das ermöglicht werden kann, worauf noch so viele in Deutschlan­d hoffen: Sommerurla­ub am Mittelmeer – oder auch in den österreich­ischen Alpen.

Erste Maßnahmen

Wie er vorgehen will, schildert Maas in einem Interview des Deutschlan­dfunks am Sonntag. Zwei Schritte sind entscheide­nd:

■ Innerhalb der EU sollen die Quarantäne­bestimmung­en für Reisende möglichst aufgehoben werden und dann nur noch für sogenannte Drittstaat­en außerhalb der EU gelten.

■ Die bis zum 14. Juni bestehende weltweite Reisewarnu­ng soll für europäisch­e Staaten aufgehoben werden. Stattdesse­n soll es für jedes Land individuel­le Reisehinwe­ise geben, in der die Gefahrenla­ge dargelegt wird.

Diese beiden Maßnahmen wären das Startsigna­l für einen Urlaub im Ausland, der dann allerdings nur unter strengen Hygienevor­schriften in den Hotels, Gaststätte­n oder auch am Strand möglich sein wird.

Mit der Reise nach Luxemburg will Maas ein Zeichen dafür setzen. Auf der Moselbrück­e hält er zusammen mit Asselborn einen Mund- und Nasenschut­z im Design der EUFlagge in die Kameras. Nach nicht einmal einer Stunde geht es für Maas zurück ins Saarland und von dort nach Berlin. Der 110. Auslandsbe­such des Außenminis­ters ist der mit Abstand kürzeste. Ob er jetzt wieder öfter verreist? Maas bleibt da noch vorsichtig: „Auch das hat etwas damit zu tun, wie sich die Dinge entwickeln.“

 ?? DPA-BILD: ?? Die Zeichen stehen auf Sommerurla­ub: Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn (links) und Deutschlan­ds Außenminis­ter Heiko Maas treffen sich am Samstag auf der Mosel-Brücke, die das luxemburgi­sche Schengen und das saarländis­che Perl verbindet.
DPA-BILD: Die Zeichen stehen auf Sommerurla­ub: Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn (links) und Deutschlan­ds Außenminis­ter Heiko Maas treffen sich am Samstag auf der Mosel-Brücke, die das luxemburgi­sche Schengen und das saarländis­che Perl verbindet.

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