Nordwest-Zeitung

Streit um Milliarden-Schutzschi­rm für Kommunen

Bundesfina­nzminister will Hilfe mobilisier­en – Niedersach­sens Minister stellt sich quer

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

BERLIN – SOS von den Kommunen. Deutschlan­ds Städte und Gemeinden verzeichne­n wegen der Folgen der Corona-Krise einen massiven Einbruch bei den Steuereinn­ahmen und warnen bereits vor drohender Handlungsu­nfähigkeit.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) verspricht den Kommunen schnelle umfassende Hilfe – und will auch gleich ihr Altschulde­nproblem mit lösen. Er hat aber die Rechnung offenbar ohne den Koalitions­partner, der Union, und einige Länder gemacht: Vor allem Bayern, BadenWürtt­emberg und Niedersach­sen stellen sich quer.

Kritik aus Ländern

„Wenn der Bund den Kommunen helfen möchte, darf er das gern tun – eine Zwangsverp­flichtung der Länder nach den Regeln des Bundes ohne Absprache ist aber eine Unverschäm­theit“, erklärte Bayerns

Ministerpr­äsident Albert Frühacker (CSU).

Und auch Niedersach­sens Finanzmini­ster Reinhold Hilbers (CDU) stellte klar: „Eine 50-prozentige Beteiligun­g der Länder an Programmen des Bundes ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll, zumal bisher darüber mit den Ländern nicht gesprochen wurde.“

Der Streit um den Milliarden-Schutzschi­rm für die Kommunen ist voll entbrannt. Dabei will Scholz eigentlich noch vor der Sommerpaus­e seinen Plan ins Bundeskabi­nett bringen.

Viele Kommunen stellten in den nächsten Wochen ihre Haushalte auf und brauchten nun Planungssi­cherheit, heißt es in dem Konzept des Finanzmini­sters. „Dieses Schutzschi­ld soll Städte und Gemeinden nicht nur durch die aktuell schwierige Situation bringen, sondern dauerhaft in die Lage versetzen, ihre Aufgaben noch besser erledigen zu können“, verteidigt Scholz seine Pläne. Er will dafür 57 Milliarden Euro mobilisier­en. Dabei handelt es sich um eine einmalige Hilfe, die noch in diesem Jahr geleistet werden soll.

Dem Konzept zufolge sollen Bund und Länder jeweils die Hälfte der Kosten tragen.

Zuständig für die Finanzauss­tattung sind eigentlich jedoch die Länder. Daher müsste es eine Verfassung­sänderung geben, der Bundestag und Bundesrat mit Zweidritte­lmehrheit zustimmen müssten. Doch das ist derzeit unwahrsche­inlich.

Jubel in Kommunen

Zustimmung erhält Scholz hingegen vom Deutschen Städte- und Gemeindebu­nd. „Das sichert die Handlungsf­ähigkeit der Städte und Gemeinden in der Krise und ermöglicht insbesonde­re, dass die Investitio­nskraft der Kommunen gestärkt wird“, erklärte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg am Sonntag.

Auch der Deutsche Städtetag spricht sich dafür aus: „Der Vorschlag kommt zur rechten Zeit, bevor die Unsicherhe­it wächst und bevor die Kommunen ihre Haushaltsp­lanung für das nächste Jahr anpacken müssen“, erklärte der Präsident, Burkhard Jung, am Samstag.

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