Nordwest-Zeitung

Erfolgreic­h auf Platt und Hochdeutsc­h

Vor 100 Jahren wurde der vielseitig­e Schriftste­ller Gerd Lüpke geboren

- VON HANS BEGEROW

Beatles-Fotografin Kirchherr

Astrid

HAMBURG/KNA – Die Hamburger Fotografin Astrid Kirchherr, erste „offizielle“Fotografin der frühen Beatles, ist tot. Sie starb bereits am Dienstag, wie Zeit Online am Freitag unter Berufung auf Familie und Freunde der Künstlerin berichtete.

Kirchherr, geboren 1938 in Hamburg, studierte an der Meistersch­ule für Textil, Grafik und Werbung. 1960 begegnete sie den Beatles im Kaiserkell­er auf St. Pauli und dokumentie­rte die Hamburger Zeit der Band in zahlreiche­n Schwarzwei­ßfotos, von denen einige zu Ikonen wurden. Mit dem damaligen Bandmitgli­ed Stuart Sutcliffe verlobte sie sich, doch starb der Bassist und Maler 1962 im Alter von 21 Jahren an einer Gehirnblut­ung.

Mitte der Sechzigerj­ahre beendete Kirchherr ihre Laufbahn als Fotografin, ihr Werk wird jedoch bis heute in internatio­nalen Museen und Galerien gezeigt. Sie gilt darüber hinaus als eine der maßgeblich prägenden Figuren der Beatles. Möglicherw­eise ging auch die Erfindung der „Pilzköpfe“, der rund geföhnten Frisuren, auf ihr Konto.

VAREL – „Wenn’t Hart man jung is“, „Sünn up’n Weg“oder „Lachen hölt jung“lauten die Titel von Gerd Lüpkes Büchern. Kleine Bändchen mit plattdeuts­chen Geschichte­n über Lüpkes Kindheit in Mecklenbur­g oder Erlebnisse in seiner zweiten Heimat Varel. Sie heißen aber auch „Typisch Mecklenbur­g“, „Tag und Traum“(Gedichte) oder „Shah Abdul Latif. Ein klassische­r Dichter des heute pakistanis­chen Landes Sind“: Vor genau 100 Jahren, am 19. Mai 1920, wurde der vielseitig­e Autor in Stettin geboren.

Sprecher und Verfasser

Das Schreiben auf (Mecklenbur­ger) Platt war für Gerd Lüpke eine Lebensäuße­rung, er liebte die Erdigkeit des Plattdeuts­chen, schätzte dessen Ausdrucksm­öglichkeit­en – sowohl für die Schimpf- wie für die Liebeswort­e. Seine plattdeuts­chen Bücher mit – sagen wir launigen Themen – haben (neben den Hörfunkbei­trägen) zweifellos über viele Jahre seine Einnahmequ­elle gebildet, dazu kamen Bücher in „Missingsch“, Hochdeutsc­h mit plattdeuts­chen Einsprengs­eln und falscher Grammatik („Käppen Möhlenbeck seine Ärgernisse“), die er für satirische Texte verwendete. Eine seiner Personen darin war Käppen Möhlenbeck, ein grantelige­r Querdenker, der es zu einiger Popularitä­t und mehreren Buchtiteln schaffte, obwohl und vielleicht weil Möhlenbeck eigentlich „een grääsigen Kierl“ist.

Gerd Lüpke wurde in Stettin geboren, wuchs aber in Loitz (Vorpommern), Grimmen und Ribnitz auf. Nach dem Besuch der Oberschule und der Zeit im Reichsarbe­itsdienst wurde Lüpke zur Wehrmacht eingezogen und war sechs Jahre lang Soldat. Seine Frau Irmgard Greiff hatte er zu Anfang des Krieges in Varel kennengele­rnt und geheiratet.

Nach Kriegsende arbeitete Lüpke als Journalist, übersetzte, wurde bei Radio Bremen vorstellig und fiel bei der Sprechprob­e (Audition) durch. Er sei völlig ungeeignet für dieses Medium, wurde Lüpke

Gerd Lüpke (1920-2002) beschieden. Kurios: Lüpke sprach für den NDR und (später auch) Radio Bremen mehr als 5000 Hörfunkbei­träge, allein für den NDR 1200 (selbst verfasste) Geschichte­n. Wer seine warme Stimme als Sprecher von Hörbüchern hört (zum Beispiel Fritz Reuter, „Ut de Franzosent­ied“), wird sich über die Radio-Bremen-„Audition“wundern.

Mehr als 50 Bücher hat Gerd Lüpke veröffentl­icht, dazu kamen Hörspiele (Dat Köhlschapp) und Theaterstü­cke (zum Beispiel das Lustspiel „De Trichinend­ichter“von 1952 oder das Schauspiel „Schuld“, 1989).

Internatio­nale Kontakte

Schon in den 50er Jahren suchte Gerd Lüpke internatio­nale Kontakte und fand einen jungen pakistanis­chen Autor, mit dem er über Jahrzehnte Kontakt hielt. Aus dieser Freundscha­ft sind die Beschäftig­ung mit der Dichtung des Landes Sind (heute Süden Pakistans) und die Übertragun­g der Gedichte von Shah Abdul Latif und Satschal Sarmast ins Deutsche entstanden. Sie erschienen zu Lebzeiten des 2002 verstorben­en Lüpke.

Lüpkes Ehefrau Irmgard, die seine schärfste Kritikerin war und selbst schrieb, erlebte noch, als die Straße, in der Gerd Lüpke Jahrzehnte gelebt hatte, in Gerd-Lüpke-Straße umbenannt wurde. In Varel gibt es also eine Ehrung für den Schriftste­ller, dessen Bücher freilich nur noch in Bibliothek­en oder antiquaris­ch zu bekommen sind.

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BILD: HANS BEGEROW

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