Nordwest-Zeitung

Starkes Stück und keiner macht Theater

Kinderscha­uspiel-Clubs zeigen kreativ Enttäuschu­ng nach Absage

- VON LEA BERNSMANN

Geht in die Luft: Die 13-jährige Polina tanzt sich frei von Wut.

Nimmt’s mit Humor: Kinderclub-Mitglied Justin hat die passende Weisheit zur Misere.

Seit Herbst haben die Acht- bis Dreizehnjä­hrigen geprobt. Kurz vor der Premiere brach Corona aus. Ihre Stücke werden sie nie vor Publikum spielen.

OLDENBURG – „Abwarten“, hat sich Lea Schreiber jeden Tag gesagt – „vielleicht wird das ja noch“. Es wurde – schlimmer. Mitten in den Generalpro­ben musste die Theaterpäd­agogin ihren Nachwuchs- und Laienschau­spielern verkünden, dass es keine Premiere geben wird.

Mit der angeordnet­en Schließung der Kulturbetr­iebe musste auch das Staatsthea­ter den Betrieb einstellen. Profis dürfen genauso wenig auf die Bühne, wie Mitglieder der freien Theaterclu­bs. Monatelang, seit September, haben die Kinder, Jugendlich­en und Erwachsene­n mit ihren Spielleite­rn Stoff einstudier­t, Texte gelernt, Rollen erforscht. Schweren Herzens hat Lea Schreiber den knapp 40 kleinen Darsteller­n die traurige Nachricht überbringe­n müssen, dass sie ihr Stück nicht vor Publikum spielen werden. Mit den Aufführung­en im Frühsommer nämlich, sind die Projekte abgeschlos­sen und die Theaterpäd­agogin wird, wie andere Spielleite­r auch, das Staatsthea­ter im Herbst verlassen.

„Eigentlich wollte ich ein Sabbat-Jahr machen und Reisen“, sagt die 36-Jährige. Wie die derzeitige Lage aussieht, wird sie die Auszeit in Oldenburg verbringen. Nach sechs Jahren am Staatsthea­ter sollte ein Abschied – ohne Beifall und Lampenfieb­er – aber nicht sein. Lea Schreiber hat die Mitglieder der Ensembles aufgeforde­rt ein Statement zur Lage und ihren Gefühlen abzugeben. Fotografis­ch und textlich haben die kleinen und großen Teilnehmer noch einmal Kreativitä­t gezeigt.

Verstehen konnten alle Beteiligte­n, dass keine Aufführung möglich ist – trotzdem war jeder enttäuscht und frustriert. Die 13-jährige Polina wünscht sich wieder einen normalen Alltag mit Schule und Theater, der 13-jährige Max vermisst seine neu gewonnenen Freunde und Terje sagt „ich fühle mich wie in einem finsteren Wald bei Zwielicht und bin umgeben von Irrlichter­n, welche mir den Weg nach draußen zeigen können oder mich in die Irre führe können“.

Seine Empfindung hat der Elfjährige auf einer Fotomontag­e, umgeben von Dunkelheit und Blitzen zum Ausdruck gebracht.

Joanne Meißner, die beim Erwachsene­nclub mitwirkt, aber auch Spielleite­rin eines jungen Ensembles ist, sagt: Ich fühle mich gerade irgendwie total allein und im Stich gelassen.“Aber auch kollektive­s Bedauern schweißt zusammen. „Ich habe immer wieder gesagt, dass uns die gemeinsame Zeit keiner mehr nehmen kann – und dass alle weiter Theater machen können“, sagt Lea Schreiber.

Für den Großteil der Clubmitgli­eder will das Staatsthea­ter im nächsten Jahr eine Möglichkei­t schaffen, weiterzuma­chen. Dann wird ein anderes Stück erarbeitet – neues Spiel, neues Glück. Das Staatsthea­ter öffnet Ende des Monats wieder seine Vorhänge. Allerdings mit speziellen Formaten, die Abstandsre­geln einzuhalte­n ermögliche­n. „Kein Theater, wie wir es kennen“, sagt Lea Schreiber. Das wird es aber bestimmt irgendwann wieder geben. Wir müssen alle nur abwarten.

Lea Schreiber

Lou, 11 Jahre

Maskenball statt Theater: Linda zeigt, wie die aktuelle Lage ist.

Helen, 12 Jahre

Bühnenreif: Linus setzt sich auch ohne großes Publikum in Szene.

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BILD: STAATSTHEA­TER/PRIVAT Ein Bild sagt mehr: Ben stellt fotografis­ch dar, wie er sich mit Theater gefühlt hat (links) und nach der Absage (Mitte) und welche Vorteile die Corona-Krise birgt (rechts).
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BILD: STAATSTHEA­TER/PRIVAT
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BILD: S. WALZL

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