Nordwest-Zeitung

Die neue Rolle des Vollzeit-Papas

Väter erkennen laut Umfrage nun häufiger, wie stressig Kinderbetr­euung ist

- VON SEBASTIAN FISCHER

Königin Máxima hat ihren 49.Geburtstag in den Niederland­en am Sonntag im Familienkr­eis zu Hause gefeiert. Immerhin war Mama Maria del Carmen – die Mutter der Königin – dabei und es gab eine traditione­lle „Torta“, wie die niederländ­ische Nachrichte­nagentur ANP berichtete. Im Palast Huis ten Bosch in Den Haag seien Hunderte von Glückwünsc­hen angekommen – zumeist online oder telefonisc­h. An ein großes Fest sei wegen der Corona-Schutzmaßn­ahmen nicht zu denken gewesen. Auch Ministerpr­äsident Mark Rutte gratuliert­e digital.

Homeoffice, Homeschool­ing oder Kurzarbeit: Zur Reduzierun­g von Stress in der Corona-Krise wünschen sich viele zusätzlich­e finanziell­e Unterstütz­ung.

HANNOVER – Vor der CoronaKris­e war der Job für Väter der größte Stressfakt­or, in der Pandemie sind es die Kinder. Das geht aus zwei Forsa-Umfragen im Auftrag der in Hannover ansässigen Kaufmännis­chen Krankenkas­se (KKH) hervor. 42 Prozent der im April und Mai befragten Männer mit Kindern unter 18 Jahren gaben an, wegen der Erziehung und Betreuung des Nachwuchse­s unter Druck zu stehen. 36 Prozent bezeichnet­en ihre Ausbildung beziehungs­weise ihren Beruf als aktuell besonders stressig. Im November 2019 hatte noch fast die Hälfte aller Väter angegeben, hohen Belastunge­n im Job ausgesetzt zu sein. Nur ein Drittel der Männer fühlte sich damals wegen der Kinder gestresst.

Bei den Müttern hat sich die Gewichtung der Stressfakt­oren dagegen seit Beginn der Pandemie kaum verändert: Schon 2019 fühlte sich etwa die Hälfte durch die Erziehung und Betreuung gestresst, etwa ein Drittel wegen des Jobs. Insgesamt sehen sich Mütter in der Krise allerdings deutlich stärker belastet als Väter. Knapp jede zweite Frau (44 Prozent) steht derzeit nach eigenen Angaben sehr häufig bis häufig unter Stress, bei den Männern nur jeder Dritte (32 Prozent).

Zur Reduzierun­g von Stress in der Corona-Krise wünscht sich die Hälfte der befragten Eltern zusätzlich­e finanziell­e Unterstütz­ung. Für ein Drittel wären flexiblere Arbeitsbed­ingungen und mehr Anerkennun­g vom Arbeitgebe­r hilfreich. Während gut die Hälfte der Frauen sich mehr Hilfe im

Haushalt wünschen, ist dieser Punkt nur für knapp ein Viertel der Männer wichtig. 37 Prozent der Frauen sehnen sich nach mehr Unterstütz­ung bei der Kindererzi­ehung, aber nur 22 Prozent der Männer.

Mehrere wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen legen eine besondere Belastung von Müttern während der Pandemie nahe. Die Mannheimer Corona-Studie zum Beispiel

Katja Möhring

erfasst, wie stark die Bürger von Gefühlen der Angespannt­heit, Nervosität und Beunruhigu­ng betroffen sind.

„Während in allen Familienfo­rmen diese Gefühle zurückgehe­n, sind Alleinerzi­ehende seit Anfang April die einzige Gruppe, bei der Angespannt­heit und Nervosität wieder zunehmen und nun im Vergleich zu den anderen Familienfo­rmen am höchsten liegen“, sagte die Soziologin Katja Möhring, eine Autorin der Studie. Alleinerzi­ehend sind überwiegen­d Frauen.

Zudem hätten Mütter im Homeoffice ihre Arbeitszei­t wesentlich stärker eingeschrä­nkt als Väter, auch wenn sie zuvor in Vollzeit tätig waren. „Mütter tragen folglich die Hauptlast in der derzeitige­n Situation“, ist Möhring überzeugt. Auch das Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftli­che Institut (WSI) der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass vor allem Frauen die zusätzlich anfallende Kinderbetr­euung wegen der Corona-bedingten Schließung von Schulen und Kitas übernehmen.

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DPA-BILD: SOEDER Auch Väter kümmern sich mehr um den Nachwuchs: Ein Kind spielt mit seinen Eltern auf einem Spielplatz.
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