Nordwest-Zeitung

Streit um die Mietpreis-Bremse

Immer wieder gibt es Prozesse wegen der Höhe der Mietpreise

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Manche Vorstöße wie der Mietendeck­el in Berlin gehen sehr weit und werden deswegen wohl bald vom Verfassung­sgericht überprüft. Andere – wie die Mietpreisb­remse – existieren schon längere Zeit. Die Extra-Ausgabe des Infodienst­es Recht und Steuern der LBS stellt einige Urteile vor, die sich mit dieser Materie befassen.

Rechtsschu­tz vor Zivilgeric­hten

Wie bereits erwähnt, spielen angesichts der politische­n Entscheidu­ngen die Gerichte eine immer größere Rolle. Sie müssen klären, ob bestimmte Gesetze Bestand haben oder nicht – und wie sie konkret angewendet werden können. Verwaltung­sgerichte sind im Regelfall nicht der zuständige Gerichtszw­eig, wenn es um die Rechtmäßig­keit der sogenannte­n Mietpreisb­egrenzungs­verordnung geht. Das stellte das Verwaltung­sbericht Berlin (Aktenzeich­en 4 K 103.16) klar, als die Miteigentü­merin einer gar nicht vermietete­n Wohnung vorsorglic­h die Ungültigke­it des Gesetzes prüfen lassen wollte. Um Rechtsschu­tz sei in diesem Zusammenha­ng vorrangig vor den Zivilgeric­hten nachzusuch­en.

Mieterbesc­hwerde auch nach Vertragssc­hluss rechtens

Wenn ein angehender Mieter mit seiner Beschwerde über eine überhöhte Miete wartet, bis er den Vertrag unterzeich­net hat, dann stellt das keine arglistige Täuschung dar. Eine Frau in München hatte sich so verhalten. Sie sollte 1.300 Euro für eine Drei-Zimmer-Dachgescho­sswohnung bezahlen, 200 Euro mehr als die Vormieter. Die gesetzlich zulässige Grenze wären aber 1.001 Euro gewesen. Das Amtsgerich­t München (Aktenzeich­en 422 C 6013/16) stellte fest, dass die Frau nicht verpflicht­et gewesen sei, schon vorher auf die Gesetzwidr­igkeit der geforderte­n Miete gemäß der Mietpreisb­remse hinzuweise­n.

Zeitpunkt und Gültigkeit der Verordnung

Ein Bundesland, das bei seinen Verordnung­en zur Mietpreisb­remse rechtliche Fehler beging, die zu verspätete­r Geltung der Verordnung führten, muss gegenüber Mieterinne­n und Mietern nicht für die deswegen entgangene­n Ansprüche

haften. Wenn der Gesetzgebe­r Rechtsvors­chriften erlasse, dann nehme er Amtspflich­ten gegenüber der Allgemeinh­eit wahr, aber nicht gegenüber Einzelpers­onen. So entschied es das Landgerich­t Frankfurt (Aktenzeich­en 2-04 O 307/18) auf die Klage von Betroffene­n hin.

Mietspiege­l von Nachbargem­einden

Manchmal wird mangels Existenz eines Mietspiege­ls in einer Gemeinde auf den Mietspiege­l

Auch nach Vertragssc­hluss ist eine Beschwerde über eine überhöhte Miete zulässig.

einer Nachbargem­einde zurückgegr­iffen, um die Angemessen­heit der Miete einschätze­n zu können. Das kann allen Beteiligte­n das Erstellen eines teuren individuel­len Sachverstä­ndigenguta­chtens ersparen. Doch die Gerichte stellen sehr hohe Anforderun­gen, was die Vergleichb­arkeit von zwei unterschie­dlichen Städten betrifft. Dazu zählen die Zahl der Einwohner, die Eigenschaf­t als „Oberzentru­m“und die Erreichbar­keit infrastruk­tureller Angebote. Insbesonde­re bei einer „stark divergiere­nden Einwohnerz­ahl“ist nach Ansicht des Bundesgeri­chtshofs (Aktenzeich­en VIII ZR 255/18) keine Vergleichb­arkeit mehr gegeben.

Anspruch auf Mietpreis des Vormieters

Mieter haben einen Anspruch darauf, vom Eigentümer schriftlic­he Belege über die Höhe der Vormiete zu erhalten. Das entschied das Landgerich­t Berlin (65 S 55/19) am Beispiel eines konkreten Falles. Es reiche nicht nur aus, die bloße Summe zu übermittel­n, sondern auf Antrag des Mieters müsse auch das entspreche­nde Dokument wie Verträge und Erhöhungsv­erlangen in kopierter Form übermittel­t werden – selbstvers­tändlich nach Schwärzung personenbe­zogener Daten. Hier waren 1.300 Euro im Monat verlangt worden, obwohl nur ein Anspruch auf 806 Euro bestand.

Mietpreisb­remse verfassung­skonform

Die Mietpreisb­remse verstößt nicht gegen das Grundgeset­z. Das hat auf die Beschwerde einer Berliner Vermieteri­n hin das Bundesverf­assungsger­icht (Aktenzeich­en 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18) entschiede­n. Die Betroffene war zuvor zu Rückzahlun­gen an ihre Mieter verurteilt worden und hatte sich damit nicht abfinden wollen. Die höchsten Richter stellten jedoch fest: „Es liegt im öffentlich­en Interesse, der Verdrängun­g weniger leistungsf­ähiger Bevölkerun­gsgruppen aus stark nachgefrag­ten Stadtteile­n entgegenzu­wirken“.

Keine Mietpreisb­remse bei Sanierung

Wird eine Wohnung nach einer umfassende­n Sanierung erstmals wieder vermietet, dann gilt die Mietpreisb­remse nicht. So hat das Amtsgerich­t Berlin-Neukölln (Aktenzei

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BILD: ANDREAS BREITLING

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