Hilfe bei Hygienekonzepten notwendig
„Angehörige brauchen Geduld“(Ð vom 14. Mai)
Bereits mit Verordnung vom 17. April schaffte Niedersachsen die Voraussetzungen dafür, dass die zuständigen Behörden Ausnahmen vom grundsätzlichen Besuchsverbot in Pflegeheimen zulassen können. Dazu müssen die Einrichtungen auf der Grundlage eines Hygienekonzepts nachweisen, dass ein geschützter Kontakt zwischen Bewohnern sowie Besuchern sichergestellt ist.
Seither ist fast ein Monat vergangen und – so der Bericht – noch immer liegen dem Gesundheitsamt keine entsprechenden Konzepte vor. Die Ungeduld ist nicht nur bei den Bewohnern und deren Angehörigen zu verzeichnen. Schon vor ca. einer Woche war in der NWZ zu lesen: „Niedersachsens Regierung erwartet von den Pflegeheimen mehr Anstrengungen zur Rückkehr zum normalen Besucherverkehr. Sie müss(t)en endlich entsprechende Konzepte mit den Gesundheitsämtern umsetzen“. Hierzu stellt sich die Frage, inwieweit die Einrichtungen bereits bei der Erstellung ihrer individuellen Konzepte unterstützt werden.
Den Hinweisen zu Maßnahmen der Infektionsprävention bei Covid-19 in Pflege- und Behinderteneinrichtungen ist zu entnehmen: „In Kürze werden Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen ein Recht auf wiederkehrende Besuche von einer ausgewählten Person haben, sofern es keine nachgewiesenen Covid-19-Fälle in ihrer Einrichtung gibt. (...)“. Zur Vermeidung einer Klagewelle werden die Einrichtungen und/oder die zuständigen Behörden dann wohl sehr gut und individuell begründen müssen, wenn weiterhin keine Besuche möglich sind. Die „Fensterlösung“ist jedenfalls für die Mehrzahl der der demenziell veränderten Menschen – immerhin bis zu 70 Prozent der Bewohnerschaft - sowie schwer Hör- und Sehgeschädigte und Bettlägerige nicht geeignet.
Brunhilde Becker, Alzheimer-Gesellschaft Oldenburg, und
Corinna Schroth, BIVA-Pflegeschutzbund per E-Mail
Betrifft: „Heimbewohner und Angehörige leiden furchtbar“(Ð vom 15. Mai)
Der Untertitel müsste in Zusammenfassung des auf die Alten- und Pflegeheime getroffenen Aussagen lauten: „Und das bleibt auch noch lange so“. Bei den vergleichsweise einfach zu konzipierenden Besucherfenstern steht das Gesundheitsamt beratend zur Seite, offenbar aber nicht bei den weitergehenden „sehr ausgefeilten“Hygienekonzepten. Hier zu unterstützen und fachliche Mitverantwortung zu übernehmen wäre aber erforderlich. So entsteht der Eindruck, dass die Kriterien des Gesundheitsamtes Absolutheitsanspruch erheben, die einer Abwägung mit den praktischen Möglichkeiten der Heime und insbesondere den berechtigten Interessen der Bewohner/Innen nicht zugänglich sind.
Es gibt vermutlich keine Bevölkerungsgruppe, die derzeit in ihren Rechten und Möglichkeiten stärker eingeschränkt werden als Heimbewohner. Frisörbesuch, Fußpflege, Physiotherapie, selbst Spazieren gehen – alles ist nicht oder nur äußerst eingeschränkt möglich. Die Aussage „ich kann Sie nur vertrösten“wirkt in diesem Zusammenhang deprimierend für die Betroffenen; insofern bleibt zu hoffen, dass der Beitrag nicht von vielen hochbetagten Betroffenen gelesen wurde.
Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Heime leisten Enormes, um die ihnen anvertrauten Menschen zu betreuen und motivieren – Ihnen gebührt uneingeschränkter Dank. Herr Dr. Petermann vergießt aber im Lichte seiner übrigen Aussagen Krokodilstränen, wenn er das „furchtbare Leiden“der Heimbewohner beklagt.
Hartmut Kluge Bad Zwischenahn