WERDER-TRAINER KOHFELDT VON KRITIK SCHWER GETROFFEN
Werder-Trainer Florian Kohfeldt kontert Kritik von Ex-Spielern – Heute in Freiburg
Nach dem 1:4 gegen Leverkusen beim Neustart nach der Corona-Krise wächst die Kritik am Coach. Dieser kontert – und gibt ehrliche Einblicke in sein Seelenleben.
BREMEN – Eigentlich ist es eine sterile Situation. Aufgrund der Corona-Krise finden die Pressekonferenzen in der FußballBundesliga seit Wochen nur noch virtuell statt – Fragen können Journalisten vorher an die jeweiligen Pressesprecher der Vereine schicken, diese lesen sie den Trainern vor. Obwohl man sich also vorbereiten und nicht durch Fragen auf dem falschen Fuß erwischt werden kann, wirkte Florian Kohfeldt am Freitag, einen Tag vor dem Gastspiel beim SC Freiburg an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky Sport News HD zeigt die Konferenz frei empfangbar) richtig angefasst.
„Es tut sehr weh“
„Es tut weh. Es tut sehr weh, was da geschrieben wird“, sagte der Trainer von Werder Bremen. Er meinte damit jene Rücktrittsforderungen, die Werder-Legenden wie Rune Bratseth, Jonny Otten und Dieter Burdenski nach dem 1:4 gegen Bayer Leverkusen öffentlich geäußert hatten. Dass er via Medien so von Leuten kritisiert werde, „die sonst sehr freundschaftlich und jovial rüberkommen, aber selber keine Verantwortung übernehmen“, habe ihn getroffen. Er nehme das wahr, habe aber auch nach nur 18 Punkten aus 26 Spielen keine Rücktrittsgedanken. „Nein, weil ich nach wie vor das Gefühl habe, dass ich für diesen Verein kämpfe. Ich sehe es so, dass ich nach wie vor der Beste auf dieser Position aktuell bin“, erklärte Kohfeldt.
Die reinen Fakten sprechen eindeutig gegen den Trainer. Werder steht auf Tabellenplatz 17, ist die schwächste Heimmannschaft
(nur ein Sieg), die schlechteste Abwehr (59 Gegentore), der zweitschwächste Sturm der Liga (28 Tore). Seit sieben Spielen sind die Bremer sieglos, machen in der Defensive immer wieder zu viele und die gleichen Fehler, schaffen es in der Offensive nicht, das durchaus vorhandene Potenzial von Spielern wie Milot Rashica und Davie Selke auszuschöpfen.
Er will es allen zeigen
Diese Kritik fördere bei ihm „eine gewisse Form von Trotz“, sagte Kohfeldt. Er wolle „es allen zeigen“, glaube nach wie vor an den Klassenerhalt. Er sei seit 20 Jahren in diesem Verein und könne versprechen, dass er alles im Sinne von Werder Bremen tue. Ihm vorzuwerfen, „dass wir alles laufen lassen, dass kein Feuer da ist, empfinde ich als Frechheit.“
Mangelnden Einsatz kann man dem 37-Jährigen in der Tat nicht unterstellen. Gegen Leverkusen war im ersten Geisterspiel der Club-Geschichte aufgrund der fehlenden Fans deutlich zu hören, wie Kohfeldt seine Mannschaft lautstark anfeuert, gelungene Aktionen feiert und taktische Anweisungen hineinruft. Dennoch hat es der vom DFB ausgezeichnete „Trainer des Jahres 2018“weder vor noch nach der CoronaPause geschafft, seinem Team die Fehler auszutreiben, dem Spiel nach vorne eine bessere Struktur zu geben und das Verhalten bei gegnerischen Standardsituationen – auch hier ist Werder die schwächste Mannschaft der Liga – zu verbessern. Dinge, für die ein Coach verantwortlich ist. Kritik, die er sich stellen muss.
„Ein ganz wichtiger Aspekt ist: Wir, die Geschäftsführung und ich, übernehmen Verantwortung. Wir übernehmen auch Verantwortung, wenn es am Ende nicht reicht – definitiv. Auch das sollte anerkannt werden“, sagte Kohfeldt, der sich der Rückendeckung von Manager Frank Baumann weiter sicher sein kann. „Wenn jemand anderes – die Mannschaft oder die Geschäftsführung – das Gefühl hätte, dass es nicht so ist, dann weiß ich, dass man es mir auch sagen würde. Dann wäre ich auch der, der im Sinne von Werder Bremen entscheiden würde“, führte er weiter aus.
Vertrag bis 2023
Sportchef Baumann, ebenfalls längst bei vielen Werder-Fans in die Kritik geraten, betonte indes abermals, dass Kohfeldt der richtige für diese Position sei und diese Überzeugung auch nach dem Freiburg Spiel gelten werde. Der Trainer besitzt an der Weser einen Vertrag bis 2023. Bisher überwog der Eindruck, dass die Bremer auch beim zweiten Abstieg der Vereinsgeschichte an ihm festhalten und ihm den Neuaufbau zutrauen würden. Am Freitag schränkte Baumann dies etwas ein: „Im Abstiegsfall wird es keinen Automatismus geben, was die Trainerposition betrifft. Weder, dass Florian auf alle Fälle Trainer bleiben wird, aber auch nicht in die andere Richtung, dass auf jeden Fall ein neuer Trainer auf der Bank sitzen wird.“