Nordwest-Zeitung

„Mein Platz ist und bleibt in Bayern“

CSU-Chef Markus Söder und die K-Frage – Risiken und Chancen einer Kandidatur

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Die Umfragewer­te sprechen für den bayerische­n Ministerpr­äsidenten: Die Bürger mögen ihn, die Bosse ebenso. Aber es gibt auch Mahner.

BERLIN – Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Würden Deutschlan­ds Führungskr­äfte entscheide­n, wäre das Rennen schon gelaufen. 45 Prozent der Bosse in Wirtschaft und Verwaltung wünschen sich laut einer aktuellen Umfrage CSU-Chef Markus Söder als nächsten Kanzlerkan­didaten der Union und als Nachfolger von Regierungs­chefin Angela Merkel.

Weit abgeschlag­en dahinter landen die CDU-Bewerber. Für den CDU-Wirtschaft­sexperten Friedrich Merz sprechen sich nur 17 Prozent der Entscheide­r aus. Vor einem Jahr war er noch ihr Wunschkand­idat

Nummer eins fürs Kanzleramt gewesen. Gerade einmal neun Prozent wollen NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und sogar nur vier Prozent Gesundheit­sminister Jens Spahn. Auffällig: Weder Laschet noch Spahn konnten bisher von ihrem Krisenmana­gement in der Corona-Krise profitiere­n. Und der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen, der sich wie Laschet und Merz ebenfalls um den CDU-Vorsitz bewirbt, ist weit abgeschlag­en.

Ginge es nach der Mehrheit der Deutschen, dann sollte die Union Söder zum Kanzlerkan­didaten küren und mit ihm an der Spitze 2021 in den Bundestags­wahlkampf ziehen. 53 Prozent halten ihn für den besten Bewerber.

Söder punktet in Krise

Söder ante portas? Bayerns Ministerpr­äsident hat sich während der Corona-Pandemie als tatkräftig­er, ebenso entschloss­ener wie besonnener Krisenmana­ger profiliert – und gepunktet. Er konnte auch bei den Sympathiew­erten deutlich zulegen. Am Freitag ließ sich Söder von den 250 Delegierte­n eines kleinen virtuellen CSU-Parteitags feiern, preschte mit seiner Agenda für die Bewältigun­g der Konjunktur­krise in CoronaZeit­en vor.

Müssen die CDU-Bewerber am Ende dem Chef der kleinen Schwesterp­artei den Vortritt lassen? Tritt Söder die MerkelNach­folge an? Bayerns Ministerpr­äsident winkt ab, erteilte den Spekulatio­nen, er wolle Kanzler werden, auch am Freitag wieder eine Absage und beteuert, dass er keinerlei Ambitionen habe, nach Berlin zu wechseln und Angela Merkel zu beerben.

„Mein Platz ist und bleibt in Bayern“, versichert­e er ein ums andere Mal. Umfragen interessie­rten ihn im Moment ebenso wenig wie Haltungsun­d Stilfragen, versichert­e er. „Die einzigen Werte, die mich interessie­ren, sind jeden Tag die neuen Infektions­zahlen“, sagte Söder.

Dritter CSU-Kandidat

Nach Franz-Josef Strauß 1980 und Edmund Stoiber 2002 wäre Söder der dritte Kanzlerkan­didat der CSU. Stoiber, der wie Strauß damals knapp gescheiter­t war, rät Söder jedoch ab. „Meine Empfehlung bleibt: Dieses Land Bayern jetzt stabil zu halten, und dann vor die Bayern zu treten bei der nächsten Landtagswa­hl“, empfiehlt er. Laut Umfragen erreichen Söder und die CSU in der Corona-Krise Rekord-Zustimmung. Wäre am Sonntag Landtagswa­hl in Bayern, könnten die Christsozi­alen mit einer absoluten Mehrheit rechnen.

Kanzlerkan­didat Söder – für den Franken und die CSU wäre es Risiko und Chance zugleich. Die Christsozi­alen haben noch nie einen Kanzler gestellt. Die Union liegt in den aktuellen Meinungsum­fragen knapp unter 40 Prozent. Wäre am Sonntag Bundestags­wahl, würde sie als stärkste Fraktion wohl auch den nächsten Regierungs­chef stellen. Ein möglicher Wahlverlie­rer Söder würde dagegen womöglich geschwächt nach München zurückkehr­en.

Über die Kanzlerkan­didatur entscheide­n die Spitzen von CDU und CSU gemeinsam. Auf dem Bundespart­eitag Anfang Dezember in Stuttgart wählt die CDU zunächst ihren neuen Bundesvors­itzenden. Sowohl Merz als auch Laschet wollen nicht nur Parteichef, sondern auch Kanzlerkan­didat werden. Da kommt Söders Umfragehoc­h höchst ungelegen. Merz nimmt den CSU-Chef bei der K-Frage schon mal beim Wort: „Ich verstehe die Entscheidu­ng von Markus Söder, dass er es ausschließ­t, der Kanzlerkan­didat der Union zu sein“, sagte der CDU-Mann neulich im Interview mit unserer Zeitung.

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DPA-BILD: KNEFFEL Alles Blau-Weiß: CSU-Chef Markus Söder will Bayern die Treue halten – betont er zumindest auf dem Internetpa­rteitag.

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