Der einbeinige Krieger
Thomas Wedig aus Vechta bei bekannter RTL-Show „Ninja Warrior“dabei
Trotz Beinprothese stellt sich der 58-Jährige aus Vechta bald einem harten Hindernisparcours. Er tritt dann gegen 20bis 30-Jährige an.
VECHTA – Trotz eines amputierten Beines ist Thomas Wedig ein echtes Stehaufmännchen. Seit 2014 fehlt dem Vechtaer der linke Unterschenkel. Das hält ihn nicht davon ab, bei dem Fernsehformat „Ninja Warrior“mitzumachen. Warum er sein Bein verloren hat, wie er seine Stärke wieder fand und warum er bei der Athleten-Show antritt, erzählt der 58-Jährige dieser Zeitung.
Springen, Hangeln, Klettern, Balancieren auf einem hohen Niveau, das erwartet Wedig, wenn die Aufnahmen für die RTL-Show „Ninja Warrior“starten. „Ich glaub, ich bin da auch der Älteste“, sagt er. 20- bis 30-Jährige meistern den gleichen Hindernisparkour. Warum macht Wedig da mit? Auf die Idee ist er nicht von selbst gekommen: „Mitte Februar fragte RTL bei mir an, ob ich mich nicht bewerben möchte. Ich war stolz, dass die mich dabei haben wollen.“Es folgte eine Bewerbung und ein Casting in Köln. Ende Februar kam die Zusage: Er ist dabei.
Immer auf Schnelligkeit
Der gebürtige Goldenstedter ist Physiotherapeut und war von Kindesbeinen an sportlich. Er spielte Fußball in der Landesliga, schlug bei der Bundeswehr eine sportliche Richtung ein und fing, als er seinen Job fand, schließlich an, Marathon zu laufen. 22 mal trat er die 42 Kilometer an. Seine Bestzeit liegt bei zwei Stunden, 56 Minuten und 16 Sekunden. „Ich bin immer auf Schnelligkeit gegangen und habe strikt nach Plänen trainiert.“Doch dann musste ihm 2014 der Unterschenkel amputiert werden.
„Ich war ein paar Wochen davor noch den Hamburg Marathon gelaufen.“Als Schmerzen auftraten, schob es der Vechtaer zunächst aufs Alter. „Eines Nachts wachte ich auf und mein Bein war weiß und taub.“In einer Notoperation im Vechtaer Krankenhaus entfernten die Ärzte den Unterschenkel. Für Wedig begann eine schwere Zeit. „Ich weinte einen ganzen Tag lang und wollte auch niemanden sehen.“Sein erster Gedanke war: Habe ich Schuld? Die Ärzte fanden heraus, dass ein erblich bedingtes Aneurysma in Wedigs linker Kniekehle die
Ursache war. „Als mir der Arzt versicherte, dass es etwas Erbliches und nicht auf meinen Lebensstil zurückführen ist, war ich so erleichtert.“Er fasste Mut. Als die Ärzte ihm einen Rollstuhl anboten, lehnte Wedig ab. „Ich möchte den Menschen auf Augenhöhe begegnen“, war ihm sofort klar.
Gleich wieder Marathon?
Die Reha nutzte Wedig intensiv, um alles von neu auf zu lernen: Stehen, gehen, laufen – alles mit einer Prothese. Schließlich wieder zu Hause, wurde sein Training vielseitiger als vor der Amputation: Schwimmen, Crossfit, Boxen, Klettern stehen nun auf dem Plan. „Ein Sportpsychologe wusch mir damals auch gründlich den Kopf. Ich hatte mir nach der OP zunächst sofort vorgenommen, wieder für einen Halbmarathon zu trainieren.“Doch Wedigs Leben hatte sich geändert. Und das musste er einsehen.
Regelmäßiger, intensiver Sport gehört weiterhin zu seinem Alltag, doch etwas Neues kam hinzu. Wedig trat bei den NDR-Formaten „Hallo Niedersachsen“, „Mein Nachmittag“und dem sonntäglichen Sportclub auf. Durch das Erzählen seiner Geschichte entdeckte er eine völlig neue Sparte für sich. Seitdem ist der Vechtaer als Motivationsredner unterwegs. Er wird von Firmen gebucht, spricht in Sportcamps oder vor Schulklassen. Seine
wichtigste Botschaft an Menschen mit einem Handicap: „Ihr müsst nicht die Wände hochklettern können, aber wieder zu Selbstständigkeit gelangen.“
Im Wald trainieren
Seit Februar bereitet sich Wedig nun auf „Ninja Warrior“vor. Seinen Trainingsplänen machte Corona einen Strich durch die Rechnung. Denn normalerweise trainiert er in Sportanlagen, die nun geschlossen hatten. „Ich bin deshalb vor allem im Wald unterwegs, laufen und klettern, um die Griffkraft zu trainieren.“
Ab diesem Wochenende beginnen die Dreharbeiten in Köln. Auch hier gelten durch Corona andere Regeln. „Meine Frau darf mich zum Beispiel nicht begleiten.“
Und wie rechnet er sich seine Chancen aus zu gewinnen? „Es ist mir klar, dass ich da im Laufe meinen Meister finde.“Am Ende als Sieger dazustehen, das sieht der 58-Jährige nicht kommen. Es ist für ihn aber eine Ehre, dabei sein zu dürfen. Im Spätherbst soll die Show ausgestrahlt werden.