Kleine Kneipe lebt im Museum weiter
Wie eine Bremer Gaststätte vor dem Ende auf dem Schrottplatz gerettet werden konnte
BENTHULLEN – Die Kneipe sieht so aus, als wäre die Zeit stehen geblieben. Frikadellen in der Auslage, ein geschwungener Tresen, grünes Dekor, fast makellos. In der Ecke eine Musikbox, gegenüber ein paar rustikale Holztische und Stühle. An der weißen Wand hängen eine Spardose und das Jugendbild eines Unbekannten. In Öl auf Leinwand festgehalten, schaut das Kind den Besuchern entgegen. „Zur alten Post“steht auf dem erkennbar neuen Schild, das an einem massiven Holzbalken festgenagelt ist.
Nein, das ist – man mag das bedauern – keine echte Kneipe, die wie durch ein Wunder das große Sterben ihrer Zeitgenossen überlebt hat. Immerhin hat sie einen sicheren Platz gefunden, hier im Moorund Bauernmuseum in Benthullen. Das Licht der Welt erblickt und viele Jahrzehnte die Menschen kommen und geckend
hen sehen, der eine trank nach Feierabend mehr, der andere weniger, hat die Kneipe in Bremen, Stadtteil Hastedt.
Ein dicker Betonbrocken
Doch irgendwann war auch in Hastedt am alten Postweg die Zeit der Kneipenbesuche vorbei. Der ehemalige Wirt, Wilfried Lemkau, konnte und wollte nicht mehr. Gut, dass über Umwege der Kontakt zum Museumsrat des Moorund Bauernmuseums in Benthullen
entstand. Die Benthullener und Bremer wurden sich einig: Für 300 Euro wechselte das Inventar den Besitzer. „Den Tresen haben wir nur durch ein Fenster ins Freie bekommen“, erzählt Heinz-Günther Hartig. In einem Stück wurde der dicke Brocken vorsichtig mehr geschoben als getragen. Sein Sockel, das haben alle, die mit anpackten, schnell zu spüren bekommen, ist aus Beton. Keine leichte Sache.
Doch die Plackerei hat sich gelohnt, finden jetzt rückbliMuseumsratsvorsitzender Jürgen Bureck und sein Team. Ansonsten wäre alles auf dem Schrott gelandet – und das hätte nicht nur Wilfried Lemkau weh getan. Zwei Urkunden, fein verglast wie kostbare Bilder, erinnern an besondere Tage. „Frau Anni Lemkau, Inhaberin der Gaststätte Bremer Maler, zum 25jährigen Geschäftsjubiläum und für die langjährige gute Zusammenarbeit“, wünschte die Hemelinger Aktien-Brauerei zum Jubiläum. Das war am 1. Oktober 1981. Am gleichen Tag, 15 Jahre danach, gratulierte die Haake-Beck-Brauerei Lemkaus Gaststätte zum 40jährigen Bestehen.
Präsentation erst später
Zurück in der Gegenwart: Wegen der Corona-Epidemie bleibt das Benthullener Museum auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Pfingstspaß im Moor ist bereits abgesagt worden. Auch an normalen Wochenenden sieht sich das kleine Team Ehrenamtlicher nicht in der Lage, die ganzen Sicherheitsauflagen zu erfüllen. „Wir bekommen hauptsächlich Gruppen zu Besuch“, erklärt Hartig. Angesichts der engen Treppenaufgänge und mangels einer Möglichkeit, einen Rundkurs einzurichten, bleibe nur, auf normale Zeiten zu warten.
Spätestens dann will auch der Bremer Wilfried Lemkau mit seiner Familie dem Benthullener Museum einen Besuch abstatten. Ein kühles Bier zapfen wie früher wird er allerdings nicht mehr können: Die Kneipe bleibt ein Ausstellungsstück. Ein kleines Geheimnis sei an dieser Stelle verraten: Der letzte Wirt, wie die kleine Kneipe jetzt im besten Seniorenalter und Großvater, ist in Benthullen immer vor Ort. Das Gemälde an der Wand zeigt ihn, wie er als kleines Kind ausgesehen hat.