Nordwest-Zeitung

Kleine Kneipe lebt im Museum weiter

Wie eine Bremer Gaststätte vor dem Ende auf dem Schrottpla­tz gerettet werden konnte

- VON WERNER FADEMRECHT

BENTHULLEN – Die Kneipe sieht so aus, als wäre die Zeit stehen geblieben. Frikadelle­n in der Auslage, ein geschwunge­ner Tresen, grünes Dekor, fast makellos. In der Ecke eine Musikbox, gegenüber ein paar rustikale Holztische und Stühle. An der weißen Wand hängen eine Spardose und das Jugendbild eines Unbekannte­n. In Öl auf Leinwand festgehalt­en, schaut das Kind den Besuchern entgegen. „Zur alten Post“steht auf dem erkennbar neuen Schild, das an einem massiven Holzbalken festgenage­lt ist.

Nein, das ist – man mag das bedauern – keine echte Kneipe, die wie durch ein Wunder das große Sterben ihrer Zeitgenoss­en überlebt hat. Immerhin hat sie einen sicheren Platz gefunden, hier im Moorund Bauernmuse­um in Benthullen. Das Licht der Welt erblickt und viele Jahrzehnte die Menschen kommen und geckend

hen sehen, der eine trank nach Feierabend mehr, der andere weniger, hat die Kneipe in Bremen, Stadtteil Hastedt.

Ein dicker Betonbrock­en

Doch irgendwann war auch in Hastedt am alten Postweg die Zeit der Kneipenbes­uche vorbei. Der ehemalige Wirt, Wilfried Lemkau, konnte und wollte nicht mehr. Gut, dass über Umwege der Kontakt zum Museumsrat des Moorund Bauernmuse­ums in Benthullen

entstand. Die Benthullen­er und Bremer wurden sich einig: Für 300 Euro wechselte das Inventar den Besitzer. „Den Tresen haben wir nur durch ein Fenster ins Freie bekommen“, erzählt Heinz-Günther Hartig. In einem Stück wurde der dicke Brocken vorsichtig mehr geschoben als getragen. Sein Sockel, das haben alle, die mit anpackten, schnell zu spüren bekommen, ist aus Beton. Keine leichte Sache.

Doch die Plackerei hat sich gelohnt, finden jetzt rückbliMus­eumsratsvo­rsitzender Jürgen Bureck und sein Team. Ansonsten wäre alles auf dem Schrott gelandet – und das hätte nicht nur Wilfried Lemkau weh getan. Zwei Urkunden, fein verglast wie kostbare Bilder, erinnern an besondere Tage. „Frau Anni Lemkau, Inhaberin der Gaststätte Bremer Maler, zum 25jährigen Geschäftsj­ubiläum und für die langjährig­e gute Zusammenar­beit“, wünschte die Hemelinger Aktien-Brauerei zum Jubiläum. Das war am 1. Oktober 1981. Am gleichen Tag, 15 Jahre danach, gratuliert­e die Haake-Beck-Brauerei Lemkaus Gaststätte zum 40jährigen Bestehen.

Präsentati­on erst später

Zurück in der Gegenwart: Wegen der Corona-Epidemie bleibt das Benthullen­er Museum auf unbestimmt­e Zeit geschlosse­n. Der Pfingstspa­ß im Moor ist bereits abgesagt worden. Auch an normalen Wochenende­n sieht sich das kleine Team Ehrenamtli­cher nicht in der Lage, die ganzen Sicherheit­sauflagen zu erfüllen. „Wir bekommen hauptsächl­ich Gruppen zu Besuch“, erklärt Hartig. Angesichts der engen Treppenauf­gänge und mangels einer Möglichkei­t, einen Rundkurs einzuricht­en, bleibe nur, auf normale Zeiten zu warten.

Spätestens dann will auch der Bremer Wilfried Lemkau mit seiner Familie dem Benthullen­er Museum einen Besuch abstatten. Ein kühles Bier zapfen wie früher wird er allerdings nicht mehr können: Die Kneipe bleibt ein Ausstellun­gsstück. Ein kleines Geheimnis sei an dieser Stelle verraten: Der letzte Wirt, wie die kleine Kneipe jetzt im besten Seniorenal­ter und Großvater, ist in Benthullen immer vor Ort. Das Gemälde an der Wand zeigt ihn, wie er als kleines Kind ausgesehen hat.

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BILDER: WERNER FADEMRECHT Jürgen Bureck (2. v. l.) und sein Team nehmen Platz.Getränke werden nicht fließen.

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