Komm, nimm mich
Eine großartige Ausstellung läuft derzeit in der Kunsthalle Wilhelmshaven. Skulpturen mikroskopisch kleiner Strahlentierchen bevölkern der Raum. Eigentlich unsichtbar. Der Künstler hat sie nun überdimensioniert groß dargestellt. Eine schöne Welt, fast eine Unterwasserwelt. Wochenlang war die Ausstellung unsichtbar für alle Augen.
„Komm nimm mich“, so heißt die Ausstellung. In Zeiten von Corona war auch die Kunsthalle geschlossen. Nun ist sie wieder geöffnet. Die Kunsthalle nahm die Vorlage des Titels auf und mutig beschlossen Kunsthallenleiterin und Künstler am Beginn der Krise: Bevor die Objekte jetzt in der Kunsthalle vor sich hin stauben.
Lasst die Kunst frei und bringt sie in die Häuser der Menschen. Und so wurden die Objekte ausgeliehen. Dutzende kleine Kunsthallen entstanden dadurch in Wilhelmshaven. Kunst zum Anfassen und Ausleihen.
In Zeiten von Corona frage ich mich: Kann man Glauben auch ausleihen? Mir fällt die Taufe ein. Wenn wir kleine Kinder taufen, dann übernehmen Paten stellvertretend für die sprachlosen Kinder das Ja.
Sie borgen sozusagen ihren Glauben und erzählen den Kindern von dem, was für sie wichtig ist, begleiten sie mit ihrem Glauben, stehen dafür ein, dass sie im Glauben groß werden.
In Zeiten von Corona habe ich noch mehr gelernt: auch Glaube ist ausleihbar. Glaube verschwindet nicht ohne die Kirchengebäude.
Glaube sucht sich seinen Weg. Karten, Telefonate, digitale Posts und Clips. Glaube tauchte in diesen Wochen immer wieder neu auf. Wir leihen uns bei anderen von ihrem Glauben.
Und wir leihen selbst auch immer wieder anderen von unserem Glauben. Auch dazu sind Gemeinde und Kirche da. Ausleihen heißt sich gegenseitig stärken und einfach da sein.