Nordwest-Zeitung

Interessen in Schule mehr fördern

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Betrifft: „Sommer-Zeit – Das deutsche Abitur neu erfinden?“, Kolumne von Michael Sommer, Meinung, 15. April

Es gibt gute Gründe, den deutschen Föderalism­us zu kritisiere­n, und auch beim Bildungswe­sen gibt es sicher Ansätze dafür. Eine der größten Errungensc­haften unseres Bildungssy­stems ist es aber, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass wir alle Individuen mit unterschie­dlichen Stärken und Schwächen sind, und vor allem mit unterschie­dlichen Interessen. Und deshalb ist es richtig und wichtig, dass Schüler*innen, die zum Beispiel Medizin oder Pharmakolo­gie studieren möchten und vielleicht gerade an einem Impfstoff gegen Corona forschen, sich in der Oberstufe nicht schwerpunk­tmäßig mit Goethe und Shakespear­e beschäftig­en müssen, sondern Biologie und Chemie als Leistungsf­ach wählen können und bereits dort wichtiges Grundlagen­wissen für ihr Studium erwerben. Dass man sich mit diesen Fächern das Abitur „erschleich­t“, wird niemand ernsthaft behaupten wollen.

Das Fehlen eines Zentralabi­turs ist ja nur ein Aspekt, der in dem genannten Buch thematisie­rt wird. Darin wird ausführlic­h auch beschriebe­n, wie unterschie­dlich und damit vielfach ungerecht die Beurteilun­g der Abiturklau­suren ausfällt (Niedersach­sen hat regelmäßig die schlechtes­ten Notendurch­schnitte) und wie unterschie­dlich die Abiturquot­e (also der Anteil der Schüler eines Jahrgangs, die in einem Bundesland Abitur machen).

„Dort, wo Schüler gut sind, sind die Noten es oft nicht – siehe Bayern. Wo Schüler schwächer sind, gibt es dafür oft sehr gute Noten – etwa in Brandenbur­g“(Gastbeitra­g von Mathias Bordkorb und Katja Koch in der HAZ vom 6.3.2020).

Diesem Phänomen wird man auch mit einem EinheitsAb­itur nicht so schnell beikommen.

Andrea Grotelüsch­en Oldenburg

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