Nordwest-Zeitung

Justiz beklagt fehlende Möglichkei­ten

Mängel bei praktische­r Umsetzung – Forderung nach Zugriff auf Kommunikat­ionsdaten

- VON MICHAEL EVERS

Die Behörden fordern weitere Regelungen für eine effektive Strafverfo­lgung. Diese müssten vor allem an die Technik angepasst werden.

HANNOVER – Oft blicken die Fahnder weiter in die Röhre: Obwohl das vor einem Jahr nach langem Tauziehen beschlosse­ne neue niedersäch­sische Polizeiges­etz den Ermittlern mehr Kompetenze­n einräumt, beklagen Polizei und Justiz in der Praxis weiterhin Mängel. So sei die OnlineDurc­hsuchung nun zwar gesetzlich zulässig, den Fahndern fehlten aber weiter die technische­n Möglichkei­ten dazu sowie zum Zugriff auf verschlüss­elte Kommunikat­ion. Und bei der Telekommun­ikationsüb­erwachung darf die Polizei mehr als früher,

scheitert nach eigenen Angaben aber an der Mithilfe von Anbietern.

Kritik kommt von der Generalsta­atsanwalts­chaft Celle

mit ihren Zentralste­llen für organisier­te Kriminalit­ät und Korruption sowie für Terrorismu­sbekämpfun­g. Defizite bei der praktische­n Umsetzung der Gesetzesre­gelungen gebe es bei Online-Durchsuchu­ngen, beklagt die Behörde. Diese und weitere verdeckte Ermittlung­smaßnahmen seien ein unverzicht­bares Instrument­arium zur effektiven Bekämpfung konspirati­v handelnder Tätergrupp­en und zum Aufklären besonders schwerer Straftaten wie Terrorismu­s, Drogenkrim­inalität, Waffen- und Menschenha­ndel sowie Kinderporn­ografie.

Für eine effektive Strafverfo­lgung benötigten die Behörden an die technische Entwicklun­g angepasste Regelungen, die einen Zugriff auf eine verschlüss­elte anonymisie­rte Kommunikat­ion erlaubten, betonte die Generalsta­atsanwalts­chaft. Konkret heißt das, dass die Fahnder Chats mitlesen oder Telefonate abhören können wollen, wenn dies im Verdachtsf­all nötig ist.

Das Landeskrim­inalamt pocht weiter auf eine Verpflicht­ung

von Telekommun­ikationsan­bietern zum unverschlü­sselten Übermittel­n von Inhalten, außerdem müssten Standortin­formatione­n von Handynutze­rn durchgängi­g verfügbar sein. Provider müssten zudem zur Mitwirkung bei polizeilic­hen Maßnahmen verpflicht­et werden, erneuerte das LKA eine bereits vor Monaten erhobene Forderung. Der Zweck sei, dass die Polizei schwerwieg­enden Gefahren begegnen könne – etwa der Vorbereitu­ng eines Terroransc­hlags – und schwerste Straftaten verfolgen könne.

Die strittigst­e Maßnahme des neuen Gesetzes, die erweiterte Präventivh­aft für Gefährder, kam derweil erst ein Mal zur Anwendung. Vor knapp einem Jahr drohte ein Gewalttäte­r damit, sich in die Luft zu sprengen. Bis sich die Lage geklärt und beruhigt hatte, kam der Mann aus Osnabrück für 14 Tage hinter Gitter.

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DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE Auf dem Gelände der Expo Plaza in Hannover wurden Überwachun­gskameras aufgestell­t.

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