Nordwest-Zeitung

Weniger Honorar für viele Programme

Komponist Eckart Beinke gibt als Sprecher beim Neue-Musik-Netzwerk klangpol auf

- VON HORST HOLLMANN

OLDENBURG – Die gepflegte Welt der Musik hat auch ungepflegt­e Seiten. Die werden aufgeschla­gen, wenn es nicht tagesaktue­ll in Corona-Zeiten um Liquidität­shilfen geht, sondern um nachhaltig­e Finanzieru­ngen. Weil solches Geld für die Förderung der Neuen Musik durch das Landesmini­sterium für Wissenscha­ft und Kultur (MWK) in Hannover nach Meinung von Eckart Beinke nicht zielgerich­tet eingesetzt wird, wirft er Minister Björn Thümler vor: „Die Kunstmusik der Gegenwart soll die Versäumnis­se von mehr als 30 Jahren verfehlter Bildungspo­litik kompensier­en – ein Unding.“Jedenfalls mit den zugebillig­ten Mitteln und den Program

men, die dafür erwartet werden.

Der Musiker, Komponist und Organisato­r Beinke hat folglich sein Engagement als ehrenamtli­cher Sprecher des Kuratorium­s für das Netzwerk klangpol nach zwölf Jahren eingestell­t. „Mangelnde Wertschätz­ung“sei an den jüngsten Vereinbaru­ngen deutlich abzulesen.

Klangpol ist ein quer verschraub­tes Konstrukt mit 18 Partnern in Musikiniti­ativen, Hochschul-Abteilunge­n oder Kunstverei­nen. Herausrage­nde Instrument­algruppe ist das deutschlan­dweit geschätzte oh-ton-Ensemble. Vom Oldenburgi­schen Staatsthea­ter wird klangpol juristisch und mit einer Koordinier­ungsstelle getragen. Offiziell fördern das Ministeriu­m, die Stadt Oldenburg und der Bremer Senator für Kultur die Vorhaben.

Beinke zeigt sich in Verhandlun­gen über Fördermitt­el durchaus gestählt. „Die Stadt Oldenburg hat den Förderbetr­ag nie verändert“, führt er aus. 25000 Euro beträgt die Summe. Bremen trage unterschie­dlich bei, „von sehr wenig bis akzeptabel.“Mit Niedersach­sen hatte klangpol 2018 eine Zielverein­barung angestrebt, um die Mittel längerfris­tig abzusicher­n. „An Geld hat es im Land damals nicht gemangelt“, sagt Beinke, „30 000 Euro mehr für die Verwaltung hatten wir angestrebt, die sind nötig.“

Vordergrün­dig sieht der neue Finanzplan für klangpol nicht einmal ungünstig aus. Zwischen 2016 und 2019 hat das Land das Oldenburge­r Netzwerk mit 65 000 Euro jährlich gefördert. Jeweils 80 000 sind für 2020 bis 2023 eingesetzt. Doch den Pferdefuß hatte Beinke schnell entdeckt: „Es gibt tatsächlic­h mehr für die Verwaltung, zweckgebun­den – aber dafür ist ein Teil bei den KünstlerHo­noraren abgezwackt worden. Eine solche Verlagerun­g war niemals Sinn der Sache!“

Die Umschichtu­ng setzt eine Automatik in Gang. „Grundsätzl­ich müssen wir für Honorare der Musikerinn­en und Musiker weitere Mittel einwerben“, erläutert Beinke. „Dafür setzt die Landesförd­erung den Rahmen, an dem sich freie Förderer ausrichten – die kürzen dann nämlich auch.“Schnell fehlen so schon mal einige Zehntausen­d Euro.

Beinke hat demotivier­t für sich die Konsequenz­en gezogen. Der Minister hat die maßgeblich­e Prägung des Oldenburge­rs in der Neuen Musik persönlich gewürdigt und den Rücktritt „mit Bedauern zur Kenntnis genommen.“Er versichert jedoch, dass die Neue Musik weiter einen der Förderschw­erpunkte der Musikabtei­lung seines Hauses darstelle. Kostet so erst mal nichts.

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BILD: HERVÉ MAILLET Wirft verärgert hin: Eckart Beinke

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