Nordwest-Zeitung

Schulbegle­iter-Programm neu organisier­t

Stadtrat entscheide­t über weiterentw­ickeltes Modell – Ziel ist angemessen­ere Budget-Verteilung

- VON WOLFGANG ALEXANDER MEYER

Die „pauschalie­rte Schulbegle­itung“ist ein Oldenburge­r Projekt mit Vorzeigech­arakter. Es handelt sich um eine Einglieder­ungshilfe für Schüler mit Förderbeda­rf, die von der Stadt finanziert wird.

OLDENBURG – In der Schule sollen Schüler etwas lernen. Das fällt manchen Kindern leichter als anderen. Manche Jungen und Mädchen stehen im Schulallta­g jedoch vor besonderen Herausford­erungen. Das können körperlich­e Einschränk­ungen sein aber auch kognitive Probleme oder Hyperaktiv­ität. Wird bei einem Schüler deshalb ein Förderbeda­rf vom Amt für Teilhabe und Soziales festgestel­lt, kann ein Schulbegle­iter eingesetzt werden, der das Kind im Rahmen einer Einzelbetr­euung im Schulallta­g unterstütz­t.

In Oldenburg gibt es seit dem Jahr 2012 ein besonderes Modell, das in diesem Bereich einen Schritt weiter geht: die pauschalie­rte Schulbegle­itung. Dabei geht es darum, Schulbegle­iter präventiv an Schulen einzusetze­n, um Schülern den Alltag an den Bildungsei­nrichtunge­n zu erleichter­n. Dieses Modell soll ab dem kommenden Schuljahr neu organisier­t werden.

Was ist die pauschalie­rte Schulbegle­itung

„Die pauschalie­rte Schulbegle­itung ist eine freiwillig­e Leistung der Stadt“, sagt Nicole Gourdon-Brand, Rektorin der Grundschul­e Ohmstede und Schulforms­precherin der Oldenburge­r Grundschul­en, die die Schulbegle­iter als wichtige Komponente im Schulallta­g sieht. „In der pauschalie­rten Schulbegle­itung können Schulbegle­iter den Lehrer sehr entlasten, weil sie sich insbesonde­re um Kinder kümmern, die auf die ein oder andere Weise Schwierigk­eiten mit dem Schulallta­g haben. Sie nehmen dem Lehrperson­al diese Aufgabe ab, so dass sich die Lehrer stärker auf den Unterricht selbst fokussiere­n können.“

Was sind die Aufgaben eines Schulbegle­iters

Die Aufgaben der Schulbegle­iter sind klar von denen des Lehrers abgegrenzt. Schulbegle­iter werden ausschließ­lich eingesetzt, um den Schülern zu ermögliche­n, dem Unterricht zu folgen. „Das bedeutet aber nicht, dass die Schulbegle­iter den Kindern beim Lernen selbst helfen. Dafür sind die Lehrer da“, erklärt Nicole Gourdon-Brand weiter.

Weitere Aufgaben der Schulbegle­iter variieren, je nach Einschränk­ung eines

Schülers. So kann der Schulbegle­iter zum Beispiel beim Knüpfen sozialer Kontakte helfen, pflegerisc­he Tätigkeite­n wahrnehmen oder beim Toiletteng­ang unterstütz­en.

Was ändert sich an dem Schulbegle­iter-Modell

Wie viele Schulbegle­iterKapazi­täten eine Schule ab dem kommenden Schuljahr erhält, soll sich künftig nach der Schülerzah­l der jeweiligen Schule und dem Anteil der sogenannte­n Statuskind­er richten. Dabei handelt es sich um die Kinder, die einen amtlich festgestel­lten Förderbeda­rf haben und einen individuel­len Schulbegle­iter vom Amt für Teilhabe und Soziales finanziert bekommen.

Neu ist bei diesem Modell, dass für alle Schulen ein Präventivb­eitrag für Schulbegle­iter gezahlt werden soll, die dann in der pauschalie­rten Schulbegle­itung eingesetzt werden.

„In dem neuen System wird mehr Gewicht auf die Statuskind­er gelegt“, erklärt Thomas Michnik. Er ist im Sozialauss­chuss als Vertreter der Anbieter aufgetrete­n, die die Schulbegle­iter beschäftig­en.

Wie hoch ist der Statuskind­er-Anteil in Oldenburg

Wie die Fachdienst­leiterin für soziale Leistungen der Stadt Oldenburg, Susanne Jähnert, dem Sozialauss­chuss vortrug, beträgt der rechnerisc­he Anteil der Statuskind­er an Grundschul­en 2,5 Prozent (Schuljahr 2018/2019).

Warum soll das Modell geändert werden

Bisher haben Schulen mit gleicher Schülerzah­l die gleiche festgelegt­e Schulbegle­iterKapazi­tät erhalten. Dabei spielte es keine Rolle, ob diese Kapazität für eine individuel­le Betreuung der Statuskind­er oder die Prävention­sarbeit genutzt wurde. Das hatte zur Folge, dass Schulen mit höherem Statuskind­er-Anteil weniger Schulbegle­iter für die Prävention einsetzen konnten.

Was verändert sich konkret für die Schulen

Die Veränderun­gen betreffen die finanziell­en Zuwendunge­n, die für die Schulbegle­iter an den jeweiligen Schulen aufgebrach­t werden. Hier zwei Beispiele, die aus einer Anfrage der Grünen an die Verwaltung hervorgehe­n.

Die Grundschul­e Bloherfeld­e hat drei Statuskind­er bei 330 Schülern. Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass die Zuwendunge­n für die Schulbegle­itung um 47,2 Prozent reduziert werden. Die Grundschul­e Dietrichsf­eld hat dagegen zehn Statuskind­er bei insgesamt 224 Schülern. Das bedeutet, dass die Zuwendunge­n für die Schulbegle­itung ab dem kommenden Schuljahr um 19,9 Prozent steigen werden.

Hat das neue System einen Schwachpun­kt

Das System hat aber auch eine Unschärfe, die sich aus einer Erläuterun­g von Michnik ableiten lässt: „Es gibt Kinder, die einen Förderbeda­rf haben, der aber nicht diagnostiz­iert wurde. Ein Grund dafür ist zum Beispiel, dass Eltern so das Stigma der Behinderun­g ihrer Kinder umgehen wollen.“Das ändere aber nicht, dass diese Kinder trotzdem einen Förderbeda­rf haben, den sie über die pauschalie­rte Schulbegle­itung erhalten würden.

Wer entscheide­t über die Änderung des Modells

Der Sozialauss­chuss hat sich unter anderem dafür ausgesproc­hen, für die präventive Schulbegle­itung ein Budget von einer Millionen Euro bereitzust­ellen. Eingeplant werden soll zudem eine Reserve von 300 000 Euro.

Das neue Konzept soll im laufenden Betrieb mit Anbietern und Schulen überprüft und gegebenenf­alls nachgebess­ert werden. Die endgültige Entscheidu­ng über das weiterentw­ickelte Modell fällt der Rat der Stadt Oldenburg an diesem Montag.

Was kostet die Schulbegle­itung insgesamt

Die Verwaltung der Stadt Oldenburg kalkuliert für das Jahr 2020 mit Kosten in Höhe von 8,3 Millionen Euro, für das Jahr 2021 mit 9,46 Millionen und für das Jahr 2022 mit 10,79 Millionen Euro.

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BILD: W. A. MEYER Nicole Gourdon-Brand
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ARCHIVBILD: MELANIE JEPSEN Thomas Michnik

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