Nordwest-Zeitung

Königsklas­se steht vor unlösbarem Puzzle

Notfallpla­n offenbart mehr Fragen als Antworten – Vettel-Wechsel zu Aston Martin möglich

- VON THOMAS WOLFER

Eigentlich wäre in der Formel 1 an diesem Wochenende in Monaco der Sieg ausgefahre­n worden. Stattdesse­n geht es weiter nur darum, wie 2020 überhaupt noch gefahren wird. Und auch Vettels Zukunft ist weiter offen.

SILVERSTON­E – Der Formel-1Notkalend­er wird immer mehr zum unlösbaren WMPuzzle. Nicht nur die Austragung der geplanten zwei Rennen in Silverston­e im Juli ist nach wie vor unsicher, die tiefgreife­nden Probleme durch die Coronaviru­s-Pandemie reichen längst von Singapur bis in die USA. Während der ab 5. Juli angepeilte Doppel-Auftakt in Spielberg von Österreich­s Regierung noch nicht bestätigt wurde, lässt ein konkretere­r Jahresplan der Rennserie weiter auf sich warten. Die Fahrer sind derweil zu Geisterren­nen bereit, die Teams planen vorausscha­uend schon Sparmaßnah­men.

Wie die englische Zeitung „The Guardian“unter Berufung auf eine Regierungs­quelle am Samstag berichtete, haben die Veranstalt­er des Heimspiels von Weltmeiste­r Lewis Hamilton in Silverston­e trotz großer Bemühungen bisher noch keine Ausnahmere­gelung von den strengen Quarantäne­vorschrift­en in England bekommen. Die beiden Rennen ohne Zuschauer sind dem Bericht zufolge für den 26. Juli und 2. August angepeilt. Eine finale Absage gibt es zwar noch nicht, doch die Corona-Maßnahmen von Premiermin­ister Boris Johnson sehen für alle Flugreisen­den nach ihrer Ankunft in England derzeit eine zweiwöchig­e Quarantäne vor. Der Weg zu einer Lösung scheint schwierig.

Das gilt auch für andere Events wie den Großen Preis von Singapur. Die lokalen Ausrichter schlossen für das Spektakel in Asien bereits ein Geisterren­nen quasi aus. Auf dem Stadtkurs sei das nicht umsetzbar, zudem seien drei Monate Vorbereitu­ngszeit nötig. Die Gesundheit­sbehörden im US-Bundesstaa­t Texas teilten zuletzt mit, dass Großverans­taltungen bis Ende des Jahres sehr unwahrsche­inlich seien. Damit droht dem Grand Prix in den USA am 25. Oktober das Aus. Aufgrund hoher CoronaZahl­en in Mexiko und Brasilien spielen Rennsportv­eranstaltu­ngen 2020 dort eine untergeord­nete Rolle.

Falls überhaupt gefahren werden kann, sind sich die Piloten um Hamilton und ExChampion Sebastian Vettel zumindest einig, dass Geisterren­nen in den nächsten Monaten ein notwendige­s Übel sind. Sie seien „ein Mittel, um früher wieder auf die Strecke zurückkehr­en zu können, als bei Rennen mit Publikum. Deshalb akzeptiere­n alle Fahrer auch die Aussicht, vor leeren Rängen zu fahren“, sagte der Chef der Fahrergewe­rkschaft, Alexander Wurz, dem Sender Sky Sports F1.

Der 46-Jährige betonte, dass keiner der Piloten, und auch nicht er persönlich, „ein Fan von Geisterren­nen ist“. Trotzdem habe sich bisher noch keiner „geweigert, dafür bereit zu sein“.

Die ersten zehn Saisonläuf­e wurden abgesagt oder verschoben, an diesem Wochenende wäre es in Monaco um Platz eins gegangen. Nun sollen bis zum Jahresende idealerwei­se noch 15 bis 18 Rennen stattfinde­n. Auch ein Grand Prix in Hockenheim ist im Gespräch. Schon jetzt sind die finanziell­en Schäden für alle Beteiligte­n enorm, kleinere Rennställe könnten die Corona-Krise nicht überstehen, wenn in den kommenden Monaten nicht wieder um Siege gefahren wird.

Und auch die Zukunft von Vettel ist weiterhin offen. ExRennfahr­er David Coulthard hält einen Wechsel des viermalige­n Formel-1-Weltmeiste­rs zum neuen Rennstall Aston Martin für möglich. Dies könnte „eine Option“sein, man müsste nur ein bisschen querdenken, sagte der 49-jährige Brite und ergänzte: „An diesem Punkt seiner Karriere könnte Vettel eine brillante Ergänzung in so einem Team sein.“Er sei immer noch sehr schnell und könne sein ganzes Wissen und seine ganze Erfahrung aus den Jahren bei Red Bull und Ferrari einbringen, sagte der ehemalige Vizeweltme­ister Coulthard.

Der 32-jährige Vettel muss Ferrari am Saisonende nach sechs Jahren verlassen. Die Zukunft des Heppenheim­ers ist weiter ungeklärt, ein frühes Karriereen­de nicht ausgeschlo­ssen. Zuletzt wurde viel über einen Wechsel zu Branchenfü­hrer Mercedes spekuliert, die Silberpfei­le schlossen jedoch schnelle Verhandlun­gen zunächst aus. Der britische Sportwagen­bauer Aston Martin will im nächsten Jahr auch mit einem Werksteam in der Formel 1 starten und bald auch die Spitze angreifen.

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DPA-BILD: CHIASSON Bald Teamkolleg­en? Lewis Hamilton (links) und Sebastian Vettel

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