Paketlieferung per Straßenbahn
Studie zeigt Chancen und Nachteile einer Logistik-Idee auf
Die Vorteile für die Umwelt liegen auf der Hand. Aber was ist mit den Kosten?
Berlin/Bremen – Drohnen, Elektrotransporter oder Lastenfahrräder: An Ideen, wie Pakete am besten zum Kunden gebracht werden, mangelt es nicht. Vor einiger Zeit hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) eine weitere Variante ins Spiel gebracht: Per U-Bahn könnten die Lieferungen nach Betriebsschluss zu speziellen Depots, sogenannten Mikro-Hubs, gebracht werden, um von dort am nächsten Tag abgeholt und zum Kunden geliefert zu werden.
Ganz neu ist diese Version nicht. Sie wurde so oder so ähnlich in anderen Städten und Ländern bereits ausprobiert, wie nun eine Studie der Frankfurter Hochschule für angewandte Wissenschaften zeigt. Darin untersucht man die Transportmöglichkeit von Paketen in Straßenbahnen.
Ergebnis: Zumindest in Frankfurt sei das die bessere Variante im Vergleich zur UBahn, heißt es. „Als Begründung ist aufzuzählen, dass das Straßenbahnnetz über deutlich mehr Haltestellen verfügt und keine Tunnel-Abschnitte vorhanden sind.“
Die Studienautoren untersuchen mit Blick auf Frankfurt eine Variante, nach der Lastwagen die Pakete zu einer Tramstation am Stadtrand bringen. Von dort transportiert die Straßenbahn die Lieferungen in großen Transportboxen zu den Mikro-Hubs, von wo aus sie wiederum per Lastenfahrrad bis zur Haustür gebracht werden.
Diese Transportmethode brauche allerdings länger und sei teurer als die übliche Zustellung mit dem Auto, räumen die Autoren ein. „Ein zugestelltes Paket mit der Tram kostet 1,89 Euro und ein Paket mit dem konventionellen Transporter 1,62 Euro“, schreiben sie. „In Bezug auf die CO2Einsparungen liegt das Tramkonzept jedoch weit vorn.“Es könne täglich 57 Prozent CO2Emissionen einsparen.
Auch deshalb befürwortet der Interessenverband Allianz pro Schiene die Transportidee. „Die Corona-Krise heizt den Paketboom in Deutschland noch einmal an“, teilte Geschäftsführer Dirk Flege mit. „Die Politik muss den umweltund menschenfreundlichen Transport per Straßenbahn und Lastenrad fördern, um die Innenstädte zu entlasten und das Klima zu schützen.“
Wegen des wachsenden Onlinehandels nimmt das Paketmeinte volumen seit Jahren stetig zu. Immer mehr Dieseltransporter verstopfen deshalb die Straßen und die längst überlastete Infrastruktur. Weil in der Corona-Krise noch mehr Menschen online bestellen,
stieg das Transportvolumen zuletzt noch schneller.
Allerdings ging auch der Verkehr in den Innenstädten deutlich zurück. „Durch den reduzierten Straßenverkehr und die höhere Anzahl an Haltemöglichkeiten für Zustellfahrzeuge liefen Liefer- und Zustellprozesse auf der letzten Meile wesentlich flüssiger“,
der Vorsitzende des Verbands Paket und Expresslogistik, Marten Bosselmann.
Die Frankfurter Straßenbahn-Versuche begrüßte er. „Das Konzept, Trams als Zubringer zur letzten Meile zu nutzen, ist durchaus eine Möglichkeit, sofern es mit dem Einsatz von Lastenfahrrädern und Mikrodepots kombiniert wird.“Bei der Frankfurter Studie handele es sich um einen Ansatz, um Nutzen und Grenzen des Konzepts herauszufinden. Weitere Pilotprojekte gebe es derzeit nicht.
Allerdings gibt es Erfahrungswerte aus dem Ausland. Laut Studie habe es 2007 ein Modellprojekt in Amsterdam gegeben. Das Straßenbahnnetz sollte nicht nur für Fahrgäste, sondern auch für den Güterverkehr nutzbar gemacht werden. Das Projekt habe anschließend sogar eine Erlaubnis bekommen, „in vollem Umfang zu operieren“. Gescheitert ist es am Ende demnach dennoch – unter anderem an den Kosten.
„Die CoronaKrise heizt den Paketboom in Deutschland noch einmal an“
Dirk Flege Allianz pro Schiene