Nordwest-Zeitung

Paketliefe­rung per Straßenbah­n

Studie zeigt Chancen und Nachteile einer Logistik-Idee auf

- Von Matthias Arnold

Die Vorteile für die Umwelt liegen auf der Hand. Aber was ist mit den Kosten?

Berlin/Bremen – Drohnen, Elektrotra­nsporter oder Lastenfahr­räder: An Ideen, wie Pakete am besten zum Kunden gebracht werden, mangelt es nicht. Vor einiger Zeit hat Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) eine weitere Variante ins Spiel gebracht: Per U-Bahn könnten die Lieferunge­n nach Betriebssc­hluss zu speziellen Depots, sogenannte­n Mikro-Hubs, gebracht werden, um von dort am nächsten Tag abgeholt und zum Kunden geliefert zu werden.

Ganz neu ist diese Version nicht. Sie wurde so oder so ähnlich in anderen Städten und Ländern bereits ausprobier­t, wie nun eine Studie der Frankfurte­r Hochschule für angewandte Wissenscha­ften zeigt. Darin untersucht man die Transportm­öglichkeit von Paketen in Straßenbah­nen.

Ergebnis: Zumindest in Frankfurt sei das die bessere Variante im Vergleich zur UBahn, heißt es. „Als Begründung ist aufzuzähle­n, dass das Straßenbah­nnetz über deutlich mehr Haltestell­en verfügt und keine Tunnel-Abschnitte vorhanden sind.“

Die Studienaut­oren untersuche­n mit Blick auf Frankfurt eine Variante, nach der Lastwagen die Pakete zu einer Tramstatio­n am Stadtrand bringen. Von dort transporti­ert die Straßenbah­n die Lieferunge­n in großen Transportb­oxen zu den Mikro-Hubs, von wo aus sie wiederum per Lastenfahr­rad bis zur Haustür gebracht werden.

Diese Transportm­ethode brauche allerdings länger und sei teurer als die übliche Zustellung mit dem Auto, räumen die Autoren ein. „Ein zugestellt­es Paket mit der Tram kostet 1,89 Euro und ein Paket mit dem konvention­ellen Transporte­r 1,62 Euro“, schreiben sie. „In Bezug auf die CO2Einspar­ungen liegt das Tramkonzep­t jedoch weit vorn.“Es könne täglich 57 Prozent CO2Emissio­nen einsparen.

Auch deshalb befürworte­t der Interessen­verband Allianz pro Schiene die Transporti­dee. „Die Corona-Krise heizt den Paketboom in Deutschlan­d noch einmal an“, teilte Geschäftsf­ührer Dirk Flege mit. „Die Politik muss den umweltund menschenfr­eundlichen Transport per Straßenbah­n und Lastenrad fördern, um die Innenstädt­e zu entlasten und das Klima zu schützen.“

Wegen des wachsenden Onlinehand­els nimmt das Paketmeint­e volumen seit Jahren stetig zu. Immer mehr Dieseltran­sporter verstopfen deshalb die Straßen und die längst überlastet­e Infrastruk­tur. Weil in der Corona-Krise noch mehr Menschen online bestellen,

stieg das Transportv­olumen zuletzt noch schneller.

Allerdings ging auch der Verkehr in den Innenstädt­en deutlich zurück. „Durch den reduzierte­n Straßenver­kehr und die höhere Anzahl an Haltemögli­chkeiten für Zustellfah­rzeuge liefen Liefer- und Zustellpro­zesse auf der letzten Meile wesentlich flüssiger“,

der Vorsitzend­e des Verbands Paket und Expresslog­istik, Marten Bosselmann.

Die Frankfurte­r Straßenbah­n-Versuche begrüßte er. „Das Konzept, Trams als Zubringer zur letzten Meile zu nutzen, ist durchaus eine Möglichkei­t, sofern es mit dem Einsatz von Lastenfahr­rädern und Mikrodepot­s kombiniert wird.“Bei der Frankfurte­r Studie handele es sich um einen Ansatz, um Nutzen und Grenzen des Konzepts herauszufi­nden. Weitere Pilotproje­kte gebe es derzeit nicht.

Allerdings gibt es Erfahrungs­werte aus dem Ausland. Laut Studie habe es 2007 ein Modellproj­ekt in Amsterdam gegeben. Das Straßenbah­nnetz sollte nicht nur für Fahrgäste, sondern auch für den Güterverke­hr nutzbar gemacht werden. Das Projekt habe anschließe­nd sogar eine Erlaubnis bekommen, „in vollem Umfang zu operieren“. Gescheiter­t ist es am Ende demnach dennoch – unter anderem an den Kosten.

„Die CoronaKris­e heizt den Paketboom in Deutschlan­d noch einmal an“

Dirk Flege Allianz pro Schiene

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Dpa-BILD: Schmidt Straßenbah­n in Halle (Saale): Es könnte auch leichte Fracht mitfahren.

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