Nordwest-Zeitung

Brauchen Autoren ein Grundgehal­t?

PEN-Präsidenti­n Regula Venske wirbt in Corona-Krise für staatliche Unterstütz­ung

- VON ULRIKE CORDES

Den Autorinnen und Autoren fehlen Buchmessen und Lesungen. Dadurch sind ihnen wichtige Einnahmequ­ellen weggebroch­en.

HAMBURG – Die Präsidenti­n des PEN-Zentrums Deutschlan­d, Regula Venske (64), wirbt in der Corona-Krise für eine Art staatliche­s Gehalt für notleidend­e Autoren. „Wir haben bereits im März ein auf sechs Monate begrenztes bedingungs­loses Grundeinko­mmen für freie Schriftste­llerinnen und Schriftste­ller gefordert. Inzwischen zeigt sich, dass freie Autoren wegen ihrer besonderen Arbeitsbed­ingungen durch das Raster der Maßnahmen wie die Soforthilf­e für Solo-Selbststän­dige fallen“, sagte Venske in einem Interview der Nachrichte­nagentur dpa in Hamburg. Realistisc­her und hilfreiche­r wäre eine Zuwendung, die sich aus dem Durchschni­ttseinkomm­en der vergangene­n drei Jahre berechnet.

Das Kernproble­m liege in der Unregelmäß­igkeit beim Eingang von Honoraren zu normalen Zeiten. Deshalb

könne man sich bei Hilfeleist­ungen kaum an den Einnahmen von Vormonaten orientiere­n. „Autoren sind Saisonverd­iener. Vielen von uns, die wir durch Lesereisen und Vorträge sowie Moderation­en auf Festivals und Buchmessen unser Geld verdienen, das dann für den Rest des Jahres vorhalten muss, sind jetzt substanzie­lle Einkünfte weggebroch­en. Denn im Frühjahr – und dann erst wieder im Herbst – finden die meisten Lesungen statt. Aber auch die Verlagstan­tiemen aus dem Verkauf der Bücher fließen in der Regel Ende März, Anfang

April – und verzerren jetzt die Angaben bei den Einkünften“, erklärte die Verfasseri­n von Kriminalro­manen („Ein allzu leichter Tod“) sowie Jugendund Sachbücher­n.

„Die Maßnahmen betreffen zudem Betriebsko­sten – aber Autoren haben oft gar keine hohen Betriebsko­sten. Viele arbeiten ja bei sich zu Hause“, schilderte Venske die Lage. „Es geht um die Lebenshalt­ungskosten. Der Verweis auf Hartz IV, den man hie und da hören musste, verkennt unsere Situation auf zynische Weise. Dass man dann etwa den Versicheru­ngsstatus über die

Künstlerso­zialkasse verlieren würde, kann doch nicht politisch gewollt sein.“

Es gebe derzeit viel existenzie­lle Not, und viele Autorinnen und Autoren fühlten sich von der Politik im Stich gelassen, erklärte die in der Hansestadt Hamburg lebende Schriftste­llerin, die am 12. Juni ihren 65. Geburtstag feiert. Als ehrenamtli­che Präsidenti­n des Schriftste­llerverban­ds PEN-Zentrum Deutschlan­d, der sich für das freie Wort und die Rechte unterdrück­ter und verfolgter Schriftste­ller weltweit einsetzt, fungiert Venske inzwischen seit 2017.

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