Sauberes Wasser für Asha Vihar
Oldenburger Ehepaar unterstützt den „Ort der Hoffnung“in Indien
Mehr als 1000 Liter kann der mitgebrachte Filter am Tag reinigen. Für die Menschen vor Ort bedeutet das sauberes Trinkwasser über das ganze Jahr.
ASHA VIHAR/ETZHORN – In der Savanne des Bundeslands Jharkhands im Norden Indiens liegt „Asha Vihar“rund 300 km westlich von Kalkutta. Übersetzt bedeutet der Name „Ort der Hoffnung”. Dort wurde 1995 von der Deutschen Claudia Zechel ein Entwicklungshilfeprojekt auf den Weg gebracht, zu dem auch ein Krankenhaus gehört, in dem Menschen mit Schulmedizin, Akupunktur, Homöopathie, Ayurveda und Physiotherapie behandelt werden.
Zu Asha Vihar gehört auch ein Waisenheim, in dem zurzeit 34 Kinder und Jugendliche leben. Ebenso wird durch die Angestellten des Krankenhauses Hilfe in den umliegenden Dörfern geleistet, um die gesundheitliche Situation der armen Menschen in den entlegensten Regionen zu verbessern. Schließlich gibt es ein OP-Camp, bei dem Kinder mit starken Deformationen der Füße und Beine, wie operiert werden. Asha Vihar ist von der WHO als Ausbildungsstätte für Akupunktur anerkannt. Claudia Zechel hat für ihr Engagement das Bundesverdienstkreuz erhalten.
Das Wasserprojekt
In Asha Vihar werden Brunnenund Flusswasser genutzt. In der Trockenzeit wird das ohnehin schon unsauber aussehende Flusswasser knapp und die Pegel in den Brunnen sinken. Die Qualität des Wassers, das erst nach Abkochen trinkbar ist, wird schlechter.
Mit einem Filtersystem im Gepäck ist das Ehepaar Arno und Martina Traut aus Oldenburg nach Asha Vihar gereist. Der Lions Club Oldenburg Willa Thorade hat dieses Filtersystem mit Namen „Paul“nebst Zubehör gespendet. „Paul“ist ein sogenannter Membranfilter mit kompakten Abmessungen, in der Grundfläche 50 mal 50 Zentimeter und rund 1,1 Meter hoch. Er ist gut zu transportieren und wird gerne in Krisengebieten, zum Beispiel nach Überschwemmungen und Erdbeben eingesetzt.
Überall kann mit dem System ganz einfach und ohne Strom oder Chemikalien Wasser zu Trinkwasser gefiltert werden. Der Filter reicht aus, um bis zu 500 Personen zu versorgen. Täglich können so 1000 bis 1200 Liter Trinkwasser gewonnen werden. Die Handhabung und Betreuung sind so einfach, dass der Filter auch von Analphabeten ohne jede Vorkenntnis bedient werden kann. „Paul“ist eine Erfindung der Uni Kassel und wird in einer Behindertenwerkstatt hergestellt.
Gleich nach der Ankunft ins Asha Vihar wurde mit den Verantwortlichen vor Ort ein
zentraler Standort für die Filteranlage ausgemacht, der es ermöglicht, Kranken und ihren Angehörigen, den Bewohnern des Kinderheims sowie den Bediensteten mit ihren Familien sich mit gutem Trinkwasser zu versorgen. Schon am nächsten Tag wurden die Vorbereitungen zum Bau eines Filterturmes begonnen. Ein Plan für einen Turm mit drei Ebenen war schnell angefertigt: auf der oberen Ebene die Aufstellung eines Rohwasser-Tanks, in der mittleren Ebene die Aufstellung des Filters „Paul“und in der unteren Ebene die Aufstellung eines Trinkwasser- Vorratsbehälters.
Künftig soll Wasser aus einem nahegelegenen Tiefbrunnen per Pumpe in den Rohwasserbehälter auf der obersten Ebene gefördert werden. Dann durchläuft es „in freiem Gefälle“ohne weiteres Pumpen den Filter „Paul“, bevor es als Trinkwasser in den unten stehenden Vorratsbehälter läuft. Aus diesem kann schließlich über einen Zapfhahn das gefilterte Trinkwasser abgefüllt werden.
Der Turm wurde mit einfachsten Mitteln erbaut, der Beton von Hand gemischt. Frauen sorgten für den Transport. Ziegelsteine für das
Mauerwerk wurden auf dem Kopf herangeschleppt. Heimischer Bambus wurde zum Gerüstbau verwendet.
Das Bau-Team hat zügig und mit hohem Einsatz sogar am Wochenende gearbeitet. Alle Achtung! Arno Traut freut sich, dass mit der Spende vom Lions Club Oldenburg Willa Thorade diese wichtige Filteranlage in Betrieb gehen kann. Damit kann allen Menschen im Camp Asha Vihar über das ganze Jahr hinweg sauberes Trinkwasser zur Verfügung gestellt werden. Im vergangenen Jahr konnte ebenfalls durch Spenden eine Reha-Klinik für Schmerz- und Neurorehabilitation gebaut werden, ein weiteres Herzstück von Asha Vihar und erstes Zentrum seiner Art in Indien.
Schutz vor Armut
Wer in Indien durch einen Schlaganfall oder Unfall orthopädische oder neurologische Schäden erleidet, bekommt dort, je nach finanziellen Möglichkeiten, eine mehr oder weniger adäquate Akutbehandlung. Eine nachgelagerte Behandlung zur Rehabilitation findet meist nur sehr unzureichend oder gar nicht statt. Das indische Gesundheitssystem hat dazu noch
Westlich von Kalkutta: Asha Vihar in Indien.
keine wirklich geeigneten Therapieformen oder gar Therapiezentren zur Wiedereingliederung solcher Patienten. Die Folgen für den Patienten und deren Familien sind meist katastrophal und enden nicht selten in Armut.
Die Rehabilitationstherapie hat ihren Ursprung in Deutschland und damit verbunden ein weltweit anerkanntes medizinisches Wissen und Erfahrung. Dieses Wissen und die Erfahrung soll jetzt in Asha Vihar genutzt werden, um Patienten eine Möglichkeit zur Wiedereingliederung in ihren Alltag oder Beruf zu ermöglichen. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Ehepaar durch langjährigen Erfahrungen in Traditioneller Chinesischer Medizin und Ayurveda auf diesem Gebiet breit aufgestellt ist und so „ganzheitlicher“arbeiten kann.
Martina Traut hat bereits in einigen Jahren zuvor viele Patienten des OP-Camps in Asha Vihar versorgt und meint: „Während des diesjährigen Einsatzes in der Rehaklinik konnte ich Patienten in der Massage- und Ergotherapie unterstützen. Durch den ganzheitlichen, komplementären Therapieeinsatz haben die Patienten so sehr profitiert und für sich selbst so wertvolle Fortschritte gemacht, dass sie hochmotiviert zu den täglichen Behandlungen kamen. Und auch für mich persönlich war es dadurch eine sehr bereichernde, wertschätzende Arbeit!“
Der Andrang von Reha-Patienten ist jetzt schon so groß, dass mit Wartelisten gearbeitet werden muss. Auch der Zuspruch von Ärzten und größeren Krankenhäusern ist groß, da es an solchen Einrichtungen komplett fehlt.
Die Corona-Pandemie ist auch in Indien sehr präsent und führt zu wirtschaftlichen, ökonomischen und sozialen Desastern. Auch Asha Vihar unterliegt mit allen Mitarbeitern einer Ausgangssperre. Auch dürfen keine Patienten aufgenommen und therapiert werden. Das führt zu enormen Einnahmeverlusten. Ausgaben bleiben dennoch. Mitarbeiter wurden nicht entlassen und erhalten weiter ihre Löhne.
In der Umgebung von Asha Vihar finden die meisten Menschen nur als Tagelöhner Arbeit und leben so von der Hand in den Mund. Durch den Lockdown bricht ihnen jetzt die komplette Lebensgrundlage weg und ihre sowieso schon prekäre Situation führt in eine Katastrophe. Asha Vihar verteilt Essenspakete in den umliegenden Dörfern, so dass die Familien und Alten zumindest nicht hungern.
In einem Paket, das etwa sechs Euro kostet, sind vier Kilo Reis, vier Kilo Mehl, 250 Milliliter Öl, grünes Gemüse, Linsen, Salz und Seife enthalten. Es reicht für eine Person drei bis vier Wochen. Familien brauchen mindestens drei Pakete. Als NGO (Nichtregierungsorganisation) finanziert sich Asha Vihar über Spenden.
Mehr Informationen unter www.ashavihar.com