Sie kämpfen für Normalität und Gleichstellung
35 Jahre „Na Und – Queeres Leben in Oldenburg“– Verein gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie
Von der homosexuellen Community zum Zentrum für Menschen verschiedener geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen. Doch wie steht es um Anerkennung und Verständnis in Oldenburg?
ZIEGELHOFVIERTEL – Homosexualität wurde nicht nur lange als Krankheit bezeichnet, sondern auch als Straftat. Heute sieht das anders aus. Denn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entschied vor 30 Jahren ,17. Mai, es von ihrer Liste der Krankheiten zu streichen. Rund vier Jahre später wurde der Paragraf 175, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte, aufgehoben.
Der 17. Mai ist dabei ein Datum mit Bedeutung geworden. Denn er gilt seit 2005 als Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie. Doch für einige Oldenburger ist dieser Tag noch aus einem anderen Grund ganz besonders: Denn vor 35 Jahren wurde hier das Schwulen- und Lesbenzentrum gegründet, dass heute „Na Und – Queeres Leben in Oldenburg“heißt.
„Die damals aktiven Leute wollten sich nicht weiter nur ,so‘ treffen, sondern etwas für die homosexuelle Community bewegen sowie Aufklärung, Sichtbarkeit, Abbau von Vorurteilen, Trefforte und Kontaktmöglichkeiten schaffen“, so Vorstandsmitglied Christian von Manikowsky. Dass die Gründung genau auf den 17. Mai fällt, war kein Zufall, wie von Manikowsky sagt. „Das war eine bewusste Anspielung auf den Paragrafen 175.“
Oldenburg sehr offen
Neben dem Tag der Gründung des Vereins ist der 17. Mai für die Mitglieder aus internationaler Sicht wichtig. Denn während für sie jeder Tag ein Tag ist, an dem sie sich gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie einsetzen, schafft der 17. Mai internationale Aufmerksamkeit und macht sichtbar, dass es immer noch Ausgrenzung und Diskriminierung in bestimmten Bereichen und Regionen gibt.
Als Beispiel nennt Kim König, ebenfalls Vorstandsmitglied, Polen. Dort wird die LSBTIQ-Community nicht nur weitestgehend nicht akzeptiert, es gibt sogar LSBTIQfreie Zonen. „Wir schauen auf Homo-/Bi- und Transphobie oftmals mit einer ,Brille der
Schulen behandelt wird und zwar nicht nur in Form des Über-etwas-Sprechens, sondern mit direktem persönlichen Kontakt“, erklärt König.
Inklusives Zentrum
Dass die WHO überhaupt Homosexualität als Krankheit bezeichnet hat, findet König völlig unpassend und abwegig. „Auch die Frage einer Therapie dieser angeblichen ,Krankheit‘ stellt sich nicht. Trotzdem stimmte der Deutsche Bundestag zum Beispiel erst diesen Monat einem Teilverbot von Konversionstherapien zu“, sagt König. Sie fügt hinzu: „Das öffentliche Bild von Krankheit/Gesundheit lässt sich durchaus auf die Situation von trans- oder auch intergeschlechtlichen Menschen anwenden. Auch da geht es um einen Kampf um Normalität und Gleichstellung, nur eben auf der geschlechtlichen und nicht auf der sexuellen Ebene.“
Auch für diese Menschen hat der Verein die Türen weit geöffnet. Denn er versteht sich schon lange als inklusives Zentrum für Menschen verschiedener geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen. „Ebenso wie wir nicht aus der heteronormativen Gesellschaft ausgeschlossen werden wollen, möchten wir selbst nicht andere ausschließen, die ebenso in den Raum der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt gehören, wie Lesben und Schwule“, erklärt König.
Gefühl von Verständnis
Wie wichtig der Verein für diese Menschen ist, sagt eine Person aus der Trans-Gruppe, die anonym bleiben möchte: „Für mich war die Trans-Gruppe im letzten Jahr sehr wichtig, weil ich mich als TransMensch ohne Passing jeden Tag erklären musste, wenn ich nicht misgendert werden wollte. Was jedoch trotzdem ständig passierte. Somit war ich in sozialen Interaktionen ständig angespannt. In der Gruppe konnte ich diese Anspannung für einen Abend loslassen und unter Menschen sein, denen es genauso geht.“
Diese Offenheit findet sich ebenfalls im neuen Namen wieder: „Eine mögliche Definition von ,queer’ ist der Oberbegriff für alle sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten, die sich jenseits der Heterosexualität oder der Cis-Geschlechtlichkeit einordnen“, erklärt König. Die Namensänderung soll damit verdeutlichen, dass das Zentrum für alle offen ist.