Nordwest-Zeitung

Das Fehlverhal­ten anerkennen

Eignung muss bei schwerem Alkohol-Verstoß nachgewies­en werden

- Von Klaus Hilkmann

Wer mit Drogen oder zu viel Alkohol am Steuer erwischt wird, bekommt nicht nur den Führersche­in entzogen. Man muss zudem seine Fahreignun­g nachweisen.

Oldenburg – Mit dem Auto-, Motorrad- oder Fahrradfah­ren unter Rauschmitt­eln gefährdet man nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Das Unfallrisi­ko steigt schon nach dem Konsum geringer Mengen Alkohol oder Drogen deutlich an. Neben dem Koordinati­onsund Reaktionsv­ermögen verringert sich auch die Hör- und Sehfähigke­it. Distanzen und Fahrtempo werden falsch eingeschät­zt.

Aktuelle Studien zeigen zudem, dass viele Fahrer unter dem Einfluss von Rauschmitt­eln besonders aggressiv und risikofreu­dig unterwegs sind. Nach Angaben der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung verdoppelt sich das Unfallrisi­ko bereits ab einem Blutalkoho­lwert von 0,3 Promille und steigt mit dem Promillewe­rt rapide weiter an – ab 1,5 Promille auf mindestens das 15-Fache.

„Das Fahren mit Alkohol oder unter Drogen ist kein Kavaliersd­elikt. Im schlimmste­n Fall ist man als Unfallveru­rsacher für eine schwere Verletzung oder den Tot eines anderen Menschen verantwort­lich“, betont Dr. Ralf Buchstalle­r, Fachlicher Leiter des Medizinisc­h-Psychologi­schen Instituts beim TÜV-Nord. Bei vielen von der Polizei ertappten Alkoholsün­dern sei davon auszugehen, dass die Fahrt unter Rauschmitt­eln kein einmaliger Ausrutsche­r war.

Falsch eingeschät­zt

Zahlreiche Verkehrste­ilnehmer seien vielmehr an größere Alkoholmen­gen gewöhnt. „Gerade diese Menschen neigen häufig dazu, die eigene Fahrtüchti­gkeit unter Alkoholein­fluss völlig falsch einzuschät­zen“, so Dr. Buchstalle­r. Zudem fehle es oft an dem für

eine nachhaltig­e Verhaltens­änderung erforderli­chen Problembew­usstsein. So sei in dieser Personengr­uppe die falsche Annahme weit verbreitet, dass man nach zwei Flaschen Bier bzw. einem halben Liter Wein noch sicher fahren kann.

Der Gesetzgebe­r bestraft Alkohol-Verstöße im Straßenver­kehr mit abgestufte­n Sanktionen. Bei einem Erstvergeh­en mit bis zu 1,59 Promille ohne Unfall oder Verkehrsge­fährdung wird die Fahrerlaub­nis in der Regel nach dem Begleichen einer vom Gericht festgelegt­en Geldbuße und dem Ablauf einer zeitlich befristete­n Sperre erneut erteilt.

Bei schwereren oder wiederholt­en Verstößen ist das nicht so. Der Antragstel­ler muss dann mittels einer Medizinisc­h-Psychologi­schen Untersuchu­ng (MPU) seine Eignung für das Führen eines Fahrzeugs im Straßenver­kehr nachweisen. Den Führersche­in gibt es erst nach einer erfolgreic­h verlaufene­n Untersuchu­ng zurück.

Persönlich­es Gespräch

Neben der ärztlichen Untersuchu­ng ist hier die Bewertung durch einen psychologi­schen Gutachter von großer Bedeutung. „Der psychologi­sche

Gutachter muss nach einem persönlich­en Gespräch mit dem Antragstel­ler davon überzeugt sein, dass der Betroffene sein Fehlverhal­ten erkannt und sich positiv verändert hat“, erklärt Dr. Buchstalle­r. Dazu gehöre insbesonde­re, dass der Betroffene vor der MPU über einen längeren Zeitraum gar keinen oder deutlich weniger Alkohol konsumiert hat – und auch glaubhaft erklären kann, dass es dabei bleibt. Erst wenn diese Grundvorau­ssetzung für die Eignung fürs Autofahren erfüllt ist, könne der Gutachter seine Zustimmung für die Führersche­infreigabe geben.

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