Nordwest-Zeitung

Chöre kritisiere­n Haltung des Krisenstab­s

Leiterin aus Edewecht widerspric­ht Politikern – „Behauptung­en anmaßend“

- VON DIETER SELL UND MICHAEL GRAU

EDEWECHT/HANNOVER – Aktive von Chören aus dem Nordwesten haben in einem offenen Brief Aussagen des CoronaKris­enstabs der niedersäch­sischen Landesregi­erung zum Singen in Chören scharf kritisiert. Die in diesem Zusammenha­ng vorgebrach­ten Argumente halten die Unterzeich­ner „nicht für tragfähig“. Adressat des Briefes ist die Vize-Chefin des Krisenstab­s, Claudia Schröder, die kürzlich gesagt hatte, Chöre und Gesangvere­ine müssten sich in der Corona-Krise noch mehrere Monate gedulden, bis sie

wieder gemeinsam singen könnten. Schröder hatte ausgeführt, beim Singen baue sich ein solcher Luftdruck auf, dass die Viren, die in kleinsten Tröpfchen gefangen seien, beim Ausatmen bis zu 30 Meter weit ausgestoße­n würden.

Chorleiter­in Dagmar Lorenz aus Edewecht (Landkreis Ammerland) widerspric­ht und verweist auf Studien, nach denen Abstände von 1,50 oder zwei Metern empfohlen werden und ausreichen­d sind, um das Infektions­risiko zu minimieren. Sie zitiert in diesem Zusammenha­ng Untersuchu­ngen der Universitä­t der Bundeswehr in München und der Hochschule für Musik in Freiburg. Bisher sei in der öffentlich­en Diskussion davon ausgegange­n worden, dass Aerosole sich beim Singen etwa drei Meter weit von der singenden Person in den Raum hinein bewegten. Der zehnfache Wert habe „unseres Erachtens keinen Bezug zur Realität“, kritisiert­e Lorenz.

Die berufliche Chorleiter­in verwies überdies auf Empfehlung­en aus Freiburg, nach denen Proberäume möglichst groß sein sollten und gründlich sowie regelmäßig gelüftet werden sollten. Auch das Argument, dass Sänger einer Stimmgrupp­e eng beieinande­rstehen, wies sie zurück. Diese Behauptung sei „schlichtwe­g anmaßend“. Gemeinsame­s Singen in unterschie­dlichen Stimmlagen gehe auch mit Abstand.

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ARCHIV-BILD: GERHARD BRUNKEN Dagmar Lorenz leitet einen Chor.

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