Chöre kritisieren Haltung des Krisenstabs
Leiterin aus Edewecht widerspricht Politikern – „Behauptungen anmaßend“
EDEWECHT/HANNOVER – Aktive von Chören aus dem Nordwesten haben in einem offenen Brief Aussagen des CoronaKrisenstabs der niedersächsischen Landesregierung zum Singen in Chören scharf kritisiert. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente halten die Unterzeichner „nicht für tragfähig“. Adressat des Briefes ist die Vize-Chefin des Krisenstabs, Claudia Schröder, die kürzlich gesagt hatte, Chöre und Gesangvereine müssten sich in der Corona-Krise noch mehrere Monate gedulden, bis sie
wieder gemeinsam singen könnten. Schröder hatte ausgeführt, beim Singen baue sich ein solcher Luftdruck auf, dass die Viren, die in kleinsten Tröpfchen gefangen seien, beim Ausatmen bis zu 30 Meter weit ausgestoßen würden.
Chorleiterin Dagmar Lorenz aus Edewecht (Landkreis Ammerland) widerspricht und verweist auf Studien, nach denen Abstände von 1,50 oder zwei Metern empfohlen werden und ausreichend sind, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Sie zitiert in diesem Zusammenhang Untersuchungen der Universität der Bundeswehr in München und der Hochschule für Musik in Freiburg. Bisher sei in der öffentlichen Diskussion davon ausgegangen worden, dass Aerosole sich beim Singen etwa drei Meter weit von der singenden Person in den Raum hinein bewegten. Der zehnfache Wert habe „unseres Erachtens keinen Bezug zur Realität“, kritisierte Lorenz.
Die berufliche Chorleiterin verwies überdies auf Empfehlungen aus Freiburg, nach denen Proberäume möglichst groß sein sollten und gründlich sowie regelmäßig gelüftet werden sollten. Auch das Argument, dass Sänger einer Stimmgruppe eng beieinanderstehen, wies sie zurück. Diese Behauptung sei „schlichtweg anmaßend“. Gemeinsames Singen in unterschiedlichen Stimmlagen gehe auch mit Abstand.