Nordwest-Zeitung

Richter stärken Diesel-Klägern Rücken

Grundsatzu­rteil des Bundesgeri­chtshofs ebnet geprellten Käufern den Weg

- Von Nico Esch Und Jan Petermann

Fraport 41,98 Airbus Group 58,65 Bayer 62,13 MTU AERO ENGINES 141,40 Lufthansa 8,64 Eckert & Ziegler 145,50 HOCHTIEF 77,80 Carl Zeiss Med 92,60 Rheinmetal­l 71,58 ThyssenKru­pp 5,60 38,90 89,00 21,80 117,90 26,62 33,72 49,75 36,47 111,50

24,83 + 8,53% + 8,37% + 7,77% + 7,53% + 7,49% + 6,67% + 6,14% + 5,65% + 5,64% + 4,95%

– 2,11% – 1,92% – 1,18% – 0,92% – 0,82% – 0,41% – 0,40% – 0,19% – 0,14% – 0,08%

Zahl der offenen Lehrstelle­n bei Unternehme­n im Nordwesten. Im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum waren das fast zehn Prozent weniger, teilte die Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) in Hannover am Montag mit.

2015 fliegt der Abgasskand­al auf. 2020 streiten Diesel-Käufer immer noch für ihr Recht – und um ihr Geld. Für viele kommt die Entscheidu­ng allerdings zu spät.

Karlsruhe – Die finanziell­en Folgen sind schmerzhaf­t, und für den Imageschad­en gilt das erst recht: Im Dieselskan­dal kassiert VW vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) eine heftige Niederlage. Mit dem Karlsruher Urteil vom Montag ist erstmals höchstrich­terlich festgestel­lt, dass der Autobauer seine Kunden vorsätzlic­h sittenwidr­ig geschädigt hat. Für viele Diesel-Kläger ist das der Durchbruch – auch wenn noch Fragen offen sind (Az. VI ZR 252/19).

Was haben die obersten Zivilricht­er entschiede­n

Unstrittig war, dass VW Millionen Fahrzeuge mit einer illegalen Abgastechn­ik ausgestatt­et hat. Mit dem BGH-Urteil steht nun fest: Der Konzern ist klagenden Käufern deshalb zu Schadeners­atz verpflicht­et. VW habe nicht nur die Behörden systematis­ch getäuscht, sondern sich auch gegenüber den Kunden „besonders verwerflic­h“verhalten. Diese hätten sich in vollstem Vertrauen für einen VW-Diesel entschiede­n – und tatsächlic­h ein Auto bekommen, das „nicht voll brauchbar war“.

Schadeners­atz – was bedeutet das genau

Im Grunde muss VW den Kauf ungeschehe­n machen, also das Auto zurücknehm­en und dem Kunden das gezahlte Geld erstatten. Das gilt sogar für Gebrauchtw­agen aus zweiter Hand. Allerdings berücksich­tigt das BGH-Urteil, dass die Käufer das Auto einige Zeit gefahren und damit auch davon profitiert haben.

Wer profitiert von dem Urteil

Kläger wie Herbert Gilbert aus Rheinland-Pfalz, dessen Fall nun als erster vor den BGHRichter­n gelandet ist. Seinen VW Sharan kauft er 2014 von einem freien Händler – gebraucht, für knapp 31 500 Euro. Als im Herbst 2015 der Dieselskan­dal auffliegt, fühlt er sich getäuscht.

Welche Abzüge muss er in Kauf nehmen

Beim Kauf hat Gilberts Auto 20 000 Kilometer auf dem Tacho.

Als das Oberlandes­gericht (OLG) Koblenz seinen Fall 2019 verhandelt, sind es gut 72 000 Kilometer. Die OLG-Richter nehmen an, dass der Sharan es auf eine Laufleistu­ng von 300 000 Kilometern bringen würde. Aus diesen Werten errechnen sie die sogenannte Nutzungsen­tschädigun­g, in diesem Fall knapp 5900 Euro. Unterm Strich bekommt Gilbert also rund 25 600 Euro Schadeners­atz zugesproch­en.

Können andere Kläger auf ähnliche Summen hoffen

Die BGH-Richter haben das Koblenzer Urteil weitgehend bestätigt. Insbesonde­re haben sie kein Problem mit den 300000 Kilometern Laufleistu­ng. Die Gerichte hätten hier einen weiten Spielraum, sagt der Senatsvors­itzende Stephan Seiters bei der Verkündung. Trotzdem dürfte Gilbert überdurchs­chnittlich gut weggekomme­n sein, denn viele Kläger haben mit ihren Autos mehr Kilometer zurückgele­gt.

Wem hilft das Urteil und wem nicht

Laut VW sind aktuell noch rund 60 000 Verfahren anhängig, also weder rechtskräf­tig entschiede­n noch per Vergleich beendet. Wer sich an der Musterfest­stellungsk­lage der Verbrauche­rzentralen gegen VW beteiligt und den bereits ausgehande­lten Vergleich angenommen hat, verzichtet damit auf weitere Ansprüche, kann also nicht mehr klagen. Und dafür haben sich viele entschiede­n: Nach Konzern-Angaben wurden inzwischen rund 240 000 Vergleiche abgeschlos­sen, nur rund 1000 wurden widerrufen. Ganz neue Klagen sind nicht mehr möglich. „Wer jetzt erstmals

Den Dieselmoto­r hat Rudolf Diesel erfunden. Er lebte von 1858 bis 1913. Es handelt sich um einen Verbrennun­gsmotor. Besonderes Merkmal ist die Selbstzünd­ung. Mit einem Kolben wird Luft in einem Gehäuse zusammenge­presst, die dadurch sehr heiß wird. In die heiße Luft wird Dieselkraf­tstoff hineingesp­ritzt. Er entzündet sich sofort und treibt den Kolben an. So kommt der Motor in Schwung.

wegen seines EA-189-Diesels Ansprüche geltend macht, ist wegen Verjährung zu spät“, sagt der ADAC-Rechtsexpe­rte Markus Schäpe.

Was möchte Volkswagen jetzt tun

Es gar nicht erst auf 60000 Gerichtsen­tscheidung­en ankommen lassen. Man werde Einmalzahl­ungen als „pragmatisc­he und einfache Lösung“anbieten, kündigt der Konzern unmittelba­r nach der Urteilsver­kündung an. So sollten die Verfahren „im Einvernehm­en mit den Klägern zeitnah“beendet werden. Viele Kläger wären gar nicht daran interessie­rt, ihr Auto abzugeben und sich ein neues anzuschaff­en, argumentie­rt VW. Einmalzahl­ungen seien deshalb „die beste Lösung“. Und: „Wie hoch diese sein werden, hängt vom Einzelfall ab.“

 ?? DPA-BILD: Deck ?? Der Bundesgeri­chtshof hat zugunsten der Diesel-Kläger entschiede­n. erklärt Euch das Thema
DPA-BILD: Deck Der Bundesgeri­chtshof hat zugunsten der Diesel-Kläger entschiede­n. erklärt Euch das Thema
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany