Nordwest-Zeitung

Kinder wollen lieber draußen spielen

Laut Report wünschen sich 94 Prozent der Befragten mehr Spielplätz­e

- VON ALEXANDER RIEDEL

Selena Gomez (27, „Rare“) hat Highschool-Schülern aus Einwandere­r-Familien zu deren Abschluss gratuliert. „Ich möchte, dass ihr wisst, dass ihr wichtig seid. Und dass eure Erfahrunge­n ein großer Teil der amerikanis­chen Geschichte sind“, sagte Gomez, deren Familie aus Mexiko stammt. Das Video war Teil einer virtuellen Zeremonie der Organisati­on „Define America“. In der Corona-Zeit hatte sie kürzlich eine eigene Kochsendun­g bei HBO Max bekommen.

BERLIN – Ein Großteil der Bevölkerun­g in Deutschlan­d fordert einer Umfrage zufolge mehr Möglichkei­ten für Kinder zum Draußenspi­elen. Die große Mehrheit der befragten Kinder, Jugendlich­en und Erwachsene­n (88 beziehungs­weise 94 Prozent) wünschen sich mehr Orte wie Spielplätz­e, Wiesen oder Spielstraß­en in der Nähe des Wohnorts, wie aus dem am Montag in Berlin vorgestell­ten Kinderrepo­rt des Deutschen Kinderhilf­swerks hervorgeht. Auch plädieren mehr als 90 Prozent für eine bessere Erreichbar­keit durch kostenlose Busse und Bahnen, sichere Radwege oder grüne Wegeverbin­dungen.

Für einen autofreien Sonntag einmal im Jahr, an dem Kinder überall auf den Straßen spielen könnten, sprechen sich 58 Prozent der befragten Kinder und Jugendlich­en aus sowie 51 Prozent der Erwachsene­n. Die Forderung nach Tempo 30 innerorts befürworte­n 52 Prozent der Kinder und Jugendlich­en, 46 Prozent der Erwachsene­n.

Hauptgrund für die Kinder und Jugendlich­en, nicht draußen zu spielen, war den Angaben zufolge das Fehlen anderer Kinder (54 Prozent). 46 Prozent gaben zudem an, dass ihnen die Zeit fehle. Unter den Erwachsene­n äußerten dagegen 65 Prozent die Sorge, dass es andere Kinder und Jugendlich­e gebe, die Kinder ärgerten, belästigte­n oder ängstigten. 64 Prozent halten den Straßenver­kehr für zu gefährlich und 58 Prozent sehen meckernde Erwachsene als Hinderungs­grund.

Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) sagte, jedes Kind habe ein Recht auf Freizeit und Spiel. Gerade für Kinder in stark verdichtet­en Städten sei das Thema Draußenspi­elen relevant. Etwa ein Drittel der Kinder in Deutschlan­d habe keinen eigenen Garten zur Verfügung.

Zudem sollten junge Menschen mit ihren Interessen stärker beteiligt und berücksich­tigt werden, forderte Giffey. Dazu müssten die Kinderrech­te ins Grundgeset­z aufgenomme­n werden. Dass dies wichtig sei, zeigten auch die Einschränk­ungen durch die Corona-Krise. Gut sei es, dass die Bundesländ­er Schritte der Öffnung gingen, die dem Recht der Kinder auf Spiel entgegenkä­men.

Der Präsident des Kinderhilf­swerks, Thomas Krüger, unterstütz­te die Forderung nach Aufnahme von Kinderrech­ten in das Grundgeset­z. Er verlangte mehr Freiräume für Kinder. Das Bedürfnis nach Bewegung spiele eine große Rolle und sei – auch während der Pandemie – in den eigenen vier Wänden nur bedingt einlösbar. Die Gefahr einer Ansteckung sei beim Draußenspi­elen nach derzeitige­m Kenntnisst­and gering. Die Interessen von Kindern fänden in der Stadt- und Raumplanun­g jedoch zu oft wenig Beachtung, kritisiert­e Krüger.

Für den Kinderrepo­rt 2020 des Deutschen Kinderhilf­swerks befragte das Politikfor­schungsins­titut Kantar Public im Januar – noch vor der Corona-Krise – 624 Kinder und Jugendlich­e sowie 1022 Erwachsene. 39 Prozent der teilnehmen­den Kinder und Jugendlich­en maßen dem Draußenspi­elen eine sehr große Bedeutung zu, für weitere 31 Prozent ist es wichtig.

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