Versorgungslage spitzt sich dramatisch zu
Dr. Markus Kluth aus Stollhamm gibt kassenärztliche Zulassung ab – Da waren’s nur noch zwei
Der 59-Jährige wird weiter als Mediziner tätig sein, aber nicht als Kassenarzt. Seine Patienten müssen sich einen neuen Hausarzt suchen. In Butjadingen werden sie dabei kaum fündig werden.
Stollhamm – Seit dem Jahr 1850 gelte Stollhamm als medizinisch versorgt, sagt Dr. Markus Kluth. Seit immerhin 33 Jahren ist er es, der diese Versorgung sicherstellt. Doch damit ist nun Schluss. Der Allgemeinmediziner wird Ende Juni seine kassenärztliche Zulassung abgeben. Dann verbleiben in der Gemeinde Butjadingen mit ihren mehr als 6000 Einwohnern und Tausenden Touristen nur noch zwei Allgemeinmediziner. Helmut Scherbeitz, Geschäftsführer der Bezirksstellen Oldenburg und Wilhelmshaven der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN), bezeichnet die Situation, die damit in Butjadingen entsteht, als „dramatisch“.
Die Nachricht, dass Markus Kluth als Kassenarzt aufhört, verbreitete sich am Dienstag in der Gemeinde wie ein Lauffeuer. Der 59-jährige gebürtige Kölner, der sich bewusst auf dem Land als Arzt niedergelassen hatte, wird in Zukunft nur noch „die Medizin machen, hinter der ich stehe und die mir Freude bereitet“. Und das ist nicht die Kassenmedizin.
Markus Kluth wird weiterhin als leitender Notarzt des Landkreises Wesermarsch sowie als Kreisfeuerwehrarzt tätig sein. Und er wird auch seine Praxis in Stollhamm nicht komplett aufgeben, sondern dort noch Privatpatienten behandeln. All seine Kassenpatienten werden sich jedoch nach einem neuen Hausarzt umsehen müssen, und da werden sie in Butjadingen kaum fündig werden.
Blick nach Nordenham
Wenn Markus Kluth seine vertragsärztliche Zulassung in gut vier Wochen abgegeben hat, werden in der Gemeinde als Allgemeinmediziner noch Dr. Silke Monatz in Burhave und der bereits 80 Jahre alte Dr. Eckehard Schmalstieg in Tossens verbleiben. Beide nehmen laut KVN-Geschäftsführer Helmut Scherbeitz keine neuen Patienten mehr auf. Die Patienten von Markus Kluth werden sich also nach Nordenham orientieren müssen. Dort gebe es für Patienten noch Möglichkeiten, unterzukommen, so Helmut Scherbeitz.
Wie groß sein Stamm an Patienten und damit die Zahl der ab Juli medizinisch nicht mehr versorgten Butjenter ist, verrät Markus Kluth nicht. „Sehr groß“, sagt er nur.
Der Mediziner wäre für all diese Menschen gern weiter da gewesen – aber nicht unter den Bedingungen des derzeitigen deutschen Gesundheitssystems. Markus Kluth beklagt die vielen Reglementierungen und die immer mehr zunehmende Bürokratie, die die Politik den Ärzten „überstülpe“. Weiter eine Medizin betreiben, die ihn selbst krank mache und die er darüber hinaus mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, das wolle er nicht. Dabei betont Markus Kluth, dass er „mit einem lachenden Auge und nicht im Groll“gehe. Der jetzige Zeitpunkt sei genau der richtige, um einen Schlussstrich zu ziehen und ein neues Kapitel aufzuschlagen.
Ein neues Kapitel beginnt auch für die vier Mitarbeiterinnen von Markus Kluth. Für die wenigen Privatpatienten, die künftig in die Praxis kommen werden, brauche er keine, sagt er. Somit habe er keine andere Wahl, als den Mitarbeiterinnen zu kündigen.
„Suche aussichtslos“
Einen Nachfolger für seine Praxis hat Markus Kluth nicht finden können. „Das ist völlig aussichtslos“, sagt er. Der Arzt sieht den Grund vor allem darin, dass viele Kollegen eher ein Angestelltenverhältnis als eine kassenärztliche Zulassung anstrebten.
Helmut Scherbeitz von der Kassenärztlichen Vereinigung bestätigt, dass es extrem schwierig sei, Ärzte für Butjadingen zu begeistern. Er begründet das allerdings eher mit der Randlage der Gemeinde. Junge Mediziner hätten kein Interesse daran, sich fernab der größeren Zentren niederzulassen. Da helfe auch das Argument nicht, dass Butjadingen die Chance biete, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen. Und nicht mal die 60 000 Euro Zuschuss, mit denen die KVN Medizinern den Start versüßt, die sich in der nördlichen Wesermarsch niederlassen, seien ein ausreichendes Lockmittel.
Die Erfahrung hat auch bereits Bürgermeisterin Ina Korter machen müssen, die im Schulterschluss mit ihrem Nordenhamer Amtskollegen Carsten Seyfarth viele Anstrengungen unternommen hat, um Ärztinnen oder Ärzte in die Gegend zu locken. Gefruchtet hat nichts.
Ich gehe mit einem lachenden Auge und ohne Groll.
Dr. Markus Kluth Facharzt für Allgemeinmedizin in Stollhamm