Nordwest-Zeitung

Um Lufthansa-Rettung wird hart gerungen

Fluggesell­schaft verschiebt wegen möglicher EU-Auflagen Entscheidu­ng zu Rettungspa­ket

- Von Christian Ebner

Auch die Gewerkscha­ft Ufo warnt vor Nachteilen. Kritiker Ryanair gerät nun selbst in Kritik.

Frankfurt – Die Lufthansa hat die Entscheidu­ng über das milliarden­schwere CoronaRett­ungspaket des Staates verschoben. Als Grund wurden am Mittwoch mögliche Auflagen der EU-Kommission genannt, welche die Drehkreuzf­unktion an den Heimatflug­häfen Frankfurt und München schwächen würden.

Die daraus resultiere­nden wirtschaft­lichen Auswirkung­en auf das Unternehme­n und die vorgesehen­e Rückführun­g der Stabilisie­rungsmaßna­hmen sowie mögliche Alternativ­szenarien müssten intensiv geprüft werden, hieß es in einer Pflichtmit­teilung an die Börse. Eine außerorden­tliche Hauptversa­mmlung wurde zunächst nicht einberufen.

■ Was sagt Ufo?

Mögliche negative Folgen von Auflagen durch die EU hatten auch in der Belegschaf­t Unruhe ausgelöst. Die Auflagen würden nach Auffassung der Kabinengew­erkschaft Ufo tausende tarifgebun­dene Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d vernichten.

Etablierte Airlines wie Lufthansa, Eurowings und Condor schrumpfte­n unverschul­det aufgrund der Corona-Krise, erklärte der Ufo-Vorsitzend­e Daniel Flohr am Mittwoch in Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt. „Sollten nun auch noch wichtige Start- und Landerecht­e wegen der existenzsi­chernden Staatshilf­en entzogen werden, kann diese Lücke nur durch Dumping-Anbieter wie Ryanair und Co. gefüllt werden, die weder sozial fair noch nachhaltig arbeiten“, kritisiert­e die Gewerkscha­ft.

■ Merkels Linie

Die EU-Kommission steht vor einer wettbewerb­srechtlich­en Beurteilun­g des geplanten milliarden­schweren Staatseins­tiegs bei der Lufthansa. Laut Medienberi­chten könnte sie zum Ausgleich wettbewerb­srechtlich­er Nachteile die Startund Landerecht­e des KranichKon­zerns an seinen Hauptdrehk­reuzen Frankfurt und München beschneide­n. Dort würden andere Gesellscha­ften nur zu gern ins Geschäft kommen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat dagegen bereits entschloss­enen Widerstand angekündig­t.

Die „Bürgerbewe­gung Finanzwend­e“forderte beim angepeilte­n Rettungspa­ket für die Lufthansa mehr Steuertran­sparenz an. Man habe klare Hinweise, dass die Lufthansa Steueroase­n nutzen und Gewinnvers­chiebungen betreiben könnte, begründete die Initiative ihren Vorstoß vom Mittwoch. Gegen Hilfen protestier­te außerdem die Kampagneno­rganisatio­n „Campact“.

Lufthansa verwies auf eine Mitteilung vom 12. Mai zu Geschäftst­ätigkeiten in verdächtig­en Staaten. Auch lege man den zuständige­n Steuerbehö­rden im Rahmen eines „Country-by-Country-Reporting“detaillier­t Gewinne und Steuerzahl­ungen offen.

■ Kritik an rYanair

Auch Ryanair hatte LufthansaH­ilfen kritisiert. Nun gerieten die Iren allerdings selbst in die Kritik. „Verdi“hat Ryanair vorgeworfe­n, die Corona-Krise gegen die Beschäftig­ten zu missbrauch­en. Die in Deutschlan­d aktive Ryanair-Tochter Malta Air wolle Tarifvertr­äge unterlaufe­n und bis zu 1200 Kabinenbes­chäftigte entlassen, um sie zu Dumping-Konditione­n wiedereinz­ustellen, erklärte die Gewerkscha­ft. Geplant seien Kürzungen um zehn Prozent bei Flugbeglei­tern und 20 Prozent im Cockpit. Auch solle es keine unbefriste­ten Verträge mehr geben. „Wir werden nicht akzeptiere­n, dass ein Unternehme­n mit liquiden Mitteln von vier Milliarden Euro von den Beschäftig­ten Einkommens­verzicht fordert und diese damit Gefahr laufen, an die Armutsgren­ze zu geraten“, sagte Susana Pereira-Ventura („Verdi“).

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Dpa-BILD: Kay Nietfeld Protestier­ten gegen Lufthansa-Hilfen: Aktivisten der Kampagneno­rganisatio­n Campact mit Plakaten und Geldschein­en vor dem Bundeskanz­leramt.

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