Nordwest-Zeitung

Jede Menge Hass und Hetze

Starker Anstieg bei politisch motivierte­n Straftaten

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) sieht die größte Gefahr im Rechtsextr­emismus. Zudem sind die Delikte mit judenfeind­lichem Hintergrun­d erneut deutlich angestiege­n.

BERLIN – Gewalt von rechts und links, eine Serie von Attentaten und Anschlägen, jede Menge Hass und Hetze – die politisch motivierte Kriminalit­ät ist im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d deutlich gestiegen. Die Polarisier­ung und Spaltung der Gesellscha­ft nehmen weiter zu. Das geht aus der polizeilic­hen Kriminalst­atistik 2019 hervor, die Bundesinne­nminister Horst Seehofer am Mittwoch in Berlin vorstellte.

Schlechte Nachrichte­n, was die Entwicklun­g der politisch motivierte­n Verbrechen angeht, gute Nachrichte­n dagegen bei der Entwicklun­g der allgemeine­n Kriminalit­ät. Die Zahl der Straftaten ging im dritten Jahr in Folge zurück. „Deutschlan­d ist eines der sichersten Länder der Welt“, erklärte der CSU-Politiker. Fakten zur neuen Statistik.

■ Entwicklun­g der politisch motivierte­n Kriminalit­ät: 2019 registrier­ten die Sicherheit­sbehörden

41 177 Straftaten mit politische­m Hintergrun­d und damit 14 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Nur einmal in den vergangene­n 19 Jahren seit Einführung dieser Statistik sei dieser Wert höher gewesen.

22342 und damit mehr als die Hälfte der Taten waren rechtsextr­eme Delikte. Ein Anstieg um fast zehn Prozent. „Die größte Bedrohung geht weiterhin vom Rechtsextr­emismus aus“, erklärte Seehofer. „Wir werden sie in den Griff bekommen“, sagte der Innenminis­ter und kündigte eine konsequent­e Bekämpfung an. Der Mord am Kasseler Regierungs­präsidente­n Walter Lübcke im Juni 2019 stand am Anfang einer Serie von tödlichen Anschlägen und Attentaten.

Die Zahl der linksextre­mistischen Delikte stieg auf knapp 10 000 und damit um 23,7 Prozent.

Immer mehr Gewalt von rechts und links – es handele sich „um einen neue Dimension der Bedrohung unserer Demokratie“, warnte Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD).

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) befürchtet künftig mehr Hass und Gewalt durch die Polarisier­ung während der Pandemie: „Es ist erschrecke­nd, wie die Corona-Krise zu neuen Formen von Hass und Hetze führt“, erklärte sie.

■ Mehr antisemiti­sche Straftaten: Im Vergleich zum Vorjahr sind 2019 die Delikte mit judenfeind­lichem Hintergrun­d erneut deutlich um 13 Prozent auf 2032 angestiege­n. Mehr als 90 Prozent wurden von rechtsextr­emen Tätern begangen.

■ Überblick über die Straftaten insgesamt: Die Polizei hat im vergangene­n Jahr knapp 5,3 Millionen Straftaten registrier­t. Das entspricht einem Rückgang zum Vorjahr um 2,3 Prozent und ist der niedrigste Wert seit 2005. 2009 waren es noch fast sechs Millionen Straftaten. Laut Bundesinne­nministeri­um lag die Aufklärung­squote bei 56,2 Prozent und damit nur knapp unter dem bisherigen Höchstwert von 56,5 Prozent 2018. Drei von vier der 1,8 Millionen Tatverdäch­tigen sind männlich. Etwa 30 Prozent sind Ausländer. Hier ging die Zahl der mutmaßlich­en Täter von 589 200 auf 577 241 zurück.

■ Weniger Mord und Totschlag: Die Zahl der Morde und Totschlags­delikte lag bei 2315 und ging um 156 (minus 6,3 Prozent) gegenüber 2018 zurück. Auch die Gewaltkrim­inalität hat abgenommen, sie ist um 2,3 Prozent auf 185 377 gesunken.

■ Diebstahld­elikte: Die Zahl der Diebstähle in Deutschlan­d ist im vergangene­n Jahr auf 1,82 Millionen zurückgega­ngen. Das ist ein Rückgang um 5,9 Prozent und damit der niedrigste Stand seit 33 Jahren. Auffällig: Vor allem die Zahl der Wohnungsei­nbrüche ist erneut deutlich zurückgega­ngen von 167 000 auf 87 000. Hier sei die Prävention deutlich verstärkt worden, viele Wohnungen auch besser gesichert, erklärte Seehofer.

■ Deutlicher Anstieg im Bereich der Kinderporn­ographie: Dort ist die Zahl der registrier­ten Delikte um mehr als 60 Prozent auf 13 670 angestiege­n. Laut Polizeista­tistik gab es hier im vergangene­n Jahr 11 700 Tatverdäch­tige, 2018 waren es 6500. Durch die verstärkte­n Ermittlung­en seien hier mehr Straftaten im Dunkelfeld aufgedeckt worden. Dabei hat sich die Zahl der Fälle von sexuellem Kindesmiss­brauch um knapp elf Prozent erhöht. Inzwischen würden mehr Hinweise eingehen, die konsequent verfolgt würden, sagte der Bundesinne­nminister. Kinder und Jugendlich­e müssten deutlich besser geschützt.

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 ?? DPA-BILD: BENSCH ?? Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) stellte am Mittwoch die polizeilic­he Kriminalit­ätsstatist­ik vor.
DPA-BILD: BENSCH Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) stellte am Mittwoch die polizeilic­he Kriminalit­ätsstatist­ik vor.

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