Wir brauchen ein völlig neues Hygienekonzept
Thüringen und Sachsen planen ein Ende des Lockdowns. Ist es jetzt an der Zeit, den Schulbetrieb wieder voll aufzunehmen? Meidinger: Eltern, Lehrkräfte und auch die Schüler hoffen alle darauf, dass diese jetzige Phase des Schichtbetriebs an Schulen nicht unbegrenzt fortgeführt wird. Trotz Verbesserung des digitalen Fernunterrichts sehen wir natürlich, dass damit nicht die Lernfortschritte des „normalen Unterrichts“erreicht werden können. Die Ankündigung in Thüringen und Sachsen, an den Schulen bald auf Abstandsregeln zu verzichten und wieder alle Schüler in den Präsenzunterricht zu holen, kommt mir zu schnell und zu unvorbereitet. Das setzt nämlich ein völlig neues Hygieneund Gesundheitsschutzkonzept voraus, das man nicht so einfach aus dem Hut zaubern kann. Da brauchen wir dann wohl Atemschutzmasken auch im Unterricht, umfassende Testungen, Maßnahmen, dass Lerngruppen während des gesamten Schultags unter sich bleiben und nicht zuletzt regelmäßige Lüftungen, um die Aerosolbelastung zu senken. Das geltende Hygienekonzept der Kultusministerkonferenz müsste komplett überarbeitet werden. Und trotzdem bleibt ein schlechtes Gefühl, ob wir mit einer kompletten Schulöffnung nicht doch in ein riskantes Experiment mit der Gesundheit unserer Kinder und Lehrer gehen.
Wie fällt die erste Bilanz nach der Wiederaufnahme des Unterrichts aus?
Meidinger: Ja gut, es ist ein Fortschritt, dass wenigstens ein Teil der Schüler wieder in die Schulen zurückgekehrt ist. Ich habe auch noch nie so viele strahlende Gesichter von Kindern gesehen, die sich freuten, wieder in die Schule zu dürfen. Je mehr Jahrgangsstufen zurückkehren, desto schwieriger wird es, die Hygienemaßnahmen umzusetzen. Unsere Lehrkräfte haben in den ersten Unterrichtsstunden nach Schulbeginn aber auch erleben müssen, dass der Leistungsstand extrem unterschiedlich ist.