Plan für Europas Zukunft
Die Grundidee eines Marshallplans ist die Erkenntnis, dass man sich selbst hilft, wenn man anderen hilft. Und dass man sich sogar schaden würde, wenn man nicht das große Ganze im Blick hat.
In diesem Sinne hat Ursula von der Leyen am Mittwoch mit ihrem Vorschlag für einen Rettungsfonds gegen die Coronavirus-Krise durchaus ein Paket vorgelegt, das diesem hohen Anspruch gerecht wird. Denn sie verbindet den deutsch-französischen Vorstoß von Finanzhilfen, die den besonders betroffenen Staaten zugutekommen, mit dem Anliegen der Kritiker, die eine Schuldenunion vermeiden und einen erheblichen Teil der gewährten Gelder nur als Kredite gewähren wollen.
Der Erfolg zeigte sich schon vor der Veröffentlichung: Am Morgen waren die „Sparsamen Vier“nur noch zu dritt. Und die noch Verbliebenen werden auch noch verstehen, dass ihre Kritik an diesem Vorschlag Spuren hinterlassen hat: Das Hilfsprogramm wurde auf zwei Jahre befristet. Die Ausgaben sind an strikte Kriterien gebunden, um nicht zur Sanierung von Altschulden missbraucht zu werden. Vor allem aber eignet sich die gewaltige Hilfssumme als eben jenes Signal der Solidarität, das der Süden der Gemeinschaft gefordert hatte, welches der Osten genauso dringend braucht und das Norden und Westen nicht überfordert. Trotzdem wird es Auseinandersetzungen geben. Im Kleingedruckten des Vorschlags stecken noch genügend Ansatzpunkte für ergiebigen Streit.
Das beginnt bei der Rückzahlung, die erst 2028 einsetzen und sich dann über 30 Jahre hinziehen soll. Könnte die EU eine weitere Krise in dieser langen Phase dann noch schultern? Und auch das Vorhaben, neue Steuern und Abgaben einzuführen, um die Eigenmittel-Basis der Gemeinschaft zu verbessern, birgt Sprengstoff. Eine Plastiksteuer liegt zwar im ökologischen Trend, eignet sich für eine langfristige Finanzierung aber kaum, weil sie mit der erwünschten Vermeidung dieses Rohstoffes zurückgeht.
Hinzu kommt, dass der Ruf nach strengen Vergabekriterien wie die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie immer lauter wird. Weil Solidarität eben nicht nur beim Verteilen von Geld, sondern auch beim Einhalten der Werte sichergestellt werden soll. Der Widerstand aus dem Osten der EU ist absehbar.
Trotzdem geht die Gemeinschaft mit einem großen Plan gegen die Folgen der Krise in ihre Zukunft. In Brüssel war am Mittwoch von einem „Ruck“die Rede, der jetzt durch Europa gehe. Der war tatsächlich spürbar.