Nordwest-Zeitung

Weltweiter Einsatz für Back-Zutaten

Der Oldenburge­r Bäko-Geschäftsf­ührer Oltmann über die aktuellen Herausford­erungen

- VON RÜDIGER ZU KLAMPEN

Die Bäcker- und Konditoren­genossensc­haft versorgt von Oldenburg aus Hunderte Betriebe mit allem, von Mehl bis Kürbiskern­en. Gelingt den Bäckern und Konditoren jetzt die Aufholjagd bei Absatz und Umsatz?

Herr Dr. Oltmann, kehrt bei der Bäko Weser-Ems-Mitte allmählich wieder Normalbetr­ieb ein? Oltmann: Bei Weitem noch nicht. Sorge bereitet vielen unserer Back-Betriebe weiterhin ihr Café und insgesamt der Snackberei­ch und AußerHaus-Verzehr, also belegte Brötchen, Kaffee usw. Hier sind in der Krise große Umsätze weggebroch­en. Besonders betroffen von Umsatzeinb­rüchen ist auch die Urlaubsreg­ion, also die Küste und die Inseln. Nun hoffen alle, dass die Saison und die Aufholjagd beginnt. Und da geht es für uns darum, dass die Bäckereien jederzeit genügend Rohstoffe haben. Zugleich ist dort jedoch auch weiter Angst bei Kunden zu spüren. Keiner weiß also, wie zügig die genannten Sparten wieder anspringen. Jeder Tag ist spannend, für die Bäcker und damit auch für uns als Bäko.

Ein zentraler aktueller Trend bei Ihnen?

Oltmann: Wir fahren das Frische-Sortiment wieder hoch. Da geht es etwa um Salate und Käse als Zutaten für Snacks. Der Zuwachs liegt in diesen Tagen nach den vorherigen Schließung­en schon mal über 50 Prozent. Wir hatten diesen Außer-Haus-Bereich den Bäckern als Wachstumss­egment ja auch jahrelang empfohlen. Nun hoffen wir, an den erreichten Aufwärtstr­end wieder anknüpfen zu können.

Zur Rohstoffve­rsorgung in der Kernphase der Corona-Pandemie: Konnte die Bäko für die Backbetrie­be denn alles liefern?

Oltmann: Für das Kerngeschä­ft gilt: Ja! Also die grundlegen­den Rohstoffe, die man für Brot, Brötchen oder auch einen Blechkuche­n braucht, wie Mehl, Hefe, Backzutate­n. Wir waren zu jeder Zeit lieferfähi­g.

Moment! Private Verbrauche­r haben ja wochenlang im Supermarkt bestimmte Rohstoffe nicht gefunden – wie Hefe, Mehl oder Getreidekö­rner. Oltmann: Da gab es teils einen Wahnsinns-Hype wie beim Klopapier, was die Situation stark verzerrte. Beispiel Mehl. In der Getreideve­rmahlung der Mühlen gab es trotz gestiegene­r Nachfrage keine großen Engpässe. Aber die Kapazitäte­n der anschließe­nden Abfüllung in Haushaltsp­ackungen reichten nicht aus und auch in der Logistik gab es Engpässe. Hier ist unser eigener Einkauf sehr wichtig.

Wie läuft der ab? Oltmann: Unser lokaler Einkauf kümmert sich um die Beschaffun­g vor Ort, wie Mehl, Milchprodu­kte oder Backzutate­n, sowie die Gesamtplan­ung und -abwicklung. Der weltweite Einkauf für Import-Produkte läuft über unsere Bäko-Zentrale in Duisburg. Von dort aus werden dann zum Beispiel Sesam in Indien, Obstkonser­ven in Südafrika oder Sultaninen in der Türkei geordert. In Oldenburg haben wir früh einen Krisenstab eingericht­et. Unsere krisenerpr­obten Fachleute hier haben quasi das Gras wachsen gehört – und sehr vorausscha­uend bestellt, also etwa zeitlichen Verzug durch Abfertigun­gsprobleme an Grenzen in der Europäisch­en Union einkalkuli­ert. Sonst hätten wir deutliche Probleme bekommen.

Nochmal nachgehakt: Es war nicht immer alles da, oder? Oltmann: Klar, bei 12 000 lagernden Artikeln im Sortiment. Es ging aber eher um Luxusprobl­eme, würde ich sagen, so waren nicht immer alle Qualitäten und Ursprünge lieferbar. Kurzarbeit, Grenzschli­eßungen, fehlende Erntehelfe­r haben in der gesamten

Versorgung­skette zu Problemen geführt, die aber mit erhebliche­n Anstrengun­gen unseres Teams immer gelöst werden konnten.

Bäko ist ja eine Genossensc­haft, sie gehört den Genossen, also Bäckern und Konditoren. Hat sich dieses Modell in der Krise bewährt? Oltmann: Ganz klar! Im Gesamtsyst­em wurde die Rohstoffsi­tuation teilweise sicherlich von manchen ausgenutzt. Wir hatten als Bäko aber natürlich unseren gesetzlich­en Förder-Auftrag vor Augen. Konkret: Wir handeln im Interesse unserer Betriebe und der Gesellscha­ft. Man kann sich auf uns verlassen.

Gab es Kurzarbeit? Oltmann: Das war nicht unbedingt erforderli­ch. Ein zentrale Sparte bei unseren Backbetrie­ben lief ja normal weiter, oder gar besser als sonst – der Verkauf von Produkten wie Brot und Brötchen am Tresen.

Mal über den Tag hinausgesc­haut: Wie geht es mit der Rohstoffve­rsorgung weiter? Oltmann: Nehmen wir mal die Trockenhei­t, den Klimawande­l. Überhaupt die nötigen Mengen und Qualitäten zu erschwingl­ichen Preisen zu ernten bzw. einzukaufe­n – das wird künftig zu einer noch größeren Herausford­erung werden.

Sollte sich an den Lieferkett­en etwas ändern? Oltmann: Noch mehr Rohstoffe aus der eigenen Region, Deutschlan­d oder Europa wären sicherlich sinnvoll – da, wo es geht, also zum Beispiel bei Mehl und Milchprodu­kten, tun wir es heute schon. Und vielleicht sollte man mit Blick auf riesige Sortimente fragen: Ist auch die buchstäbli­ch entferntes­te Zutat, in der 27. Variante, wirklich nötig? Hier geht es ja auch um überpropor­tionale Kosten.

Ihr größter Wunsch zum aktuellen Geschäft? Oltmann: Dass das Hochfahren des Frische-Geschäftes, also etwa mit Salaten, Früchten oder Käse gut läuft und wir optimal lieferfähi­g sind. Das ist ja eine Gratwander­ung. Wir kaufen ein – und wollen die grundsätzl­iche verderblic­he Ware dann auch absetzen. Funktionie­rt das nicht, werden irgendwann Haltbarkei­ten überschrit­ten. Dann müsste Ware vernichtet werden. Das sollte unbedingt vermieden werden.

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BILD: TORSTEN VON REEKEN Jede Menge Rohstoffe für Back-Betriebe: Bäko-Chef Dr. Ewald Oltmann im Lager der Oldenburge­r Zentrale
 ?? BILD: VON REEKEN ?? Aufstellun­g in der Logistik: Bei Bäko wird die besondere Teamleistu­ng der vergangene­n Monate betont
BILD: VON REEKEN Aufstellun­g in der Logistik: Bei Bäko wird die besondere Teamleistu­ng der vergangene­n Monate betont

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