Weltweiter Einsatz für Back-Zutaten
Der Oldenburger Bäko-Geschäftsführer Oltmann über die aktuellen Herausforderungen
Die Bäcker- und Konditorengenossenschaft versorgt von Oldenburg aus Hunderte Betriebe mit allem, von Mehl bis Kürbiskernen. Gelingt den Bäckern und Konditoren jetzt die Aufholjagd bei Absatz und Umsatz?
Herr Dr. Oltmann, kehrt bei der Bäko Weser-Ems-Mitte allmählich wieder Normalbetrieb ein? Oltmann: Bei Weitem noch nicht. Sorge bereitet vielen unserer Back-Betriebe weiterhin ihr Café und insgesamt der Snackbereich und AußerHaus-Verzehr, also belegte Brötchen, Kaffee usw. Hier sind in der Krise große Umsätze weggebrochen. Besonders betroffen von Umsatzeinbrüchen ist auch die Urlaubsregion, also die Küste und die Inseln. Nun hoffen alle, dass die Saison und die Aufholjagd beginnt. Und da geht es für uns darum, dass die Bäckereien jederzeit genügend Rohstoffe haben. Zugleich ist dort jedoch auch weiter Angst bei Kunden zu spüren. Keiner weiß also, wie zügig die genannten Sparten wieder anspringen. Jeder Tag ist spannend, für die Bäcker und damit auch für uns als Bäko.
Ein zentraler aktueller Trend bei Ihnen?
Oltmann: Wir fahren das Frische-Sortiment wieder hoch. Da geht es etwa um Salate und Käse als Zutaten für Snacks. Der Zuwachs liegt in diesen Tagen nach den vorherigen Schließungen schon mal über 50 Prozent. Wir hatten diesen Außer-Haus-Bereich den Bäckern als Wachstumssegment ja auch jahrelang empfohlen. Nun hoffen wir, an den erreichten Aufwärtstrend wieder anknüpfen zu können.
Zur Rohstoffversorgung in der Kernphase der Corona-Pandemie: Konnte die Bäko für die Backbetriebe denn alles liefern?
Oltmann: Für das Kerngeschäft gilt: Ja! Also die grundlegenden Rohstoffe, die man für Brot, Brötchen oder auch einen Blechkuchen braucht, wie Mehl, Hefe, Backzutaten. Wir waren zu jeder Zeit lieferfähig.
Moment! Private Verbraucher haben ja wochenlang im Supermarkt bestimmte Rohstoffe nicht gefunden – wie Hefe, Mehl oder Getreidekörner. Oltmann: Da gab es teils einen Wahnsinns-Hype wie beim Klopapier, was die Situation stark verzerrte. Beispiel Mehl. In der Getreidevermahlung der Mühlen gab es trotz gestiegener Nachfrage keine großen Engpässe. Aber die Kapazitäten der anschließenden Abfüllung in Haushaltspackungen reichten nicht aus und auch in der Logistik gab es Engpässe. Hier ist unser eigener Einkauf sehr wichtig.
Wie läuft der ab? Oltmann: Unser lokaler Einkauf kümmert sich um die Beschaffung vor Ort, wie Mehl, Milchprodukte oder Backzutaten, sowie die Gesamtplanung und -abwicklung. Der weltweite Einkauf für Import-Produkte läuft über unsere Bäko-Zentrale in Duisburg. Von dort aus werden dann zum Beispiel Sesam in Indien, Obstkonserven in Südafrika oder Sultaninen in der Türkei geordert. In Oldenburg haben wir früh einen Krisenstab eingerichtet. Unsere krisenerprobten Fachleute hier haben quasi das Gras wachsen gehört – und sehr vorausschauend bestellt, also etwa zeitlichen Verzug durch Abfertigungsprobleme an Grenzen in der Europäischen Union einkalkuliert. Sonst hätten wir deutliche Probleme bekommen.
Nochmal nachgehakt: Es war nicht immer alles da, oder? Oltmann: Klar, bei 12 000 lagernden Artikeln im Sortiment. Es ging aber eher um Luxusprobleme, würde ich sagen, so waren nicht immer alle Qualitäten und Ursprünge lieferbar. Kurzarbeit, Grenzschließungen, fehlende Erntehelfer haben in der gesamten
Versorgungskette zu Problemen geführt, die aber mit erheblichen Anstrengungen unseres Teams immer gelöst werden konnten.
Bäko ist ja eine Genossenschaft, sie gehört den Genossen, also Bäckern und Konditoren. Hat sich dieses Modell in der Krise bewährt? Oltmann: Ganz klar! Im Gesamtsystem wurde die Rohstoffsituation teilweise sicherlich von manchen ausgenutzt. Wir hatten als Bäko aber natürlich unseren gesetzlichen Förder-Auftrag vor Augen. Konkret: Wir handeln im Interesse unserer Betriebe und der Gesellschaft. Man kann sich auf uns verlassen.
Gab es Kurzarbeit? Oltmann: Das war nicht unbedingt erforderlich. Ein zentrale Sparte bei unseren Backbetrieben lief ja normal weiter, oder gar besser als sonst – der Verkauf von Produkten wie Brot und Brötchen am Tresen.
Mal über den Tag hinausgeschaut: Wie geht es mit der Rohstoffversorgung weiter? Oltmann: Nehmen wir mal die Trockenheit, den Klimawandel. Überhaupt die nötigen Mengen und Qualitäten zu erschwinglichen Preisen zu ernten bzw. einzukaufen – das wird künftig zu einer noch größeren Herausforderung werden.
Sollte sich an den Lieferketten etwas ändern? Oltmann: Noch mehr Rohstoffe aus der eigenen Region, Deutschland oder Europa wären sicherlich sinnvoll – da, wo es geht, also zum Beispiel bei Mehl und Milchprodukten, tun wir es heute schon. Und vielleicht sollte man mit Blick auf riesige Sortimente fragen: Ist auch die buchstäblich entfernteste Zutat, in der 27. Variante, wirklich nötig? Hier geht es ja auch um überproportionale Kosten.
Ihr größter Wunsch zum aktuellen Geschäft? Oltmann: Dass das Hochfahren des Frische-Geschäftes, also etwa mit Salaten, Früchten oder Käse gut läuft und wir optimal lieferfähig sind. Das ist ja eine Gratwanderung. Wir kaufen ein – und wollen die grundsätzliche verderbliche Ware dann auch absetzen. Funktioniert das nicht, werden irgendwann Haltbarkeiten überschritten. Dann müsste Ware vernichtet werden. Das sollte unbedingt vermieden werden.