Hier ist Berühren ausdrücklich erwünscht
Vareler Firma vertreibt Besucherzelt für Seniorenheime – In Wardenburg entwickelt
Das Zelt lässt den Körperkontakt zu und schützt trotzdem vor Covid-19. Die Vareler arbeiten mit Experten aus dem Landkreis Oldenburg zusammen.
VAREL/WARDENBURG – Senioren und Angehörige, die sich in der Corona-Krise aufgrund der Ansteckungsgefahr durch die Fensterscheibe per Babyfon unterhalten müssen oder bestenfalls durch eine Plexiglasscheibe getrennt sind – für Agnes Bendig und Nicole Janßen eine unerträgliche Vorstellung. Kurzerhand entwickelten die beiden Geschäftsfrauen mit ihren Firmen ein Konzept, wie Begegnungen mit Risikopatienten unter hygienischen Bedingungen besser funktionieren können. Agnes Bendig ist Geschäftsführerin der Wardenburger Firma Nowebo, Nicole Janßen hat im vergangenen Jahr das Startup-Unternehmen Anker-Med in Varel gegründet.
Nur durch Folie getrennt
Innerhalb weniger Wochen hat Bendig nun mit ihrem Team ein Besucherzelt entwickelt, in dem Seniorenheimbewohner und Gäste nur durch eine dünne Plastikfolie getrennt sind. Das Besondere an dieser Folie: Trotz ihrer Stabilität ist sie so dünn, dass sie Berührungen zulässt und dabei sogar die Körperwärme des Gegenübers zu spüren ist.
Denn der Körperkontakt ist es, der vielen Menschen zurzeit besonders fehlt. Das bestätigten ihr die Wissenschaftler am Robert-Koch-Institut, mit denen sie für ein anderes Projekt derzeit eng zusammenarbeitet. Hier also, stand für die 66-Jährige schnell fest, musste sie ansetzen. „Gleichzeitig muss der Kunststoff aber so konzipiert sein, dass er sicher vor Ansteckung schützt und über einen längeren Zeitraum Desinfektionsmittel aushält“, erklärt sie.
Die ersten Zelte stehen bereits, das Sophienstift in Jever wird in Kürze ebenfalls eines bekommen. „In zehn Minuten ist das Zelt aufgebaut, auch von Nicht-Fachleuten“, zählt die Chefin einen weiteren Vorteil auf. Und: Die Zelte können sowohl im Außen- als auch im Innenbereich aufgestellt werden, sie sind wetterfest und entsprechen Brandschutzbestimmungen. Zudem können sie in verschiedenen Größen hergestellt werden.
„Dieses Zelt wird dauerhaft von Nutzen sein“, ist Nicole Janßen überzeugt. „Covid-19 ist noch lange nicht vorbei, und das Besucherzelt kann auch bei jeder anderen Infektionserkrankung eingesetzt werden“, erklärt ihr Mann Hans, der nach 30 Jahren im Rettungsdienst jetzt ebenfalls bei Anker-Med arbeitet. Die Firma übernimmt den Vertrieb der Zelte. „Für uns als Start-up ist das ein ganz großer Schritt – und ein Herzensanliegen“, betont Janßen.
Die Basis für das Besucherzelt bildet ein Zelt aus dem medizinischen Kontext: Unter dem Projektnamen EKOS hat Nowebo in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut ein Isolationszelt für höchstansteckende Patienten hergestellt. Einzigartig ist ein integrierter Schlauchanzug, in den das Pflegepersonal binnen zwei Minuten schlüpfen kann.
Das EKOS-Projekt ist nur eine von vielen innovativen Lösungen, die das sechsköpfige Team in Wardenburg entwickelt hat. Agnes Bendig ist gelernte Krankenschwester, ihr Mann Wilfried Maschinenbauingenieur, auch er hat lange im medizinischen Bereich gearbeitet. Die Kombination aus medizinischem und technischem Know-how macht das Ehepaar zu einem „Dreamteam“.
Innovative Lösungen
Nachdem sie zunächst Versorgungsboxen für die Bundeswehr und für Krankenhäuser entwickelt hatten, erregten sie 2014 Aufsehen: Nowebo zeichnete für die Innenausstattung des „Ebola-Fliegers“verantwortlich. In dem Flugzeug konnten Patienten, die sich mit dem hoch ansteckenden Ebola-Virus infiziert hatten, schon auf dem Flug behandelt werden. „Die pflegende Seite muss geschützt werden, um ohne Ansteckungsrisiko optimal pflegen zu können. Daran arbeiten wir“, bringt Agnes Bendig ihre Motivation auf den Punkt.
@ Mehr Infos: www.nowebo.com und www.anker-med.de