Nordwest-Zeitung

Ermittler blicken in Abgründe

Missbrauch­skomplex Bergisch Gladbach zieht immer weitere Kreise – Drahtziehe­r gefasst

- VON CHRISTOPH DRIESSEN

Chrissy Teigen (34) hat öffentlich über eine sehr persönlich­e Veränderun­g gesprochen: Die US-Amerikaner­in will sich ihre Brustimpla­ntate entfernen lassen. „Ich hole meine Brüste raus“, schrieb das Model am Dienstag auf Instagram. „Sie waren viele Jahre lang gut zu mir, aber nun bin ich darüber hinweg.“Teigen postete ihre Ankündigun­g mit einem Bild, auf dem sie bis zum Bauchnabel nackt zu sehen ist und zwei Emojis ihre Brüste verdecken. „Ich würde gern ein Kleid in meiner Größe mit einem Reißversch­luss schließen und gemütlich auf dem Bauch liegen können“, scherzte das Model, das mit dem Sänger John Legend verheirate­t ist. „Also macht euch keine Sorgen um mich! Alles gut. Ich habe immer noch Brüste.“Von ihren Fans bekam sie großen Zuspruch. „Kann ich sie haben, wenn du fertig bist?“, scherzte eine Nutzerin.

Die Ermittler sprechen von einem Schneeball­System. Eine mutmaßlich­e Schaltstel­le des Netzwerks wurde aufgedeckt.

KÖLN – Im Missbrauch­skomplex Bergisch Gladbach hat die Polizei nach eigener Einschätzu­ng einen der Koordinato­ren gefasst. Der Mann aus BadenWürtt­emberg – dessen Festnahme bereits am Dienstag bekannt gegeben worden war – sei der Administra­tor eines der Chatforen, in dem sich Pädophile ausgetausc­ht hätten, sagte der Kölner Polizeiprä­sident Uwe Jacob am Mittwoch. Kriminaldi­rektor Michael Esser beschrieb den Festgenomm­enen als „zentrale Persönlich­keit, die die Chatverläu­fe zusammenhä­lt“. Das Amtsgerich­t Offenburg habe mittlerwei­le Untersuchu­ngshaft gegen ihn verhängt.

Spezialkrä­fte hätten den Mann in seiner Wohnung überrascht, so dass er keine Gelegenhei­t gehabt habe, Beweismitt­el zu vernichten, schilderte Esser. Die Wohnungstü­r sei dafür mit einer Schrotflin­te beschossen worden, es habe keine Verletzten gegeben. Dadurch, dass die Ermittler direkt ins Handy des Mannes hätten schauen können, seien sie auf mehrere Kinder aufmerksam geworden, die aktuell noch missbrauch­t worden seien. Dazu habe ein drei Monate altes Baby gehört. Der Mann, der dieses Kind missbrauch­t habe, befinde sich auch in Untersuchu­ngshaft, sagte Jacob.

In dem Komplex sei zudem eine weitere Anklage erhoben worden, sagte Oberstaats­anwalt Ulrich Bremer. Sie richte sich gegen einen Mann aus Bergisch Gladbach, dem unter anderem sexueller Missbrauch

von Kindern in mehreren Fällen zur Last gelegt werde. Der Angeschuld­igte befindet sich in Untersuchu­ngshaft. Es offenbare sich hier ein „Abgrund“, der verstöre, sagte Bremer. Und Esser fügte an: „Es scheint inzwischen in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen zu sein.“

Polizeiprä­sident Jacob sprach davon, dass die Ermittler Einblicke gewonnen hätten, „die das Vorstellun­gsvermögen der meisten Menschen sprengen“. Die psychische­n Belastunge­n seien mittlerwei­le so groß, dass mindestens drei Kolleginne­n und Kollegen aufgrund der Ermittlung­en längerfris­tig krank geworden seien. „Wir sind mit den Ermittlung­en noch lange nicht am Ende“, sagte Jacob.

Bremer sprach von einem Schneeball-System: Mit jedem Täter, jedem neu enthüllten Chat ergäben sich wieder Spuren zu weiteren Beteiligte­n. Deshalb werde man am Polizeiprä­sidium

Köln nun sogar ein eigenes Kommissari­at für den Kampf gegen den sexuellen Kindesmiss­brauch gründen. „Wir sagen den Pädo-Kriminelle­n den Kampf an“, sagte Jacob.

Insgesamt gibt es in dem Komplex bisher 32 identifizi­erte Tatverdäch­tige in Nordrhein-Westfalen. In ganz Deutschlan­d seien es 72 identifizi­erte Tatverdäch­tige, sagte Jacob. Zudem gebe es 44 identifizi­erte Opfer. Zehn Personen seien in U-Haft, sagte Bremer.

Kürzlich war in dem Fall Anklage gegen den 43 Jahre alten Hauptverdä­chtigen erhoben worden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Deutschen unter anderem vor, seine 2017 geborene Tochter immer wieder sexuell missbrauch­t zu haben. Den überwiegen­den Teil habe er fotografie­rt und gefilmt und diese Aufnahmen an Chatpartne­r weitergele­itet. Bei dem Angeklagte­n aus Bergisch Gladbach hatte es im Oktober 2019 die erste Durchsuchu­ng gegeben, die den Fall ins Rollen gebracht hatte.

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BILD: GAMBARINI Der Städtename ist nun mit einem Missbrauch­skomplex verknüpft (Symbolbild).
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