Lehrer fordern Neustart-Plan
Verband VBE verlangt schon jetzt Konzept für Unterricht nach den Ferien
Die Debatte um die Wiederöffnung der Schulen verschärft sich. Niedersachsen will an seinem Stufenplan festhalten.
HANNOVER – Der Streit um die Wiederöffnung von Schulen und Kitas in der Corona-Krise verschärft sich. Immer mehr Länder planen eine Rückkehr zum Regelbetrieb. So kann an Grundschulen in SchleswigHolstein ab 8. Juni wieder ohne Abstandsregeln unterrichtet werden. Lehrer und Verbände kritisierten das Vorgehen als verfrüht. Zustimmung kam vom Landeselternrat.
Niedersachsen will dagegen an seinem Stufenplan festhalten, wie ein Sprecher des Kultusministeriums in Hannover auf Ð-Anfrage bestätigte. Danach sollen bis Mitte Juni alle Jahrgänge an die Schulen zurückkehren. Allerdings sind die Klassen nur zu 50 Prozent
besetzt. Die übrigen Schülerinnen und Schüler lösen daheim Aufgaben.
Der Landesvorsitzende des Lehrerverbandes VBE, FranzJosef Meyer (Vechta), forderte Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) auf, so schnell wie möglich einen „Plan B“vorzulegen, falls zum Start des neuen Schuljahrs keine Rückkehr zum bislang bekannten Unterricht möglich sei. Schulen und Familien müssten sich rechtzeitig einstellen können. „Der Plan B darf nicht erst am letzten Ferientag vorliegen“, sagte Meyer gegenüber der Ð.
Das Kultusministerium arbeitet nach Angaben seines Sprechers Sebastian Schumacher an unterschiedlichen Szenarien. Es würden „verschiedene Variablen“berücksichtigt, etwa mögliche Entwicklungen bei der Zirkulation des Coronavirus. Auch gehe es darum, wie viele Lehrer aus gesundheitlichen Gründen nicht am Schulunterricht teilnehmen.
Fußball-Bundesligaspiele finden wieder statt, Restaurants und Hotels haben mit Einschränkungen wieder geöffnet, Urlaub soll im Sommer wieder möglich sein. Trotz Corona gilt: Vieles ist möglich. In diesem Zusammenhang stellt sich die ganz wichtige Frage: Sollen auch die Schulen zum Normalbetrieb zurückkehren? Ganz so einfach ist die Antwort leider nicht. Es gilt, die Pro- und Contraargumente sorgfältig abzuwägen, um dann eine möglichst verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen.
Für eine Öffnung spricht: Nach vielen Wochen des Homeschooling sehnen sich viele Schüler nach sozialen Kontakten. Mal wieder Freunde treffen, sich austauschen – all das kam lange zu kurz. Zudem mahnt der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, dass die Bemühungen der Schüler daheim absolut unterschiedlich gewesen seien: von „stark engagiert“bis hin zu „gar nichts passiert“war alles dabei. Die Bildungsschere droht deshalb noch weiter auseinanderzuklaffen. Besonders im Blick halten sollten die Verantwortlichen darüber hinaus diejenigen Schüler, die nächstes Jahr ihren Abschluss machen wollen und darauf möglichst gut vorbereitet werden müssen.
Doch leider spricht eines ganz besonders gegen eine sofortige Komplettöffnung der Schulen: Die Gefahr, sich mit dem Coronavirus anzustecken und dieses dann in die eigene Familie oder in den Freundeskreis zu übertragen, ist exorbitant hoch. Käme es dazu, wären Leib und Leben bedroht.
Natürlich ist es nicht einfach, aus diesem Dilemma herauszukommen. Gefragt ist ein Konzept, das möglichst normalen Unterricht zulässt und gleichzeitig die Menschen schützt. Liefern muss diese Lösungen spätestens nach den Sommerferien die Politik. Möglicherweise lassen sich neue Räume anmieten, um die Klassen kleiner zu machen. Zudem ist bei der Rekrutierung weiterer Lehrkräfte Kreativität gefragt. Auch über eine massive Einführung von Tests auf das Coronavirus an den Schulen muss nachgedacht werden. Gefordert ist aber auch jeder einzelne Schüler und jeder einzelne Lehrer. Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen sind die Gebote der Stunde.