Nordwest-Zeitung

Lehrer fordern Neustart-Plan

Verband VBE verlangt schon jetzt Konzept für Unterricht nach den Ferien

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Die Debatte um die Wiederöffn­ung der Schulen verschärft sich. Niedersach­sen will an seinem Stufenplan festhalten.

HANNOVER – Der Streit um die Wiederöffn­ung von Schulen und Kitas in der Corona-Krise verschärft sich. Immer mehr Länder planen eine Rückkehr zum Regelbetri­eb. So kann an Grundschul­en in SchleswigH­olstein ab 8. Juni wieder ohne Abstandsre­geln unterricht­et werden. Lehrer und Verbände kritisiert­en das Vorgehen als verfrüht. Zustimmung kam vom Landeselte­rnrat.

Niedersach­sen will dagegen an seinem Stufenplan festhalten, wie ein Sprecher des Kultusmini­steriums in Hannover auf Ð-Anfrage bestätigte. Danach sollen bis Mitte Juni alle Jahrgänge an die Schulen zurückkehr­en. Allerdings sind die Klassen nur zu 50 Prozent

besetzt. Die übrigen Schülerinn­en und Schüler lösen daheim Aufgaben.

Der Landesvors­itzende des Lehrerverb­andes VBE, FranzJosef Meyer (Vechta), forderte Niedersach­sens Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne (SPD) auf, so schnell wie möglich einen „Plan B“vorzulegen, falls zum Start des neuen Schuljahrs keine Rückkehr zum bislang bekannten Unterricht möglich sei. Schulen und Familien müssten sich rechtzeiti­g einstellen können. „Der Plan B darf nicht erst am letzten Ferientag vorliegen“, sagte Meyer gegenüber der Ð.

Das Kultusmini­sterium arbeitet nach Angaben seines Sprechers Sebastian Schumacher an unterschie­dlichen Szenarien. Es würden „verschiede­ne Variablen“berücksich­tigt, etwa mögliche Entwicklun­gen bei der Zirkulatio­n des Coronaviru­s. Auch gehe es darum, wie viele Lehrer aus gesundheit­lichen Gründen nicht am Schulunter­richt teilnehmen.

Fußball-Bundesliga­spiele finden wieder statt, Restaurant­s und Hotels haben mit Einschränk­ungen wieder geöffnet, Urlaub soll im Sommer wieder möglich sein. Trotz Corona gilt: Vieles ist möglich. In diesem Zusammenha­ng stellt sich die ganz wichtige Frage: Sollen auch die Schulen zum Normalbetr­ieb zurückkehr­en? Ganz so einfach ist die Antwort leider nicht. Es gilt, die Pro- und Contraargu­mente sorgfältig abzuwägen, um dann eine möglichst verantwort­ungsvolle Entscheidu­ng zu treffen.

Für eine Öffnung spricht: Nach vielen Wochen des Homeschool­ing sehnen sich viele Schüler nach sozialen Kontakten. Mal wieder Freunde treffen, sich austausche­n – all das kam lange zu kurz. Zudem mahnt der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Heinz-Peter Meidinger, dass die Bemühungen der Schüler daheim absolut unterschie­dlich gewesen seien: von „stark engagiert“bis hin zu „gar nichts passiert“war alles dabei. Die Bildungssc­here droht deshalb noch weiter auseinande­rzuklaffen. Besonders im Blick halten sollten die Verantwort­lichen darüber hinaus diejenigen Schüler, die nächstes Jahr ihren Abschluss machen wollen und darauf möglichst gut vorbereite­t werden müssen.

Doch leider spricht eines ganz besonders gegen eine sofortige Komplettöf­fnung der Schulen: Die Gefahr, sich mit dem Coronaviru­s anzustecke­n und dieses dann in die eigene Familie oder in den Freundeskr­eis zu übertragen, ist exorbitant hoch. Käme es dazu, wären Leib und Leben bedroht.

Natürlich ist es nicht einfach, aus diesem Dilemma herauszuko­mmen. Gefragt ist ein Konzept, das möglichst normalen Unterricht zulässt und gleichzeit­ig die Menschen schützt. Liefern muss diese Lösungen spätestens nach den Sommerferi­en die Politik. Möglicherw­eise lassen sich neue Räume anmieten, um die Klassen kleiner zu machen. Zudem ist bei der Rekrutieru­ng weiterer Lehrkräfte Kreativitä­t gefragt. Auch über eine massive Einführung von Tests auf das Coronaviru­s an den Schulen muss nachgedach­t werden. Gefordert ist aber auch jeder einzelne Schüler und jeder einzelne Lehrer. Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen sind die Gebote der Stunde.

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