Die Augen von Bastian Schweinsteiger
Til Schweiger hat sich für seinen ersten Dokumentarfilm den WM-Helden von 2014 ausgesucht
Als Regisseur ist Schweiger für fiktive Kinofilme bekannt. Jetzt betritt er mit dieser Dokumentation, die ab 5. Juni im Streamingdienst Amazon Prime Video zu sehen ist, als Produzent Neuland.
Die Doku ist ja nicht nur ein Film über Schweinsteiger, sondern auch über die goldene Fußballer-Generation, der er angehört. Warum haben Sie ihn dafür ausgesucht und nicht Philipp Lahm? Schweiger: Ich habe ihn ja nicht ausgesucht, die haben mich ausgesucht, kontaktiert und gefragt, ob wir uns vorstellen können, einen Film über Bastian zu machen. Aber auch wenn ich mir den Protagonisten ausgesucht hätte – es wäre Bastian geworden. Er ist nicht nur ein überragender Fußballer, sondern auch eine wahnsinnig interessante Persönlichkeit.
Was spricht Sie an? Schweiger: Sein Humor und seine Augen. Ich entscheide innerhalb von Sekunden, ob ich jemanden mag oder nicht – und bei Bastian war das sofort so. Er hat Humor, Empathie und mir gefällt, dass er jedem Menschen auf Augenhöhe begegnet. Der Typ Radfahrer – nach oben buckeln und nach unten treten – ist Bastian überhaupt nicht.
Der Film ist streckenweise sehr emotional – vor allem zum Schluss, als Schweinsteiger in der Kabine von Chicago Fire seinen Rücktritt vom Profifußball erklärt und dabei selbst Rotz und Wasser heult… Schweiger: Ich werde bei einigen Szenen auch immer noch emotional – vor allem bei dieser letzten. Bastian war sich auf die Position des linken Verteidigers gewechselt.
Haben Sie jetzt Blut geleckt und könnten sich vorstellen, weitere Dokus zu drehen? Schweiger: Auf jeden Fall. Früher habe ich nie Dokus geschaut, aber inzwischen finde ich die toll. Das ist ein eigenes Genre, das kann man nicht vergleichen mit fiktionalem Erzählen. Vielleicht versuche ich mich auch selbst als Regisseur daran. Dieses Mal war ich ja nur Produzent und wollte, dass ein gestandener Dokumentarfilmer sich der Sache annimmt. Aber Tierdokus oder so etwas interessieren mich nicht. Menschen sind schon das Interessanteste.
Haben Sie konkrete Pläne? Schweiger: Für Dokumentationen nicht, aber eigentlich wollten wir im April einen Kinofilm drehen und im Juli noch einen. Corona hat jetzt erst mal alles verschoben auf unbestimmte Zeit. Die Situation für die Filmbranche ist natürlich desaströs, das kann man nicht anders sagen. Ich erwarte schon, dass viele Kinos das nicht überleben werden. Man kann nur hoffen, dass es keine zweite Welle gibt. Wenn es noch mal zu einem Lockdown kommen sollte – das verkraftet nicht nur die Filmbranche nicht, das verkraftet überhaupt keiner.
Wie haben Sie persönlich den Lockdown erlebt? Schweiger: Wer mich kennt, weiß, dass das für mich sehr beengend war. Sachen erschaffen und Menschen kennenlernen, die mich inspirieren, ist wichtig. Ich habe das alles in keiner Weise als erholsam empfinden können. Dass in Venedig das Wasser klar ist und dort Delfine schwimmen, ist toll – aber für mich persönlich kann ich an der Situation nichts Positives erkennen.