Nordwest-Zeitung

„Vielweiber­ei“im Kirchturm

Ofenerdiek­er Falkenmänn­chen pflanzt sich gleich mit zwei Weibchen fort

- VON SUSANNE GLOGER

Wenn alles gut geht, dann wachsen im Turm der Thomas-Kirche bald zehn Turmfalken­küken heran. Besonders deren Vater hat gerade viel Stress. Ein spezielles Naturschau­spiel ist hier zu beobachten.

OFENERDIEK – Die Ofenerdiek­er Turmfalken­familie ist immer für eine Überraschu­ng gut. Über die Web-Kamera war seit Himmelfahr­t zu beobachten, wie aus fünf der sechs Eier Küken schlüpften. Die flauschige­n Mini-Falken gedeihen seither auch prächtig. Vater und Mutter umsorgen sie voller Hingabe. Merkwürdig­erweise verschwind­et das Männchen aber auch immer wieder in einen alten Nistkasten auf der anderen Seite des Glockentur­ms der Thomas-Kirche.

Wieder eine Überraschu­ng: „Der Turmfalke hat eine Zweitfamil­ie“, berichtet Michelle Scheinert lachend. Zusammen mit ihrem Vater Andreas Scheinert, Küster der Kirchengem­einde Ofenerdiek, hat die 24-Jährige stets einen Blick auf die Geschehnis­se im Kirchturm. Doch auf das Doppellebe­n des Greifvogel­s wurden sie von Passanten aufmerksam. Die hatten auch an dem alten Nistkasten im Turm Flugverkeh­r beobachtet. Dessen Einflugloc­h ist von der Straße Am Stadtrand zu sehen – unter den Lamellen, im Bereich der Kirchenglo­cken.

„Noch nie haben sich zeitgleich zwei Turmfalken­paare in dem Kirchturm eingeniste­t“, weiß Michelle Scheinert. „Falken fechten nämlich erbitterte Revierkämp­fe aus. Nähe wird eigentlich nur zugelassen, wenn das Nahrungsan­gebot besonders groß ist oder wenn Männchenma­ngel herrscht.“Küster Andreas Scheinert überprüfte den alten Nistkasten, den er schon vor Jahren mit einer privaten

Eines will nicht schlüpfen: Die fünf Küken werden hier von ihrer Mutter bewacht. Ob das Weibchen wohl etwas von der anderen Familie ihres Männchens ahnt?

Kamera ausgerüste­t hatte. Er entdeckte fünf Turmfalken­eier sowie ein Weibchen, dass von ihrem Männchen beim Brüten abgelöst wird. Diese Arbeitstei­lung ist bei Turmfalken normal.

„Nicht normal ist aber, dass es sich bei dem Männchen in diesem Kasten und bei dem im Kasten auf der anderen Kirchturms­eite um ein und denselben handelt“, erzählt Michelle Scheinert. Der Vogelvater ist nämlich dabei beobachtet worden, wie er zunächst die Mutter seiner Erstgebore­nen mit einer Maus zum Verfüttern an die Sippschaft beglückte. Sofort kehrt machte, um anstelle von Weibchen Nummer 2 das Gelege warm zu halten.

„Wir wissen nicht, wann diese Eier gelegt worden sind. Deshalb kann man auch schlecht schätzen, wann die Küken schlüpfen“, sagt Michelle Scheinert. Sie muss lachen, wenn sie an die „Vielweiber­ei“

Drinnen und draußen: Das linke Bild zeigt das Gelege im Kasten auf der anderen Kirchturms­eite. Der ist über das Einflugloc­h unter den Glocken zu erreichen, auf das (rechtes Bild) Michelle und Andreas Scheinert deuten.

im Kirchturm denkt und auch daran: „Dass wir vielleicht bald zehn Küken haben“. Es sei nicht davon auszugehen, dass aus dem sechsten Ei von Weibchen Nummer 1 noch ein Falke schlüpfe. Dieser Turmfalken­kasten ist mit einer Webkamera ausgerüste­t.

Der einzigen in den mehr als 150 Kästen in der Oldenburge­r Region, die zum Turmfalken­projekt des Naturschut­zbunds (Nabu) gehören. Die Kirchengem­einde Ofenerdiek unterstütz­t dieses Projekt seit dem Jahr 2001.

@ Webcam: bit.ly/nwz-falken

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BILDER KIRCHENGEM­EINDE
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