DIE EXPEDITION
Mit Fliegerhelm, MOSAiC-Jacke und Lieblingskäppi aus seiner Zeit in der US Army: Carsten Zillgen. Hinter ihm ein Helikopter, wie er auf der Polarstern eingesetzt wird.
Polarnacht, die die Arktis in totale Dunkelheit taucht.
Das Landen in der pechschwarzen Nacht auf mehr oder weniger beleuchteten Landeplätzen, die sich stetig mit der Polardrift weiterbewegen und ihre Koordinaten verändern, habe so seine Tücken – und fordert auch Kreativität. Als die installierten LED-Lampen, die die Landeplätze bei einem sich nähernden Helikopter automatisch beleuchten sollten, bei teilweise weit unter minus 35 Grad ihren Dienst aufgaben, hatte Carsten Zillgen eine Idee: „Ich dachte, man könnte Flaggen mit Reflektoren nähen. Durch den Wind würden sie in Bewegung bleiben und nicht zueisen.“Und er sollte recht behalten.
Ottifanten auf der Flagge
Der Kaffee ist inzwischen zur Neige gegangen, doch Nachschub ist nicht weit entsen
fernt. Die dampfende Tasse wieder vor sich, noch etwas Hafermilch hinein, und der Flugprofi erzählt weiter: Von der in die Jahre gekommenen
Carsten Zillgen
Nähmaschine, dem wochenlangen Nähen in seiner kleinen Kajüte an Bord der Polarstern und den reflektierenden Mustern, die er auf die grellgrünen Flaggen nähte. Unter ihnen gibt es auch einen ganz besonderen Aufnäher: einen Ottifanten. „Den aufzunähen war mir schon ein kleines Bedürfnis, denn ich bin mit Otto aufgewachsen.“Dass er mal in der Heimatstadt des Ostfrie
arbeiten würde, hätte sich der Rheinländer aber nie denken können. „Und so kam Otto dazu, dass er den vermutlich nördlichst gelegenen Ottifanten bekommen hat. Ich hoffe, dass er es mitbekommt“, sagt Zillgen und lehnt sich verschmitzt lachend zurück. „Vielleicht finde ich die Flagge ja jetzt auf meiner letzten Tour wieder, dann bringe ich sie mit.“
Kein Riss, kein Spaß
Auf der Rückseite der Flagge prangt neben den Unterschriften derer, die die Flagge mit auf das Eis geflogen haben, auch nicht zu übersehen der Schriftzug: „No Crack No Fun.“Nicht gerade selbsterklärend, es ist eine kleine Hilfestellung nötig: Der englische Satz bedeutet auf Deutsch „Kein Riss, kein Spaß“, erklärt Zillgen. Er bezieht sich auf die Eisscholle, an der die Polarstern vertäut liegt. Eine Scholle,
„MOSAiC“ Ziel der Expedition
ist es, den Einfluss der Arktis auf das globale Klima besser zu verstehen, indem über ein Jahr lang vor Ort Messungen vorgenommen werden.
Beteiligt sind Sie befinden sich
auf der „Polarstern“, einem Forschungsschiff, das seinen Heimathafen in Bremerhaven hat.
Zur Forschung Die Mission
begann im September 2019 und soll im Oktober 2020 enden.
Leiter der Expedition Das Budget
beträgt etwa 140 Millionen Euro.
die sich im Laufe der Expedition über unzählige Risse immer wieder verändert hat. Risse, die häufig auch die Forschungsstationen selbst betrafen, Ausrüstung beschädigten oder sogar abtreiben ließen. „Dann mussten wir raus und haben die abgetriebene Außenlast wieder zurückgebracht“, erinnert sich Zillgen. Mit einer guten Portion schwarzem Humor habe sich dann dieser Spruch entwickelt, ebenso wie der Zusatz „Helicircus on Ice“, ein Wortspiel mit dem englischen Wort „Circus“für „Zirkus“und Heliservice. Zillgen erklärt sich das so: Es wurde viel ernsthafte und gefährliche Arbeit getan. Und um den dabei entstehenden Druck abzubauen, fange man an, schwarzen Humor zu entwickeln und hier und da einen lockeren Spruch drauf zu haben. „Wir sind außerdem alle etwas verrückt, sonst könnten wir das gar nicht machen“, sagt Zillgen lachend.