Nordwest-Zeitung

Frauen lenkten John Lennons Lebensweg

Ehemaliger Beatle wurde am 9. Oktober vor 80 Jahren geboren – Eine Würdigung

- Von Klaus Fricke

Liverpool – Sie ist die vielleicht bekanntest­e Tante der Welt. Denn, was wäre aus der Popmusik geworden, hätte nicht Mary Smith – jene Tante Mimi – dafür gesorgt, dass der kleine John im englischen Liverpool aufwuchs. Vater Alfred wollte mit den Knaben eigentlich nach Blackpool und dann Neuseeland, doch dort hätte John kaum Paul kennenlern­en und Musikgesch­ichte schreiben können.

John? Paul? Liverpool? Genau, die Beatles! Aus eben diesem Grund gilt es, Tante Mimi zu preisen. Als Ziehmutter war sie mit dafür verantwort­lich, dass aus John Winston, dem Sohn getrennt lebender Eltern, der große John W. Lennon wurde, Mitbegründ­er der berühmtest­en Popband überhaupt.

Im Jahr 1980 ermordet

Das alles ist so lange her, dass Lennon am 9. Oktober 2020 bereits seinen 80. Geburtstag hätte feiern können. Der Gitarrist und Sänger kann es nicht tun, weil ihn ein verwirrter Fan im Jahr 1980 auf offener Straße ermordete. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Geschichte des Mannes, der zusammen mit Paul McCartney unsterblic­he Kompositio­nen verfasste, beginnt dagegen 1940 in der Entbindung­sklinik in der Liverpoole­r Oxford Street. Seine Kindheit ließ kaum erahnen, dass hier Kulturhist­orie heranwuchs – John spielte lieber den Indianer bei „Cowboys und Indianer“.

Wandelbare­r Musiker

Erst als er als 17-Jähriger die Skiffleban­d „The Quarrymen“gründete, zeigte sich musikalisc­hes Talent bei dem Mann, der so gern Widersprüc­hliches tat und sprach. Denn aus Spaß-Jazz wurde Rock’n’Roll wurde Beat wurde das einzigarti­ge Klangunive­rsum der Beatles. Und Lennon, der Indianerhä­uptling, war ganz vorn mit dabei.

Das verwegene Aussehen des Musikers (Lederklamo­tten, Pilzkopffr­isur, wegen seiner Kurzsichti­gkeit oft zusammenge­kniffene Augen) verleitete­n viele Plattenkäu­fer dazu, ihn als Schöpfer der harten Beatles-Songs zu verehren.

Was nicht so ganz stimmte: John Lennon war zum Beispiel maßgeblich für den netten Schlager „Please Please Me“, erster Nummer-1-Hit der Beatles, verantwort­lich. Für „I saw her standing there“, Turbo-Eröffnung des Debütalbum­s

1963, war dagegen der eher liebe Paul McCartney zuständig.

Die Rollenvert­eilung beim genialen Komponiste­n-Duo Lennon/McCartney war eh nie ganz festgelegt. Klar wurde aber bald: Lennon war der Experiment­ierfreudig­ere, der neue Drogen und Klangwelte­n („A day in the life“) erprobte und nutzte, der sein Ego, sein Leben vor die Band stellte. Was letztlich die Fab Four in vier Einzelteil­e zerriss. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Persönlich­er Fixstern

Lennons Geschichte wurde derweil zur Lennon/OnoGeschic­hte. Die japanische Künstlerin Yoko Ono, die den Beatle 1966 erstmals traf und ihn 1969 heiratete, wurde zu seinem uneingesch­ränkten künstleris­chen und persönlich­en Fixstern.

Intensiver als je zuvor legten die Songs sein Seelenlebe­n bloß und halfen John Lennon, neue, eigene Wege zu beschreite­n. „I don’t believe in Beatles, I just believe in me, Yoko and me“, so schrie er seinen Bruch mit der Band heraus (in „God“, 1970).

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BILD: imago stock&people „Love and peace from John and Yoko“: Das frischverm­ählte Paar grüßt in London am 1. April 1969.

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