„Gefühlt wie in einem Fernsehstudio“
So lief die erste Online-Hauptversammlung beim Fotodienstleister Cewe ab
Oldenburg – Einmal im Jahr die Vorstände aus nächster Nähe erleben und mehr über das Unternehmen erfahren. Sich mit Gleichgesinnten in der Weser-Ems-Halle austauschen. Am Rednerpult Fragen stellen. Sich im Vorraum über die neuesten Produkte rund ums Foto informieren. Und dann gab es stets noch eine „Naturaldividende“in Form eines durchaus üppigen Buffets. Hauptversammlungen beim Oldenburger Fotodienstleister Cewe waren in den vergangenen Jahren für manchen Aktionär kleine Festtage.
In diesem Jahr war coronabedingt alles anders. Erstmals fand am Dienstag das Aktionärstreffen von Cewe als reine Online-Hauptversammlung statt. Statt in der Weser-EmsHalle berichtete Vorstandschef Christian Friege aus einem Multifunktionsraum in der Cewe-Hauptverwaltung über die Entwicklung. Auf dem Podium, wo sich sonst rund 20 Aufsichtsräte und Vorstände einfanden, saßen dieses Mal – mit gebührendem Abstand – lediglich vier Personen: Neben Friege noch Finanzvorstand Olaf Holzkämper, Aufsichtsratschef Otto Korte sowie Notar Jan J. Kramer. Und statt auf die sonst üblichen 500 bis 600 Aktionäre und Gäste blickten diese nun in drei Kameras, über die die Versammlung in einem passwortgeschützten OnlinePortal übertragen wurde.
Der Vorstandschef
„Man hat sich mehr gefühlt wie in einem Fernsehstudio als in einer Hauptversammlung“, sagte Friege mit Blick auf das Umfeld. „Es ist etwas völlig anderes, wenn man zu echten Menschen spricht, die auch Feedback geben.“
Die Organisation
Dabei war der Aufwand auch ohne Aktionäre und Buffet groß. „Unterm Strich haben wir wahrscheinlich genauso viel organisiert und gearbeitet wie für eine normale Hauptversammlung“, sagte Axel Weber, Leiter Investor Relations bei Cewe. „Das Nervenkribbeln bei der Organisation war dieses Mal vielleicht sogar noch ein bisschen größer als sonst.“
Nicht nur, dass alle rechtlichen Standards eingehalten werden mussten, man habe sich auch mehr als sonst auf die Technik verlassen müssen.
Die Resonanz
Dabei klappten die Übertragung der Hauptversammlung in ein spezielles Online-Portal und die Abstimmungen reibungslos. Auch mit der Resonanz zeigte sich Cewe zufrieden. 280 Anmeldungen für die Online-Versammlung habe es gegeben, fast 200 hätten auch
teilgenommen, so Weber. Die Präsenz des Grundkapitals sei mit mehr als 68 Prozent sogar etwas höher gewesen als bei „normalen“Hauptversammlungen. Kämen sonst überwiegend Aktionäre aus der Region, seien nun auch mehr Anteilseigner aus anderen Teilen der Republik dabei gewesen.
Der Aktionär
Dass Cewe – wie auch fast alle anderen größeren börsennotierten Unternehmen – ihre Hauptversammlung dieses
Mal nur virtuell abhielt, sei „angesichts der Corona-Pandemie verständlich und nachvollziehbar“, sagte Peer Koch, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und regelmäßiger Besucher der CeweAktionärstreffen. „Nicht gut für die Aktionärsdemokratie“sei allerdings, dass bei diesen Online-Aktionärstreffen die Fragen schon im Vorfeld eingereicht werden müssen – wovon bei Cewe immerhin sieben Aktionäre mit insgesamt 46 Fragen Gebrauch machten
– und während der Versammlung selbst keine Möglichkeit für Nachfragen bleibe. Auch deshalb hoffe er, dass Aktiengesellschaften nach Corona wieder zu „normalen“Hauptversammlungen zurückkehren.
Immerhin: Statt der üblichen drei bis vier Stunden war das Aktionärstreffen von Cewe dieses mal schon nach exakt zwei Stunden und sechs Minuten beendet. „Das war die kürzeste Hauptversammlung in der jüngeren Unternehmensgeschichte“, sagte Weber.