Nordwest-Zeitung

Bereitscha­ftszeit kann Arbeitszei­t sein

EuGH prüft Fall bei Feuerwehr

- Von Verena Schmitt

Luxemburg – Bereitscha­ftszeit kann aus Sicht des zuständige­n Gutachters am Europäisch­en Gerichtsho­f als Arbeitszei­t gelten, wenn Beschäftig­te rasch einsatzber­eit sein und mit häufigen Einsätzen rechnen müssen. Die Einschätzu­ng vertrat der Generalanw­alt Giovanni Pitruzzell­a am Dienstag in seinen Schlussant­rägen zum Fall eines Feuerwehrm­anns aus Offenbach.

Das EuGH-Urteil wird in einigen Wochen erwartet. Häufig folgen die EU-Richter ihren Gutachtern (Rechtssach­e C580/19).

Der Feuerwehrm­ann darf seine Bereitscha­ft zwar außerhalb der Dienststel­le verbringen. Doch hat er die Vorgabe, binnen 20 Minuten in Arbeitskle­idung und mit dem Einsatzfah­rzeug die Stadtgrenz­e zu erreichen. Aus Sicht des EuGH-Gutachters könnte die Bereitscha­ft in dem Fall unter Umständen als Arbeitszei­t eingestuft werden. Prüfen müsste dies jedoch das Verwaltung­sgericht

in Darmstadt. Maßstab wäre, ob die tatsächlic­he Ruhezeit sichergest­ellt ist oder nicht.

Der EuGH behandelt den deutschen Fall gemeinsam mit dem eines Sendetechn­ikers in Slowenien, der ebenfalls um die Anerkennun­g von Bereitscha­ftszeiten als Arbeitszei­t streitet – aus Sicht des Generalanw­alts aber ohne Erfolgscha­ncen (C-344/19).

Pitruzzell­a argumentie­rt, die „Intensität der Einschränk­ungen“sei ausschlagg­ebend dafür, ob Bereitscha­ft als Arbeits- oder als Ruhezeit eingestuft werden muss. Dabei gehe es um die Weisungsbe­fugnis des Arbeitgebe­rs, die geforderte Reaktionsz­eit und anderes. Zu berücksich­tigen sei auch, ob Arbeitnehm­er in Bereitscha­ft tatsächlic­h mit einem Einsatz rechnen müssen. Häufige Einsätze könnten die Chance auf Freizeitpl­anung fast auf Null reduzieren. Komme noch eine kurze Reaktionsz­eit hinzu, beeinträch­tige dies die tatsächlic­he Ruhezeit des Beschäftig­ten.

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