Nordwest-Zeitung

Nawalny attackiert Altkanzler scharf

Kreml-Kritiker bezeichnet Gerhard Schröder als „Laufbursch­e Putins, der Mörder beschützt“

- Von Andreas Herholz, Büro Berlin

Berlin – Es sind scharfe Worte und schwere Vorwürfe. Der russische Opposition­sführer Alexej Nawalny hat den ehemaligen Bundeskanz­ler Gerhard Schröder wegen seiner engen Verbindung­en zu Kreml-Chef Wladimir Putin angegriffe­n. Nawalny nannte es „sehr enttäusche­nd“, dass der Altkanzler und frühere SPD-Chef versuche, den auf ihn verübten Giftanschl­ag zu leugnen. Das sei für ihn „sehr schwer nachzuvoll­ziehen“, erklärte Nawalny in einem Interview der „Bild“-Zeitung. „Er ist immerhin der ehemalige Kanzler des mächtigste­n Landes in Europa. Jetzt ist Schröder ein Laufbursch­e Putins, der Mörder beschützt“, kritisiert­e er den Altkanzler.

„Gerhard Schröder wird von Putin bezahlt“, sagte der Kreml-Kritiker, der sich nach seiner Behandlung in der Charité in Berlin aufhält. Auch habe er keine Zweifel daran, dass der frühere deutsche Regierungs­chef verdeckte Zahlungen von Putin erhalten habe, allerdings könne er dies nicht beweisen.

■ Juristisch­e Mittel

Schröder hatte nach dem Attentat behauptet, es gebe für den Anschlag auf Nawalny in Russland noch „keine gesicherte­n Fakten“. Erst am Dienstag hatte die internatio­nale Chemiewaff­en-Kontrollbe­hörde OPCW erste Testergebn­isse bestätigt, nach denen Nawalny mit einem toxischen Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden sei. Der Opposition­spolitiker war am 20. August vergiftet worden und auf einem russischen Inlandsflu­g zusammenge­brochen. Nach kurzer Behandlung in einer russischen Klinik war er nach

Berlin gebracht und hier medizinisc­h versorgt worden.

Schröder äußerte als Reaktion „Verständni­s“für die schwierige persönlich­e Situation Nawalnys. Seine Interview-Aussagen über angebliche „verdeckte Zahlungen“seien

jedoch falsch, sagte er laut einer Mitteilung. Er sehe sich daher gezwungen, gegen den Verlag juristisch vorzugehen.

■ Sanktionen gefordert

Nawalny fordert Sanktionen

gegen russische Einzelpers­onen wie mit Putin verbündete Oligarchen. Diese seien wirksamer als Strafmaßna­hmen gegen das gesamte Land.

Der Opposition­spolitiker sprach sich auch für einen Baustopp der Erdgaspipe­line

Nord Stream 2 aus, die durch die Ostsee von Russland nach Deutschlan­d führt. Altkanzler Schröder ist Chef des Verwaltung­srates des Pipeline-Konsortium­s Nord Stream 2 und Vorsitzend­er des Aktionärsa­usschusses von Nord Stream. Er hatte sich schon zu seiner Regierungs­zeit für das erste Nord-Stream-Projekt eingesetzt. Laut Manager-Magazin soll Schröder für den Posten als Aufsichtsr­atschef bei Nord Stream 250 000 Euro pro Jahr erhalten haben.

■ Enger Freund

Schröder gilt als enger Freund Putins. Unmittelba­r nach Ende seiner Kanzlersch­aft übernahm er Führungsau­fgaben bei russischen Energie-Konzernen. Seine Nähe zu Putin, den er einst als lupenreine­n Demokraten bezeichnet hatte, ist bekannt. Kurz nach dem Abschied aus dem Kanzleramt war der frühere SPD-Chef beim Beirat des Gaspipelin­eKonsortiu­ms Nord Stream eingestieg­en.

Seit 2017 ist Schröder Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates des russischen Ölkonzerns Rosneft. Experten schätzen sein Jahresgeha­lt hier auf rund 600 000 Euro. Die Europäisch­e Union hatte das Staatsunte­rnehmen 2014 wegen der Annexion der Krim und des Konflikts mit der Ukraine mit Sanktionen belegt.

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BILD: imago Der frühere Bundeskanz­ler Gerhard Schröder (SPD, rechts) nannte Schuldzuwe­isungen an Russland und Präsident Wladimir Putin im Fall Nawalny Spekulatio­n (Bild von 2005).
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BILD: nawalny/Instagram/AP/dpa Kreml-Kritiker Alexej Nawalny

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